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Vorwort Wer die gegenwärtige Situation in der weltweiten Bilderproduktion ernst nimmt, lässt Fotografie deutlicher als bisher auf soziale Kommunikationszusammenhänge orientieren, ohne diese gleich in Pseudo-Dienstleistungs-Angeboten zu verwässern. Dabei wird Fotografie nicht unbedingt vom Bild bzw. einer Objektbezüglichkeit abgelöst. Die Erkenntnis, dass Erfindungen in der Fotografie lediglich auf der Ebene der technischen Apparate zu machen sind, provoziert gleichzeitig ein gesteigertes Interesse an ihren Inhalten. Der Kurator selbst muss kein Gedanken-Akrobat sein. Er muss uns nicht mit einem Austauschprozess sogenannter Innovation überraschen und auch keine Theorie zur Erschließung der ästhetischen Konstruktion anbieten, weil jenes Maß an Überraschung, welches eine Ausstellung/ein Projekt bereithält, auf der leicht zugänglichen Ebene des Dialogs unterschiedlicher Bildgedanken stattfindet, die ja alle um die zersplitterten Spiegelbilder unserer aus den Koordinaten brechenden Existenz kreisen. Der Kurator muss also nicht vor der Kunst stehen. Es genügt, wenn er in ihrem Schatten steht.

Christoph Tannert (April 2007)

Dem Profil des 2. Fotofestival Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg 2007 unter dem Titel "REALITY CROSSINGS" entsprechend wird der Schwerpunkt der Ausstellung im Bereich der zeitgenössischen Fotografie liegen, pointiert von gesellschaftlich relevanten Themen und erweitert um Antworten aus jenem Bereich der Kunst (etwa aus dem Video-Bereich), in dem spezifisch fotografisches Sehen Anstöße zur Auseinandersetzung bietet.

Das neue Fotofestival sucht Verbindungen mit dem Überkommenen (Dokumentarisches, Reportagen) und öffnet Türen für Neues (etwa die Emotionalisierung durch anspruchsvolle Themenbögen sowie entspannende Meditationsräume). Zielvorstellung ist ein Relaunch der bisherigen "Fototage", um diese Veranstaltungsreihe in der Region für die Zukunft attraktiv und unverwechselbar zu machen.

Insgesamt werden ca. 70 (vorwiegend jüngere) KünstlerInnen aus mindestens 25 Ländern am Fotofestival teilnehmen. Spezielle Werke werden im Rahmen von Arbeitsaufenthalten vor Ort angefertigt. Die Ausstellungen werden begleitet von Reviewings für Fotografen und für Fachleute, thematisch vertiefende Diskussionsforen mit Bildungsaspekt und Workshops.

"REALITY CROSSINGS" meint das Aufeinandertreffen der medialen Ebenen der aktuellen Fotografie mit den uns umgebenden Lebenswirklichkeiten. Dabei geht es um Phänomene, die einerseits aktuell und medienspezifisch verhandelt werden, andererseits herausfordernd, gesellschaftsoffen und animierend für tiefer greifende Fragestellungen sein können (etwa zum Thema Sehsinn/Augensinn, fotografische Spezifik, Wahrnehmung/Überlistung/Fälschung, das Eigene/das Fremde, Akzeptanz, Toleranz zum Gegenüber, Dialog mit dem Anderssehenden/Andersdenkenden, anders sozial oder politisch Geprägten, Globalisierungsverwerfungen, Körper und elektronische/digitale Bildkultur usw.).

Im Kern betrifft das die Sichtbarmachung des Übersehenen oder Ignorierten. Im Mittelpunkt des Konzepts steht der sozial interessierte Blick, der dokumentiert und Zeitzeugenschaft wahrnimmt, dabei Entstehungskontexte mitthematisiert.

Für das Konzept werden künstlerische Positionen bestimmend sein, die sich den Idealen der Aufklärung verpflichtet sehen und der Überzeugung sind, dass dogmatisch verfestigte historische Urteile auf den Prüfstand gehören. Den aus dieser Auffassung resultierenden ständigen Widerspruch, der sich in und mit der Welt ergibt, ist das Festival bereit auszuhalten.

In ihrem auf dokumentarischem Material beruhenden Bildapparat unternimmt das Festival im Kern den Versuch gegen ideologische Überformung zu argumentieren und gleichzeitig die Fragwürdigkeit von Zuständen ins Gespräch zu bringen, die die Bedrohung der Lebensgrundlagen bestimmter Gruppen von Menschen implizieren.

Dr.-Erich-Salomon-Preis

Erstmals wird der renommierte Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) im Rahmen des 2. Fotofestivals Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg verliehen. Die traditionsreiche Auszeichnung geht in diesem Jahr an die italienische Fotografin Letizia Battaglia. Die Fotografin wird am 29. September um 17 Uhr im Ernst-Bloch-Centrum, Ludwigshafen ausgezeichnet. Die Laudatio hält Leoluca Orlando, der ehemalige Oberbürgermeister von Palermo.

