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Sonntag, 17. Mai, 15 Uhr bis 18 Uhr Vorträge, Widmungen und Erinnerungen mit Isi Fiszman, Rudi Fuchs, Walter Grasskamp, Erika Hoffmann-Koenige, Jean-Baptiste Joly, Kasper König, Dierk Stemmler und weiteren geladenen Gästen

Am 6. Februar verstarb Johannes Cladders. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch hin fand ein sehr stilles Begräbnis statt.

Am 17. Mai, am internationalen Museumstag, kommen nunmehr Kollegen, Weggefährten, Freunde und Verehrer in Mönchengladbach zusammen, um ihm, dem ehemaligen Direktor des städtischen Museums und Gründungsdirektor des Museums Abteiberg, Ehre zu erweisen.

Die öffentliche Veranstaltung findet statt inmitten der Schauräume, im Lichthof vor dem Museumscafé, mit Bestuhlung und Rednerpult vor dem großen Spiegelwerk von Michaelangelo Pistoletto (Attori e spettatori / Ragazzo che porta una chitarra, 1983/84). Die geladenen Gäste werden in einer Abfolge kleiner Vorträge, schlaglichtartiger Erinnerungen und Widmungen je ca. 10 bis 15 Minuten sprechen, insgesamt wird das Programm bis zum Ende der Öffnungszeit um 18 Uhr reichen. Die Gestaltung dieses Tages soll dem Charakter Johannes Cladders’ folgen: seiner Idee des Museums und ebenso dem breiten öffentlichen Raum, den er für das Museum einforderte und – gemeinsam Hans Hollein – in der Architektur des Museum Abteiberg umsetzte. Die geladenen Kollegen haben für ihre Beiträge sehr persönliche Themen gewählt. Sie reichen von Cladders’ bedeutenden Erwerbungen (Dierk Stemmler spricht über die Serie von Gerhard Richter: Acht graue Bilder, 1975) und den von ihm initierten ortsspezifischen Kunstprojekten (Kasper König erinnert an Robert Filliou: Project for toilets in the new Mönchengladbach Stadtmuseum: MEN WOMEN ARTISTS, 1969) bis hin zu überraschenden Trouvaillen seines Lebenswerks (Beitrag von Prof. Dr. Walter Grasskamp über einen Text des Museumsdirektors i.R., undatiert) bzw. Cladders’ vielfältigen Inititalzündungen, an die u.a. Erika Hoffmann-Koenige, heute bedeutende Sammlerin in Berlin, als gebürtige Mönchengladbacherin, Stieftochter des vorangegangenen Museumsdirektors Heinrich Dattenberg und Ehefrau des langjährigen Vorsitzenden des Museumsvereins Rolf Hoffmann erinnern wird.

Der Titel dieses Tages, „A partir de là“, zu deutsch „von da an“, zitiert mit Bedacht eine Ausstellung von Daniel Buren, die bereits 1975 eine Hommage an Cladders’ Denken war: Vorangegangene Ausstellungen, die in der Bismarckstraße stattgefunden hatten, erschienen damals - als Leerstellen und Nachbilder - erneut in Burens gestreiften Markisenwänden. „Von da an“ beginnt mit dem Jahr 1967, in dem Cladders, Assistent des ebenfalls zu rühmenden Paul Wember an den Krefelder Kunstmuseen, zuvor Absolvent der Germanistik und freier Journalist, das Städtische Museum in Mönchengladbach übernahm; als er in dem Museum dieser Nachbarstadt, das sein Vorgänger Heinrich Dattenberg nach dem zweiten Weltkrieg äußerst mühselig mit neuen Ankäufen und einem räumlichen Provisorium wiederaufgebaut hatte, den Freiraum für ein völlig neuartiges Museumsprogramm entdeckte.

„Ich folgte einfach dem, was Künstler machten. Darin sah ich meinen Part.“ Mit diesen scheinbar bescheidenen, tatsächlich revolutionären Sätzen äußerte er sich als Komplize der Künstler seiner Generation. Sein Programm, das im Herbst 1967 mit der international ersten Museumsausstellung von Joseph Beuys begann, anschließend z.B. Carl Andre, George Brecht, Marcel Broodthaers, Hanne Darboven oder Robert Filliou nach Mönchengladbach holte, demonstrierte die kardinalen Veränderungen der Kunst in den 1960er Jahren, ihre Auseinandersetzung mit den Realitäten von Objekt, Raum und Betrachter, den Phänomenen von Zeit, Geschichte und Gegenwart und dem Phänomen des Museums selbst. Das städtische Museum in der Bismarckstraße, immer wieder freigeräumt für die einzelnen künstlerischen Projekte, war ein idealer Ort hierfür, kein echtes Museum, sondern „Vierzimmerwohnung“ (Rudi Fuchs) oder Bühne für dessen permanent neue Inszenierung.

