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ALBERT OEHLEN Albert Oehlen hat das Medium Malerei uber dessen Hype in den späten 70er und 80er Jahren hinaus in einem internationalen Kontext neu definiert. Sein Anliegen ist nicht die Verteidigung und Fortfuhrung eines traditionellen Bereichs; vielmehr geht es ihm darum, das Tafelbild gegenuber den neuen Medien und auch gegenuber seiner eigenen Geschichte immer wieder zu hinterfragen. Mit Witz, inszeniertem Desinteresse an der Form der Darstellung und uberraschenden Bedeutungsverschiebungen kommentiert er die Wertvorstellungen und Ideologien innerhalb der Kunst und die Rolle des klassischen Bildbegriffs. Seine Arbeiten nutzen dabei zu gleichen Teilen figurative und abstrakte Elemente.

In der Secession wird Albert Oehlen 24 groä - und mittelformatige Gema lde zeigen, die eigens fur diese Ausstellung geschaffen wurden. Sein neuer Werkkomplex gliedert sich in zwei Gruppen, die miteinander in einen vielschichtigen Dialog treten.

In einer Reihe von allta glichen bis kuriosen Innenraumdarstellungen entwickelt Albert Oehlen ein neues Verfahren, um durch die Mischung von Fotografie und Malerei die Grenzen dieser Medien und ihre Ethik aufzubrechen. Zuruckgreifend auf ein Bildrepertoire, das die unterschiedlichsten Quellen vereinigt und uber Jahre hinweg von ihm zusammengetragen wurde, klebt er Fotos und Fotosegmente direkt auf die Leinwand und integriert sie in seine durch eine groä flachige Pinselgestik bestimmte Malerei. Der Vorgang des Einklebens referiert dabei nicht nur auf eine prinzipielle Verfugbarkeit von Bildvorlagen sondern stellt in seiner kalkulierten Unprofessionalita t und der bewusst frechen Abkurzung der handwerklich-malerischen Umsetzung zugleich einen Angriff auf das traditionellen Reinheitsgebot der Malerei dar. Der Kontrast des Materials auf der Bildoberflache bei gleichzeitiger Einheit des dargestellten Motivs verleiht den Bildern ihr besonderes Spannungsverha ltnis.

In einer anderen Gruppe von Bildern fuhrt Albert Oehlen jene seit 1997 entstandene Serie fort, die das farbige Spektrum von Grau auslotet. Im schemenhaften Aufscheinen und Untergehen der Figuren formulieren sie einen Dualismus des Strebens nach Auflosung bei gleichzeitigem Willen zur Gestalt. In seiner Malerei untersucht Albert Oehlen so in immer neuen Versuchsanordnungen die Frage, welche Bedeutung und Funktion der Bildgegenstand jenseits von Stil und mystifizierenden Erklarungen haben kann. Zur Ausstellung erscheint ein umfassender Katalog mit den Bildern der Ausstellung sowie weiteren Collagen der jungsten Zeit und einem Text von Albert Oehlen.

ALBERT OEHLEN lebt und arbeitet in der Schweiz und Spanien und ist Professor an der Kunstakademie in Dusseldorf. EINZELAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2004 Galerie Gisela Capitain, Koln; The good life, Eckman/Nolan Gallery, New York; Albert Oehlen. Peintures/Malerei 1980 ؀Art Moderne et Contemporain, Strasbourg; Galerie Nathalie Obadia, Paris; 2001 Terminale Erfrischung. Computercollagen und Malerei, Kestner Gesellschaft, Hannover; Luhring Augustine Gallery, New York; 2000 Der Ritt der sieben Nutten, das war mein Jahrhundert, mit Markus Oehlen, Stadtisches Museum Abteiberg, Monchengladbach

JOSEPHINE PRYDE "Valerie" Josephine Pryde macht Ausstellungen, die den Versuch unternehmen, ihre eigenen Produktionsbedingungen auszustellen, wobei der Wunsch, eine solche Vorgabe einzulosen, mit thematisiert wird. Ihre Fotografien und Skulpturen reaktivieren Techniken und Konzepte aus einer Vielfalt von Bereichen wie Modefotografie, Naturwissenschaft und Kunstdruck, und funktionieren in einer mehr oder weniger engen Verbindung zu den spezifischen Umgebungen und den sie begleitenden Beziehungen.

