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Dem Dresdner Bildhauer haben es vor allem die Steckvasen, Schläuche, Regentonnen, Seile und Rohre aus der Baumarktabteilung „Garten“ angetan. Mit ihnen baut er seit fast fünf Jahren mal den Raum ausfüllende oder die Wand und Decke annektierende Objekte. Sie ähneln befremdlichen Aggregaten, die uns Wesentliches von den Prinzipien der Schwerkraft berichten: Fallen, Fließen, Stauen, Ausbreiten, Aufsteigen und Verharren. Einfachste Steckverbindungen, Stapelprinzipien oder Verschnürungen belassen die industriellen Formen in ihrem formalen Ausgangszustand. Leichte Deformierungen der Industriekörper wie zum Beispiel Verschnürungen reichen aus, um wundersame und aberwitzige Situationen zu erzeugen. Es genügt, die Steckvasen auf einen Medizinball zu verpflanzen und schon entsteht eine Mischform aus makroskopischer Zellstruktur und außerirdischer Landekapsel zu Wasser.

Die ungewohnte Anordnung der Objekte zueinander  und das damit verbundene Vertreiben des  Pragmatischen aus ihnen, bedingt sogleich deren  Ästhetisierung und visueller Erhöhung. Ihre industriell gegebene Farbigkeit  scheint nicht selten vom Produzenten mehr aus symbolisch-ästhetischen Aspekten, als aus pragmatischen erfunden worden zu sein.  Das Gebrauchsstück wird nun seinem ihm zugedachten Schicksal "Gebrauch - Verschleiß - Entsorgung" entrissen. Der  Konsumkreislauf ist in dieser Richtung unterbrochen, doch der Künstler muss auch dafür, für die Ware  zahlen. (Dem Produzenten ist es schließlich egal, wofür der Konsument ein Produkt nutzt, Hauptsache er konsumiert.) So wird aus dem Künstler, der über Jahrhunderte  aus edlem Stein, Holz oder aus einem Haufen Gips  einen Menschen  formte, ein Fabulierer und

Bastler, gleich einem Kind welches den Klammerkorb plündert und Türme und Schlangen fabriziert oder aus dem Joghurtbecher eine Raumstation baut. Waren es dann in der klassischen Moderne noch ausrangierte Maschinenteile oder Ähnliches die durch Künstlerhand zu Kunstwerken mutierten, so sind es seit der Postmoderne nagelneue Produkte aus dem Industriedesign, die  für Künstler interessant wurden.
Die Objekte von André Tempel können auf Zeit im Kunst- oder Stadtraum als installative Interventionen stranden oder  zu  ortlosen Kunstobjekten werden. Nun entfalten sie in einer dysfunktionalen Ordnung ihre Eigenheiten, die so nicht konzipiert waren, aber als ästhetische Potenz in ihnen schlummern. Jetzt kann der Betrachter  mit seinen Projektionen beginnen oder die Objekte auf ihre Einzelteile hin optisch zerlegen. Egal wie, die Arbeiten von ihm bleiben ob  ihrer Klarheit fesselnd und in ihrer Dinghaftigkeit  rätselvoll. Sie  bannen das Schöne und das interesselose Wohlgefallen.

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Andre Tempel
TUTEN UND BLASEN
Kurator: Armin Hauer