Mit diesem radikal gegenwärtigen Programm gelang ihm schier Erstaunliches: Das Argument für einen Museumsneubau, der ebenfalls diesen Gedanken folgen würde, mit allen traditionellen, vormodernen oder modernen Museumsbildern brechen und sich als eine völlig andersartige Institution präsentieren sollte: das „Antimuseum in Permanenz“, das Museum Abteiberg.

Nicht nur im Museum Abteiberg, gemeinsam mit Hans Hollein als ein unerreicht komplexes, intellektuell wie sinnlich einzigartiges Manifest verfasst, sondern auch in seinen Texten und Reden ist Cladders’ virtuose Argumentation erfahrbar, mit der er „à partir de là“ ein neues Kapitel der Kunst und ihrer Anschauung vermittelte. En passant erinnerte er hierbei immer wieder an bedeutende Vorgänger, Alexander Dorner, Willem Sandberg, Paul Wember oder an den gleichaltrigen Pontus Hultén, und schilderte die Dringlichkeit, sich der Geschichte der Museen bewusst zu sein. Er selbst zählt zur zitierten Reihe der wichtigsten Kollegen – er hat es geahnt, gewusst und sich, wie die heutigen Akteure im Museum Abteiberg und ebenso die geladenen Gäste wissen, darüber gefreut.

Johannes Cladders - Biografie

Geboren am 14. September 1924 in Krefeld, 1943-45 Militärdienst. Ab Wintersemester 1946/47 Studium der Germanistik, Anglistik und Philosophie an den Universitäten in Köln und Bonn. 1953-57 freiberufliche Tätigkeit als Journalist; 1955 Promotion in Bonn, Thema der Dissertation: „ Otto Brües. Eine Untersuchung zur Dichtungs- und Geistesgeschichte der Rheinlande“. 1957-67 Wissenschaftlicher Assistent bei Paul Wember am Kaiser Wilhelm Museum und Museum Haus Lange in Krefeld. 1967-85 Museumsdirektor in Mönchengladbach. 1972 Mitarbeit Documenta 5 (Abteilung „Individuelle Mythologien“). 1982 und 1984 Kommissar des Deutschen Pavillons der Biennale Venedig (1982: Hanne Darboven, Gotthard Graubner, Wolfgang Laib; 1984 Lothar Baumgarten, A.R. Penck). 1987-92 Museumsfachlicher Berater beim Neubauprojekt Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn, ab 1992 Sprecher des Programmrats. 1990 Berater bei der Gründung der Stipendiaten-Akademie Schloss Solitude, Stuttgart, anschließend 1. Juror und Mitglied des Kuratoriums.

Auszeichnungen:

1984 Ernennung zum Professor durch den Wissenschaftsminister des Landes NRW. 1985 Ehrenring der Stadt Mönchengladbach. 1986 Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. 2000 Art Cologne Preis.

Ausstellungen (Auswahl)

Städtisches Museum an der Bismarckstraße 1967 Joseph Beuys, Erwin Heerich. 1968 Bernd und Hilla Becher, Carl Andre. 1969 Hanne Darboven, Piero Manzoni, George Brecht, Robert Filliou. 1970 Hans Hollein, Richard Long, Stanley Brouwn. 1971 Daniel Buren, Jasper Johns, Marcel Broodthaers. 1972 Reiner Ruthenbeck, Jan J. Schoonhoven. 1973 Palermo, Ulrich Rückriem, Lawrence Weiner. 1974 Gerhard Richter. 1975 Braco Dimitrijevic, Joel Fisher, Daniel Buren. 1976 Jonas Hafner. 1977 Giulio Paolini, James Lee Byars, Georg Ettl. 1978 John Cage, Jannis Kounellis.

Museum Abteiberg 1982 Giuseppe Penone. 1983 Sigmar Polke, Sandro Chia, Otto Coenen, Lothar Baumgarten, Heinz Günther Prager, C.O. Paeffgen, Rune Mields. 1984 Hans Hollein, André Raffray, Arnulf Rainer, Armando, Imi Knoebel, Katharina Sieverding, Albert Hien. 1985 Royden Rabinowitch, Thomas Virnich.

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A partir de là / von da an
In Memoriam Johannes Cladders 1924-2009