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100 Jahre Weltübergang

Eröffnung: Freitag 9.9. um 19:00 Uhr Ausstellungsdauer: 10.9.-27.10.2016
 Öffnungszeiten: MI - SO von 15:00 - 19:00 Uhr und auf Voranmeldung an schaumbad@mur.at

Vor hundert Jahren war der Krieg nicht nur vor der Tür, wir waren mitten drin. Flüchtlinge trafen sich in der Schweiz und stellten die Logik der kriegstreibenden Gesellschaft und die sogenannte Vernunft mit den Mitteln der Kunst auf den Kopf. Der Nationalsozialismus stand in den Startlöchern, die Frauenbewegung brodelte, Maschinen begannen, die Wirtschaft zu revolutionieren. Die alten Konzeptionen des Mensch-Seins standen auf dem Prüfstand. Noch nie in der Geschichte Europas gab es in so kurzer Zeit einen derart rasanten Wandel des Menschenbildes, der Gesellschaftssysteme, der Wirtschaft, der Technologie und vor allem des Denkens. 
Nun, inmitten von Weltwirtschaftskrisen, wird vielerorts der Weltuntergang eingeläutet. Menschen aus allen Erdteilen strömen nach Europa und fordern unser Weltbild heraus. Das Finanzsystem erweist sich schon seit längerem als absurd. Die schwindende Religiosität wurde zunehmend durch Konsum ersetzt, nun geraten auch diese neuen Glaubenssysteme ins Wanken. 
Das Schaumbad klinkt sich mit einer Reihe absurder Installationen und Performances in die Debatte ein und konterkariert den Wahnsinn mit den Mitteln von Ironie und Humor. Im Spannungsfeld zwischen Natur und Technik werden übliche Funktionen, Symbole und Technologien auf den Kopf gestellt, altbekannte Handlungen, Rituale aber auch Alltägliches wird ihres traditionellen Sinnes enthoben.

CEDES ist den Übergängen zwischen Kunst, Natur und Technik auf der Spur und funktioniert die Zweige einer Trauerweide zu einer „Zeichenmaschine“ um (Aktion im öffentlichen Raum, Videoarbeit). 

Martina Edelmüller arbeitet mit der brasilianischen Journalistin Letícia Duarte an einer Textcollage auf Basis eines Berichts Duartes: "Do you speak...human?"

Basis ist ein Bericht Duartes, die 2015 eine syrische Familie von Griechenland nach Deutschland begleitete.

Karl Grünling inszeniert eine „Konferenz der Schweine“, ein Treffen der letzten freien Künstlerinnschafft zur Frage “Wie können wir endlich eure gierigen Mäuler stopfen“. Kosten: €1000000 schickt uns €1 und sackt den Rest ein so wie immer... 

Alexandra Gschiel dirigiert "Good Morning Bells" (Aktion im öffentlichen Raum, Video)

Elisabeth Gschiel näht ein "Manifest".

Eva Itzlinger stellt eine "Ordnung der Überreste" her: Bevor der Komet kam, wurde getrunken, als gäbe es kein Morgen. Überreste vom unbesorgten Trinken aus den Grazer Parkanlagen werden zusammengeklaubt oder von kooperierenden Gastronomen abgeholt. Wer ihr keine gibt, muss mit ihrem Besuch seiner Mülltonnen rechnen. Der Teppich schafft eine Neuordnung und Schönheit aus der Banalität und dem Überfluss, die den Weltübergang begleiten. 
Zur Eröffnung dirigiert sie das Chorstück "Fisches Nachtgesang" von Christian Morgenstern. Franz Konrad setzt das Blinken seines Handys beim Eintreffen von Emails in Bildtafeln um. Zur „Langen Nacht der Museen“ gibt es zudem eine Nachtmalaktion mit Nachtsichtgeräten. Gudrun Lang animiert eine Collage, inspieriert von Hannah Höch: "Die Welt geht über".  Stefan Lozar baut ein skurriles Perpertuum mobile aus Windrädern und Ventilatoren: "Scotty, Energie!" 
Lebewesen benötigen zum Überleben Energie. Der Mensch erfindet dafür Maschinen und Methoden, die helfen sollen, diese zu gewinnen. Eine unerschöpfliche Energiequelle mit geringem oder gar keinem Wirkungsverlust wären ein Wunschtraum.
Die Zukunft und der Fortschritt lassen den Menschn hoffen auf bis heute unentdeckte Technologien und Energieformen. Kein Weg ist uns dafür zu weit, kein Aufwand zu gross.
Das Universum und seine un/endlichen Weiten lassen uns auf Antworten hoffen, die wir zuhause auf der Erde nicht finden. 

Christof Neugebauer löst in seiner interaktiven
Soundinstallation "LAUTGEWICHTLAUTGEDICHT" mit einem über einem Sockel schwingenden Pendel Sprachlaute aus. Inspiriert von dadaistischen Sprachperformances entstehen durch Pendelbewegungen Lautgefüge. Die ausgelösten Sprachlaute fügen sich zu verschiedenen Lautgebilden zusammen. Je nach Schwingrichtung und Schwingintensität verändert sich das Lautkonstrukt. Die Klänge werden mit einem Magneten, der sich im Gewicht befindet, sowie Magnetschaltern im Sockel ausgelöst, wodurch es zu überraschenden Effekten kommt. Keyvan Paydar installiert eine durch BesucherInnen modifizierbare Heiligenfigur. Zur Eröffnung performt er mit dem Styrian Improvisers Orchestra.

