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21. April – 29. Mai 2010

Wir freuen uns, Ihnen erneut eine etablierte Künstlerpersönlichkeit in Parallele zu einem jungen Künstler zu präsentieren. A. R. PENCK (Ralf Winkler, 1939 in Dresden, DDR) lebt und arbeitet in Dublin, London, Berlin und Düsseldorf und gehört zu den renommierten Künstlern der Gegenwart. In der aktuellen Ausstellung zeigen wir neueste grossformatige Gemälde aus der Serie New System Paintings sowie Ölbilder und Aquarelle aus früheren, wegweisenden Epochen des Künstlers. NINO BAUMGARTNER (1979, Bern) lebt und arbeitet in Zürich. Seine Arbeit gilt dem Material: in den Medien von Skulptur, Zeichnung und Performance setzt er durch physische Eingriffe dessen immanente Energie frei und reizt mit aller Kraft die Limits aus.

A.R. Penck (*1939 in Dresden) sicherte sich einen prominenten Platz in der neuen, figurativen und politisch motivierten Malerei der 1980er Jahre. Mit unverkennbarem, breitem Pinselstrich thematisierte und kritisierte er als Dissident der DDR in seinem Werk das geteilte Deutschland. Seit Ende der 1960er Jahre entwickelte Penck in theoretischer Auseinandersetzung mit Informationstheorie und Kybernetik das ihm eigene, auf Zeichen und Strichmännchen reduzierte Bildvokabular. Seine Formen erinnern an Graffiti und Höhlenmalerei, sie funktionieren wie Signale und sind intuitiv allgemein verständlich. Nach einer Zeit der Experimente erlangte der Künstler vor allem durch seine “Standart-Bilder“ internationale Berühmtheit. In den 1970er Jahren wandte er sich dem Neoexpressionismus zu. Markante Farbakzente füllten grosse Bildformate in komplexer Weise aus. Während Aufenthalten in Israel, London und Irland floss seine Kreativität ausser in Malerei und Skulptur auch immer wieder in Musik und Dichtung. A.R. Penck nahm 1984 an der Biennale in Venedig teil, sowie an der Documenta V, VI und VII (1972 – 1982) in Kassel. Im Jahr 2007/2008 widmete ihm die Kunsthalle Kiel eine Retrospektive.Die New System Paintings, 2007 sind das Ergebnis von Pencks Untersuchung sozialer Strukturen. In seinem neuesten Werkzyklus führt er die in den 1960er Jahren entwickelte Bildsprache fort. Hinter ihrem expressiven, oft primitiv anmutenden Erscheinungsbild versteckt sich ein ausgeklügeltes konzeptuelles System von tief symbolischer Zeichensprache.

Nino Baumgartner (*1979, Bern) arbeitet mit ursprünglichen Materialien wie Holz, Ziegeln, Glas, Papier sowie mit Wasser und Metallen. Er geht vom Material selbst aus, dessen natürliche Besonderheiten die Grundlage zur Entwicklung seiner Skulpturen bieten. Durch Einsatz seiner eigenen Körperkraft reizt er das gewählte Material bis an den Punkt der höchsten Spannung vor dem Bersten und setzt durch Drehen, Biegen oder Brechen ungeahnte Dynamik frei. Ebenso analysiert Baumgartner stets die Eigenheiten des spezifischen Raums. Der Einbezug architektonischer Komponenten wie Mauern, Säulen, Treppen und Fenster ermöglicht erst die Entstehung der Figuren.

Die Art und Weise, in der sich Nino Baumgartner der inneren Kraft der Materialien nähert, eröffnet ein Referenzfeld von Carl André über Walter de Maria, Eduardo Chillida, Richard Serra bis Tatiana Trouvé.

Nach intensiver Beschäftigung mit unbehandeltem Sperrholz geht Nino Baumgartner in seinen neuesten Arbeiten mit der Verwendung von Bitumen (teerähnliche, dickflüssige Masse), Blei, Messing oder Kupfer einen Schritt weiter. In der aktuellen Ausstellung bedient sich der Künstler aller möglicher im Innen- sowie Aussenraum der Galerie vorfindbaren Materialien. Er lässt Staub und Blei denselben Gesetzen folgen, prüft den Druck einer Mauer auf eine Halbkugel und scheint die stützende Kraft einer Säule durch bitumengetränkte Sperrholzlatten kranzförmig in den Boden abzuleiten. Im Durchgang zwischen den Galerieräumen verändern Bögen aus verschiedenen Metallen das Spannungsfeld, und die Kraft einer Glasplatte wird in Tinte eingefroren. Baumgartners plastische und performative Arbeit erinnert an den Tango Argentino: Der Künstler bewegt sich in Grenzzonen, begegnet dem Material stets mit gebührendem Respekt, doch er fordert die Materie auch heraus, indem er sie bis ins Letzte strapaziert, provoziert und ihre energetischen Schwingungen freisetzt. In seinen Performances wird der Zuschauer Zeuge des halsbrecherischen und beinahe intimen Aktes zwischen Künstler und Material. Dabei ist Baumgartner sein grösster Herausforderer: die Grenze setzt immer das Material in Konfrontation mit der eigenen physischen Kraft.

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A. R. Penck / Nino Baumgartner