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Alicja Kwade zeigt in ihrer ersten Einzelausstellung bei Johann König, Berlin eine raumgreifende Installation sowie eine neue Videoarbeit. Elf schwarze hochglanzlackierte Stahlplatten, die in Höhe und Länge variieren, beschreiben die Form einer Sinuskurve in verschiedenen Frequenzen. Die unterschiedlich geformten Platten bilden einen Resonanzspiegel für das sonore Knacken und Rauschen aus den Lautsprechern, die davor positioniert sind. Die Lautsprecher sind über Kabel mit den Leuchtstoffröhren unter der Decke verbunden; der Ton wird anhand von Tonabnehmern übertragen.

Durch die akustische Verstärkung macht Kwade elektromagnetische Wellen als Hintergrundrauschen hörbar und visualisiert durch die Stahlplatten die gemeinsame physikalische Grundlage sowohl von Licht- als auch Schallwellen. Der Betrachter spiegelt sich in der glänzenden Oberfläche. Die Wellenform verzerrt das eigene Spiegelbild: es verdoppelt sich an der einen Stelle und verschwindet auf der Anderen. Gleiches geschieht auch auf akustischer Ebene: Je nach Standort wird das Geräusch reflektiert oder es überlagert sich und ist daher beim Vorübergehen leiser und lauter zu hören.

Kwade beschäftigt sich mit grundlegenden physikalischen Kräften, aus denen sich unsere Welt zusammensetzt. Sie geht hier bis an den Ursprung des Universums zurück, an dem Materie, Raum und Zeit aus einer Singularität am Nullpunkt des Universums entstanden sind. Sie versucht das Unvorstellbare fassbar zu machen und findet eine sinnliche Entsprechung für an sich abstrakte Phänomene, die nur in der Theorie ihre Erfüllung finden und von uns nur zu einem geringen Bruchteil z.B. als Licht und Ton wahrgenommen werden.

Auch in ihrer neuen Videoarbeit hinterfragt die Künstlerin unsere Wahrnehmung der Realität. Der im Loop laufende Film scheint einen Meteoriten zu zeigen, der schwerelos durchs All schwebt und sich langsam drehend von rechts nach links durchs Bild bewegt. In Wirklichkeit ist es nur ein gewöhnlicher Kieselstein, dessen Flug mit einer Hochgeschwindigkeitskamera aufgenommen wurde. Einmal mehr zeigen sich hier die Grenzen des eigenen Wahrnehmungsraums und mit einem ironischen Blick stößt Alicja Kwade die Tür zu den Welten auf, die dahinter verborgen liegen.

An die Parallelwelten unserer Wahrnehmung knüpft sie auch in einer Installation an, die sich außerhalb des Ausstellungsraums befindet. Zwei silberfarbene Nissan Micra parken vor dem Eingang. Ein Wagen ist das Spiegelbild des anderen. Nicht nur das Lenkrad findet sich spiegelbildlich, sondern auch die Beule im Kotflügel ist in identischer Form auf der anderen Seite des zweiten Wagens vorhanden. Sogar die anscheinend zufällig verteilten Alltagsgegenstände im Wagen finden ihre Entsprechung. Das Zeugnis eines Unfalls doppelt sich in einem zur Wirklichkeit gewordenen Spiegelbild.

Alicja Kwade (geboren 1979 in Kattowice, Polen) lebt und arbeitet in Berlin, wo sie bis 2005 an der Universität der Künste studierte. 2008 erhielt sie den Piepenbrock Förderpreis für Skulptur verbunden mit einer großen Einzelausstellung im Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart - Berlin.

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Alicja Kwade
GRENZFÄLLE FUNDAMENTALER THEORIEN