Igor F. Petkovic inszeniert mit Fotografien eine "Wunderkammer :[itsch]:“ Karin Petrowitsch recherchierte für ihre Installation "Wahnmal" die Gemeinsamkeiten der gesellschaftlichen und politischen Umbrüche der letzten 100 Jahre und kommt auf den Wahnsinn als Triebfeder von Veränderung. 
Installation/ Objekt, Collage/analoge, digitale Fotografie), 2016

Andrea Sadjaks MOLPID - ein zur Übergröße angewachsenes, farb- und schwanzloses Eichhörnchen, dargestellt in grotesk satirischem Überrealismus – rezitiert mit Hilfe einer digitalen Laufschrift laut-los das bekannte Laut-Gedicht Karawane von Hugo Ball. Es ist auf seiner Reise an einer Endstation angekommen. Ist es neue Heimat? So spannt sich der Bogen von ersten Performances, die ein INTEGRATE ME über das INTEGRATE YOU propagierten, vorbei am entwurzelten NOMOREHOME zum DADA HOME im Schaumbad.

Marina Stiegler lädt zu "WELTENWANDEL(N)" ein, einer musikalisch begleiteten Reise von der Brache in die Weiten des Weltalls. 
Marina Stiegler(Musik)

Klaus „Sternsitz“ Tschernschitz (Teleskop) 
Zutritt zur Performance ist immer nur einzeln möglich. Die Musikerin wählt pro "Reise" eine ihrer Eigenkompositionen und widmet diese voll und ganz der jeweiligen Person, die für die Dauer des Liedes durch das Teleskop wunderbare Aus- und Einblicke machen kann. Die Performance-TeilnehmerInnen sind danach eingeladen ihre Erfahrungen aufzuzeichnen oder aufzuschreiben. Daraus entsteht eine Installation, die später in die Ausstellung einfliesst.
Die Performance beginnt am 9.9. nach Einbruch der Dunkelheit und endet um Mitternacht. Anmeldung im Schaumbad während der Ausstellungseröffnung. 
Nur bei Schönwetter und klarem Himmel.

Edda Strobl beschäftigt sich mit der Kreation von Mythen und stellt vier konzeptuelle Arbeiten nicht realisierter Projekte aus: Eine Serie von Zeichnungen zum Thema "Etwas, das mich beeindruckt hat, an das ich mich aber nicht mehr erinnern kann".

Myriam Thyes kombiniert in ihrer Animation "Sophie Taeuber-Arps Fluchtlinien" acht Werke von Taueber-Arp aus der Gruppe der "Lignes", die 1940-42 in ihrem Exil in Südfrankreich entstanden, mit Fotos aus dem 2. Weltkrieg. Damit zeigt sie die Verbindung und die Diskrepanz zwischen Taeuber-Arps künstlerischem Tun und der Welt des Krieges und der Verfolgung auf. Insofern ist mit "Fluchtlinien" auch Taeuber-Arps innere Flucht vor der Realität gemeint. Das Video thematisiert diesen für KünstlerInnen bis heute aktuellen Konflikt - Kunst in der Gegenwart von Unrecht und Gewalt. 
Die verwendeten Kriegs-Fotografien stammen aus dem Deutschen Bundesarchiv und dem Deutschen Historischen Museum. 
Myriam Thyes, 2015, Animation, HD-Video, 10:10, Loop, stereo. Ton: Silvia Pachler, Graz. Eva Ursprung sendet mit "Fischgespräche. Nachrichten aus der Welt darunter" Kommunikationssignale internationaler Fischpopulationen in die Atmosphäre. Klanginstallation.

Kathrin Velik kreiert mit “EIN/AUS” eine Art Glückspiel. Zwei Würfel, mit den Wörtern “EIN oder “AUS” zu ungleichen Teilen auf den Seiten beschriftet, bewegen sich bzw. werden frei im Raum bewegt. 
Ein Spiel mit ungleichen Schwerpunkten, keine Regeln, keine Ordnung, keine Gerechtigkeit, - aber Liebe, Freiheit, Glück und Egalität.

Markus Wilfling konterkariert in seiner Skulptur "No more Ding for a Dong" die Funktion von Kirchenglocken: mit einer Glocke aus Schaumstoff wird der Paradigmenwechsel eingeläutet.

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Performances: Das schwarze Schaf, Letícia Duarte (BRA)/Martina Edelmüller, Alexandra Gschiel/Markus Wilfling, Eva Itzlinger, Keyvan Paydar & Styrian Improvisers Orchestra, Igor F. Petkovic, Marina Stiegler/Klaus „Sternsitz“ Tschernschitz, Myriam Thyes (CH/DE), Eva Ursprung/Stefan Schmitzer. Moderation: Karl Grünling

Ausstellung: Rita Braga (PRT), CEDES, Letícia Duarte (BRA) / Martina Edelmüller, Karl Grünling, Alexandra Gschiel, Elisabeth Gschiel, Mike Hentz (DE), Eva Itzlinger, IRWIN (SLO), Franz Konrad, Gudrun Lang, Stefan Lozar, Christof Neugebauer, Keyvan Paydar, Igor F. Petkovic, Karin Petrowitsch, Andrea Sadjak, Marina Stiegler, Edda Strobl, Myriam Thyes (CH/DE), Eva Ursprung, Kathrin Velik, Markus Wilfling