Andreas Seltzer

Die Linie ist ein Medium der Begrenzung; sie ist die grafische Vermittlerin von Außen und Innen, Leere und Fülle. Sie gibt den Rhythmus an, leitet das Auge und die Hand und wird Schrift oder Zeichnung. Andreas Seltzers Ausstellungsprojekt und die begleitende Vortragsreihe entstanden durch die umfassende Beschäftigung mit unterschiedlichen kartographischen Systemen. So spielen seine auf Linien zurückgeführten "Inkblots" auf die vom Amerikaner Wayne Holtzman entwickelten psychologischen Eignungstests an, die als eine stark formalisierte Variante der Rorschacht-Tests Aufschluß über die Kreativität und Intelligenz der jeweiligen Testperson geben sollten. Auf das Sehen von Kunst hatten und haben diese in der Ausstellung thematisierten Tests erheblichen Einfluß, weil sie die Bildbetrachter im Glauben bestärkt, daß jede Abstraktion mit psychologischen Deutungsschemata erklärbar sei. Seltzers Dia/Film - Schau "Western Lines" nähert sich formal noch stärker der kartografischen Linienführung an. Auch hier geht es um Grenzziehung. Ihr Mittel ist in diesem Fall nicht das grafische Kürzel sondern der Stacheldraht. Sowohl in der Domestizierung des amerikanischen Westens als auch in den seit dem 1. Weltkrieg entwickelten lkonografien des Krieges und militanter Demonstrationen spielt der Stacheldraht eine große Rolle als Rhythmisierer des Bildraums. Was früher Blatt- und Rankenwerk war und die Aufgabe des "repoussoirs" hatte, indem sie den Blick ins Bildzentrum leitete, erfüllen nun dessen Lineaturen. Mit seiner Schau führt Seltzer mit zahlreichen Beispielen in die Kulturgeschichte des Stacheldrahtes ein. Zur Eröffnung der Ausstellung wird der Hauptmann i. R. Folker Brunkhorst einen Vortrag über Kurt Lewins Text "Kriegslandschaft" halten. Pressetex

Andreas Seltzer - DIE WAYNE HOLTZMAN TECHNIK/WESTERN LINES
(Die Geschichte des Stacheldrahts)
Vortragsreihe und Ausstellung

Gastvortrag Dagmar Unverhau: "Die freundlichen und die feindlichen Linien - Amtliche Kartografie der DDR. Tarnung oder Fälschung?”