Während einer moglicherweise unendlichen Periode selbst beweihra uchernder Ambivalenz kann es ebenso falsch sein, Neuartigkeit oder Frische behaupten zu wollen wie auch einen Ruckzug in allgemeine Stagnation anzutreten. Das altehrwurdige kunstlerische Mittel des verunstalteten Verweises darf in diesem Kontext wieder eingefuhrt werden, wenn auch nur kurz und als ein kritisches Instrument. Da die Fluchtwege, die einstmals von kreativer Ablenkung versprochen worden waren, gleichzeitig mehr und mehr verstopft werden, stellt sich doch die Frage, was eine Kunstausstellung als tempora re Konzentrationsanstrengung uberhaupt leisten kann.

Die Fotoarbeiten Relax (blue), 2004, und Relax (grey), 2004, die speziell fur die Ausstellung in der Secession entstanden, zeigen in zwei Schritten, wie eine Farbmasse durch die Luft fliegt und im nachsten Moment auf einem Auto landet. Das fragliche Auto ist ein wei– er Honda Prelude 20 Ex, und sein Schatten, ein weiterer Prelude, in grau.

Wie sieht die fliegende Farbe denn aus? Und wie sieht eine handvoll klebenden Gelbs aus, wenn dessen Trocknungsprozess uber eine Zeitspanne von 36 Stunden aufgezeichnet wird, wie das in der 13-teiligen Fotoserie A Moment Away from Pressure (2004) der Fall ist? Fotografie als Mittel zu verwenden, etwas zu sehen, das dem blo– en Auge verborgen bleibt, hei– t, das Universum so umzueichen, dass es innerhalb unserer Wahrnehmungsgrenzen fa llt. Da aber ein solches Vorgehen keineswegs eine neue Erfahrung in der visuellen Kultur ist, wird es fur Valerie eher als automatisierte Reaktion verwendet, so als ob unsere Wahrnehmungsgrenzen derartig umgeeicht werden sollten, dass sie innerhalb des Universums fallen.

Die lange Skulptur Chains, 2004, ist ein offensichtliches Remake von Eva Hesses Arbeit Untitled (Rope Piece) aus dem Jahr 1970. Josephine Pryde ersetzt die sorgfaltig hergestellten, latexuberzogenen Seile durch olige, gebrauchte Fahrrad- und Motorradketten. Da Untitled (Rope Piece) wahrscheinlich zu fragil ist, um jemals wieder ausgestellt werden zu konnen, stellt der Gebrauch von Ketten einen Weg dar, das sich im wortlichen Sinne auflosende Originalwerk zu stabilisieren, wahrend er gleichzeitig Projektionen von Geschlechtsspezifita t auf die Eigenschaft der verwendeten Materialien untergra bt. Schlie– lich erinnert ein Paar solarisierter Portraits der Kunstlerin Lucy McKenzie an die Dunkelkammerexperimente von Lee Miller und Man Ray rische Warngeschichte, die vielen jungen Kunstlerinnen erzahlt wird, die dabei sind, ihren langen, harten Weg zu beschreiten. Solarisation ist heutzutage zwar eher ein Klischee, kann aber hier eine Erinnerung daran sein, dass Inspiration, genauso wie das Tra umen, nicht irgendeinen unsaglichen Blodsinn uber guten Geschmack bedeutet.

Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog mit einem Interview von Sabeth Buchmann mit Josephine Pryde.

JOSEPHINE PRYDE, geboren 1967, lebt und arbeitet in London. EINZELAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2004 Brute, Reena Spaulings Fine Art / 371 Grand, New York; Brains & Chains, Cubitt, London; Things Without Futurism, Galerie Christian Nagel, Koln; 2001 Gabriele Senn Galerie, Wien; Serena, Kunstverein Braunschweig; 1995 Persuasion, Galerie NEU, Berlin; GRUPPENAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2004 Sommerfotogruppenausstellung Journey Towards The Good Taste, American Fine Arts, Co., New York; 21st Gear, The Top Room, London; 1998 Fast Forward Image, Kunstverein Hamburg

NICOLE WERMERS "Chemie" In ihren Collagen und Skulpturen abstrahiert Nicole Wermers Attraktionen und Oberfla chen einer zeitgenossischen Konsumkultur zu architektonischen Strukturen, die ein Wechselspiel von Verfuhrung und Kontrolle anklingen lassen.

