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Vernissage: 14. August, 18 Uhr

Der Genfer Künstler Alexandre Perrier (1862–1936) gehört zu den bedeutendsten Vertretern der Schweizer Jugendstil-Malerei. Während Perriers Frühwerk dem Pointillismus verpflichtet ist, sind seine Spätwerke mit ihrer vom Motiv weitgehend losgelösten, strahlenden Palette eigenwillige Beispiele der Moderne. Gerade die Entwicklung Perriers, der sich vorerst als Dessinateur in Mulhouse und Paris der angewandten Kunst zuwandte, zeigt eindrucksvoll, wie die abstrakte Sicht der Moderne aus dem inhaltsfreien Formwillen eines Art nouveau-Gestalters wachsen konnte. Nicht wenige der bedeutendsten Pioniere der Moderne haben denn auch nicht Kunstakademien, sondern Kunstgewerbeschulen besucht. Perrier war im Jahr 2000 in der vom Kunstmuseum Solothurn initiierten Überblicksausstellung ~1900. Symbolismus und Jugendstil in der Schweizer Malerei vertreten. Bereits 1986 übernahm unser Haus die vom Genfer Musée d’art et d’histoire vorbereitete Retrospektive zum 50. Todesjahr des Künstlers. Über 20 Jahre später wird mit einer neuen Ausstellung, die sich weit weniger der symbolistischen als der konzeptuellen Ausrichtung Perriers widmet, auf die erstaunliche Aktualität dieses immer noch kaum bekannten Künstlers hingewiesen. Wie sehr es Perrier um eine fast wissenschaftliche Recherche der Farb- und Lichtwirkungen ging, spricht die auffallend kleine Zahl stets wiederkehrender Landschaftsmotive, die er zu allen Tages- und Jahreszeiten malte. Dabei arbeitete er nicht, wie etwa die Impressionisten, draussen, „sur le motif“, sondern schuf seine Bilder aufgrund abstrakter Farbstudien, Skizzen und Notizen im Atelier. Diese örtliche und zeitliche Distanz verleiht den Werken trotz ihrer sinnlichen Pracht und der ungemeinen Differenzierung eine vielfach verdichtete Einfachheit und Ruhe, die ein langes konzentriertes Schauen ermöglichen. So steht Perriers Schaffen dem phänomenologischen Interesse von Georges Seurats Pointillismus wohl näher als dem divisionistischen Schaffen von Giovanni Segantini, mit dem Perrier nicht nur aufgrund seiner Technik, sondern auch der alpinen Motive oftmals verglichen wurde. Die Ausstellung versucht dem konzeptuellen Charakter von Perriers Werk durch eine spezifische Hängung der Exponate gerecht zu werden. Um Perrier nicht nur aus sich selbst, sondern auch aus seinem künstlerischen Umfeld verstehen zu können, werden erstmals nach vielen Jahren wieder die Säle des Ersten Stockes genutzt. Obwohl ein Hauptteil der Exponate von Perrier selbst stammt, kommt es zu punktuellen Begegnungen mit Werken seiner Zeitgenossen. Gerade in der Sammlung des Kunstmuseums Solothurn ist die Zeit zwischen 1890 und 1920 besonders gut vertreten, und nicht wenige der hier mit Meisterwerken vertretenen Kunstschaffenden waren mit Perrier bekannt oder befreundet: Ferdinand Hodler, Cuno Amiet, Giovanni Giacometti oder Albert Trachsel. Die besondere Aktualität von Perriers Schaffensweise wird zudem mit zwei Beispielen zeitgenössischer Landschaftsmalerei unterstrichen: Ausgestellt werden Serien des in Berlin lebenden Luzerner Künstlers Albrecht Schnider (1958) und des Genfer Malers Michel Grillet (1956). In ihrer konsequenten Auseinandersetzung mit Variation und Dauer sowie der gestalterisch präzisen Durchführung reflektieren sie Perriers eigene Haltung. Dank der Grosszügigkeit der Nachlassverwalter, der Schweizer Museen (v.a. des Musée d’art et d’histoire, Genf) und verschiedener Privatsammler ist es möglich, eine gültige Übersichtsausstellung zu zeigen, die sowohl Ölbilder wie ausgesuchte Arbeiten auf Papier umfasst. Sie wurde vorbereitet durch Claude Ritschard, frühere Konservatorin am Musée d’art et d’histoire, Genf und profunde Kennerin des Schaffens von Alexandre Perrier. Es erscheint ein reich bebilderter Katalog (D/F) mit Aufsätzen von Claude Ritschard und Christoph Vögele sowie einer ausführlichen Biografie von Alix Horngacher. Die Publikation (Fr. 48.–) wird zusammen mit dem Musée d’art et d’histoire Genf und La Baconnière/Arts herausgegeben. Die Ausstellung wird ab März 2009 vom Musée d’art et d’histoire Genf übernommen.

Christoph Vögele

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Alexandre Perrier (1862–1936)
Im Kontext mit Cuno Amiet, Giovanni Giacometti, Ferdinand Hodler, Albert Trachsel, Oskar Tröndle, Félix Vallotton, Michel Grillet, Albrecht Schnider