Parallel zur Preisverleihung ist Letizia Battaglia mit fast 50 Arbeiten beim 2. Fotofestival Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg im Ernst-Bloch-Zentrum präsent. Das diesjährige Fotofestival (22. September bis 21. Oktober 2007) zeigt internationale Fotografie und Videokunst unter dem Titel Reality Crossings. Der Kurator und künstlerische Leiter des Festivals, Christoph Tannert (Künstlerhaus Bethanien, Berlin), wählte für das Festival rund 80 Künstler aus über 30 Ländern weltweit aus und präsentiert deren Positionen in den drei großen Städten der Metropolregion Rhein-Neckar. Mit dem diesjährigen Salomon-Preis ehrt die DGPh eine Frau, die ihr Leben als Fotografin, Stadträtin und Verlegerin dem Kampf gegen die Mafia gewidmet hat und die gleichsam ein Symbol für zielstrebiges Bemühen um Gerechtigkeit und Freiheit ist. Dabei ist die Kamera ihre Waffe: Mit ihren Photos rüttelt die heute siebzigjährige Künstlerin auf, mit ihnen gibt sie der Mafia ein Gesicht, mit ihnen kämpft sie für die Freiheit und gegen Personen, die von Sizilien aus das gesamte System des Landes unterwandern. Ihre Bilder sind Dokumente von Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder berichten von Trauer. Letizia Battaglia wurde für ihre Arbeit vielfach international ausgezeichnet. Zuletzt war sie für Italien auf der Liste der 1.000 Welt-Friedens-Frauen, vorgeschlagen für den Friedensnobelpreis. Der Dr.-Erich-Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) wurde im Jahre 1971 als Auszeichnung für "vorbildliche Anwendung der Fotografie in der Publizistik" ins Leben gerufen. Er dient zugleich dem Andenken an den großen Fotografen der Weimarer Republik, Dr. Erich Salomon, dem der moderne Bildjournalismus starke Anregungen verdankt. Als Preis wird eine Leica M-Kamera mit Namensgravur vergeben. Der Salomon-Preis der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) gilt neben dem Kulturpreis als höchste Auszeichnung der DGPh und wird jährlich vergeben.

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2. Fotofestival Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg
"Reality Crossings"
Kurator: Christoph Tannert

mit Michael Ackerman, Letizia Battaglia, Daniel Barroca, Juliana Beasley, Bigert & Bergström, Roland Boden, Burnett-Rose (Heather Burnett), Michal Cala, David Claerbout, Nicole Cohen, Shirin Damerji, Tacita Dean, Ines d´Orey, Christine de la Garenne, Kris De Smedt, Yannick Demmerle, Silvina Der-Meguerditchian, Christoph Draeger, Beth Yarnelle Edwards, Rabea Eipperle, Nezaket Ekici, Juliane Eirich, Virgilio Ferreira, Peter Friedl, Benjamin Füglister, Roland Fuhrmann, Yun Sheng Geng, Debbie Han, Harald Hauswald, Risk Hazekamp, Stefan Heyne, Noritoshi Hirakawa, Nicolai Howalt, Zuzana Hruskova, Runa Islam, Noel Jabbour, Verena Jaekel, Sigrid Jakob, Ali Kepenek, Anastasia Khoroshilova, Rassim Krastev, Jannicke Laker, Nathalie Latham, Via Lewandowsky, Robert Lyons, Paula Luttringer, Emily-Jane Major, Lynne Marsh, Santu Mofokeng, Trine Lise Nedreaas, Mariele Neudecker, Peter Neusser, Walter Niedermayr, Jesper Nordahl, OHIO , Christodoulos Panayiotou, Pablo Pijnappel, Sadaf Rassoul Cameron, Oliver Ressler, Laura Ribero, Peter Riedlinger, Andreas Rost, Frank Rothe, Michelle Sank, Christian Schad, Bastienne Schmidt, Ahikam Seri, Soody Sharifi, Sancho Silva, Otto Snoek, Trine Sondergaard, Althea Thauberger, Thilo Thielke, Mette Tronvoll, Oscar van Alphen, Carel van Hees, Geert van Kesteren, Sencer Vardarman, Jo Voets, Michael Wesely & Lina Kim, Kim Yunho, Johann Zambryski / Peter Badge, Krzysztof Zielinski

Ausstellungsorte:
Kunsthalle Mannheim; Universität Mannheim / Schloss; Schaufenster / Reiss-Engelhorn-Museen, Manneim; Kunstverein Ludwigshafen; Wilhelm Hack-Museum, Ludwigshafen; Ernst-Bloch-Zentrum, Ludwigshafen; Kurpfälzisches Museum, Heidelberg; Kunstverein Heidelberg; Sammlung Prinzhorn, Heidelberg

Dr. Erich Salomon Preis
Preisträgerin: Letizia Battaglia