Im Grafischen Kabinett der Secession zeigt Nicole Wermers eine Reihe abstrakter Skulpturen, die meist paarweise im Raum angeordnet sind. Als architektonische Leitsysteme bilden sie Schleusen und Durchga nge, ihre formale Struktur erinnert aber auch an Warensicherungssysteme, wie sie an den Ein- und Ausga ngen von Kaufhausern platziert sind. Nicole Wermers greift diese Artefakte, deren Design normalerweise gen Null strebt, auf und aktualisiert deren bildhauerisches Potenzial. Die Wahl der Materialien (u. a. Holz, Stahl, Noppen-PVC) knupft dabei an eine Geschichte der minimalistischen Skulptur und modernistischen Oberflachengestaltung an.

Die Arbeiten wirken in ihrer profillosen, reduzierten Form nahezu zweidimensional, entwerfen allerdings atmospha risch eine Dreidimensionalita t, die uber das Materielle hinausgeht und auf ein Spektrum unsichtbarer Strahlungen und Wirkungen anspielt „ seien es spirituelle, repra sentationssymbolische oder elektromagnetische. Gleichzeitig erinnern die Zwillingsskulpturen auch an jene herrschaftlichen “Wa chterÜ links und rechts von Portalen, die den U bergang zwischen zwei Ra umen regulieren und als eine Zone der Be- und U berwachung, aber auch der neugierigen Verfuhrung und lautlosen Bedrohung dramatisieren. Als weiteres Element der Ausstellung setzt Nicole Wermers eine neue Serie von Collagen in Dialog zu den Skulpturen: die Collagen (Katzensilber V„VII, 2004) aus Abbildungen von Kristallen, rohen Edelsteinen und Mineralien sind in boxenartige Rahmenobjekte eingepasst. Ausschlieölich an einer Seite angebracht verleihen sie den ansonsten eher neutralen Boxen eine Richtung und “strahlenÜ in den Raum. Die Platzierung unterstutzt diesen Eindruck, so dass die Rahmenobjekte auch als materielle und immaterielle Resonanzkorper zu den Skulpturen gelesen werden konnen.

Nicole Wermers dehnt diese ambivalent aufgeladene Spannung bis in den Aufgang zum Grafischen Kabinett aus, wo eine Skulptur aus Stahl platziert ist. Ahnlich wie in der fruheren Serie French Junkies (2002), nimmt diese die Form eines Standaschenbechers auf: ein Accessoire, das ebenso wie die Warensicherungssysteme das Konsumverhalten reglementiert, aber auch an das auratische Moment der Verfuhrung erinnert. Zur Ausstellung erscheint ein zweisprachiger Katalog mit Texten von Tom Holert und Vanessa Muller.

NICOLE WERMERS, geboren 1971 in Emsdetten, Nordrhein Westfalen, lebt und arbeitet in Hamburg und London EINZELAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2004 Katzensilber, Millers Terrace, London; 2003 Galerie Borgmann-Nathusius, Koln; 2002 French Junkies, Produzentengalerie Hamburg; 2000 Forderkoje (Young Artist Programme), Art Cologne, Koln, Produzentengalerie Hamburg; GRUPPENAUSSTELLUNGEN (Auswahl): 2004 Reality Real, Galerie Gebruder Lehmann, Dresden; The Future Has A Silver Lining, migros museum fur gegenwartskunst, Zurich; 2 oder 3 Dinge, Die Ich Von Dir Weiss, Produzentengalerie Hamburg; Pin Ups, Contemporary Drawing and Collage, Tate Modern, London; 2003 Handlungsraume, Halle fur Kunst, Luneburg; Renderings, Delfina Gallery, London; Neue Kunst in Hamburg, Kunsthaus, Hamburg; Help, Galerie Els Hanappe Underground, Athen; A Nuova Geometria, Galeria Fortes Vilaca, S ̃o Paulo; 2002 The Day After, Galerie Cookie Snoie, Rotterdam; Building Anxiety, Ten in One Gallery, New York; 2001 Sammlung Karl-ErnstOsthaus Museum, Hagen; Liminal, Minimal, Nominal - Architectual Traces, John Hansard Gallery, Southhampton; German Leitkultur, Kunsthalle Friedericianum, Kassel; Zero Gravity, Kunstverein fur die Rheinlande und Westfalen, Dusseldorf; Videonale Bonn, Bonner Kunstverein; A Sport and A Passtime, Greene Naftali Gallery, New York; Szenarien oder Hang zum Theater, Bonner Kunstverein und Stadthaus Ulm; Szenenwechsel XX, Museum fur Moderne Kunst, Frankfurt am Main; 2000 And If There Were No Stories, Stephen Friedman Gallery, London; Pallisades, Centre dArt, Bretigny-sur-Orge

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Albert Oehlen, Josephine Pryde, Nicole Wermers