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‘The inner truth is hidden – luckily, luckily.’ J. CONRAD

In Michael Hanekes Film Cache verfolgt der Zuschauer einen Thriller, eine Art Agatha Christie-Handlung, die sich entlang der Suche nach einem mysteriösen Sender von Videokassetten und das dadurch aus den Bahnen geratende Alltagsleben eines scheinbar normalen französischen Bürgers und seiner Familie, entwickelt. Das Verbrechen wird nicht geklärt, der Absender nie identifiziert, und die Erwartungshaltung des/der ZuschauerIn entblößt, indem er/sie erkennen muss, dass im Hintergrund der Handlung ein ganz anderes Drama stattgefunden hat – das Drama der Kolonisation, Enteignung, Macht und der kollektiven Schuld Europas. Die Ausstellung And Then Nothing Turned Itself Inside Out erkundet Spannungen, die an den Bruchstellen zwischen dominanten, sichtbaren Narrativen und dessen, was unterdrückt wird, um diese zusammenzuhalten, entstehen; die Risse in der Oberfläche, die Momente des Aufeinanderprallens vom Sichtbaren mit dem Verborgenen, vom Ausgesprochenen mit dem Verschwiegenen, aber auch von der Möglichkeit mit der Unmöglichkeit der Artikulation. Der Fokus ist auf die verdeckte ‚Immanenz’ gerichtet, auf etwas Unvorstellbares, das kurz davor ist, durchzubrechen. Wie der Philosoph Alain Badiou sagt, ist Wahrheit immer etwas Ungreifbares, sie kann nie als Wissen klassifiziert werden, denn dann wäre es nicht länger Wahrheit. Nur im Prozess der Dekonstruktion von dominanten Diskursen der Wissensproduktion und durch Infragestellen der verallgemeinernden Grundlage des eurozentrischen Verständnisses von Fortschritt und Modernität kann sie flüchtig erhascht werden.

Ivana Bago und Antonia Majaca / Institute for Duration, Location and Variables (DeLVe)