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Die Ästhetik der urbanen Lebensumwelt und ihre Verheissungen sind für alle in der Gruppenausstellung gezeigten Künstler zentral: Die tradierte Haltung, nach der Moderne als Kritik und als Versprechen von Fortschritt aufgefasst wird, wird einer Analyse auf der Formebene unterzogen. Dabei verschieben sie den Blickwinkel auf die Geschichte und finden zu einer aktuellen formalen wie inhaltlichen Erweiterung und Individualität. Die Gruppenausstellung korrespondiert mit der "Formalismus"-Ausstellung im Hamburger Kunstverein, die das Verhältnis fokussiert, das eine jüngere, in den 1960er und 1970er Jahren geborene Künstlergeneration zu dezidiert formalen Fragestellungen entwickelt hat.

Martin Boyce (geb. 1967) ist für seine eigenwillige Verarbeitung von Design-Klassikern der Moderne bekannt: Arne Jacobsen, Jean Prouvé, Mies van der Rohe und das Raster als formales Grundgestaltungselement des 20. Jahrhunderts werden in seinen Installationen und Skulpturen dekonstruiert.

In den Arbeiten von Olaf Holzapfel (geb. 1969) erweist sich die in der Moderne postulierte Autarkie der Bildwelt als Konstrukt: Tatsächlich korrespondieren Betrachter und Objekt in der Situation. Durch das Überlagern von Blickachsen wird ein zirkulierendes, offenes und zugleich geregeltes optisches Gebilde erzeugt.

Die Skulpturen von Gareth Jones (geb. 1965) übertragen die gestalterischen Prinzipien der ästhetischen Moderne auf kühle Objekte des Begehrens. Seine Arbeiten oszillieren zwischen Minimal-Referenzen, auratisch glamourösen Gesten und Alltags-Design.

Karsten Konrad (geb. 1962) verarbeitet geschredderte Möbelstücke und Baumaterialien zu minimalistischen Objekten. Mit der Verbindung von architektonischen Formen mit Interieurelementen vereinen seine Skulpturen und Wandreliefs den inneren und äusseren Raum mit dem Raum der Ausstellungssituation.

Von Katja Strunz (geb. 1970) werden ein Wandobjekt, eine Metall-Assemblage und Collagen gezeigt. In ihre formal stringent angelegten Arbeiten geht eine spielerische Diskussion des utopischen Gehalts von Minimal, Land Art, Konstruktivismus und geschichtsphilosophischen Positionen ein.

Nicole Wermers (geb. 1971) wird mit Skulpturen und Collagen präsentiert. Ihre Raum-Modelle, Skulpturen, Video-Installationen und Collagen sprechen von einer sinnlich-analytischen Aneignung glamouröser Räume und Inhalte, indem die Künstlerin deren Gehalt auf die formalen Gestaltungselemente überträgt.

Alle Künstler gehen ausdrücklich auf räumliche Thematiken ein: formal, volumetrisch, kontext- und betrachterbezogen, aber auch sinnlich begehrend und annektierend in Bezug auf den städtischen Raum. Der Ausstellungstitel ist der Titel eines Films von Jean-Luc Godard, der in einer Pariser Vorstadt und ihrer spezifischen Architektur spielt. Gerade die Architektur von Trabantenstädten ist ein Spiegel des oft nicht realisierbaren, utopischen Gehalts stadtplanerischer Vorstellungen, um nicht zu sagen: Träume. In "2 ou 3 choses que je sais d’elle" geht eine Hausfrau der Gelegenheitsprostitution nach. "Sie" ist die Stadt Paris (und nicht die Hauptdarstellerin Marina Vlady). Godard kommentierte 1966 mit diesem Werk aus seiner soziologischen Periode politische, philosophische und architektursoziologische Fragen. Ebenso wie die in der Ausstellung vertretenen Künstler setzt er dabei bekannte formale Mittel auf ungewöhnliche Weise ein.

Pressetext

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2 oder 3 Dinge, die ich von ihr weiss
Kuratorin: Anna-Catharina Gebbers

mit Martin Boyce, Olaf Holzapfel, Gareth Jones, Karsten Konrad, Katja Strunz, Nicole Wermers