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Anmerkungen zu Landschaft (…)
20.11.2019 - 20.12.2019

Eröffnung, 19. November 2019, 19 Uhr

Werke von Paula Bruna Pérez, Mercedes Mangrané Mora, Francisco Navarrete Sitja, David Ortiz Juan

Die Ausstellung Anmerkungen zu Landschaft (…) zeigt vier künstlerische Positionen, die den Gemeinplatz „Landschaft“ und die daran geknüpften Vorstellungsbilder nicht einfach als gegeben, sondern als Grundlage für permanent neu zu definierende Handlungsfelder begreifen. Ausgehend vom künstlerischen Prozess, der das Potenzial hat, sich vom Kunstwerk zu emanzipieren und zur eigenständigen Form zu werden, liegt der Fokus der Schau auf Entwicklungsverläufen, Phasen, Werdegängen, Entfaltungen und Verfahren. Der Begriff der Landschaft, der sich einer einheitlichen Definition entzieht und je nach geografischen, territorialen, soziopolitischen und ökonomischen, sowie ästhetischen, ethnologischen und philosophischen Voraussetzungen immer wieder neu konstituiert, dienst dabei als kleinster gemeinsamer Nenner. Für die beteiligten KünstlerInnen ist „Landschaft“ der Ausgangspunkt für die Erfassung und Konstruktion unserer Welt und nicht zuletzt eine Kategorie der Wahrnehmung.

In diesem Spannungsfeld verhandelt Paula Bruna Pérez mit El Plantoceno* Fragen der ökologischen Nachhaltigkeit und verknüpft diese mit in Auflösung befindlichen Grenzlinien zwischen Mensch und Pflanzenwelt sowie zwischen Kultur und Natur. Unter Bezugnahme auf Timothy Mortons Buch Dark Ecology (2017) argumentiert Paula Bruna Pérez, dass wir nur dann ein ökologisches Bewusstsein entwickeln und die komplexen Zusammenhänge der Ökosphäre verstehen können, wenn wir die Existenz andere Formen der Zeitlichkeit, anderer räumlicher Maßstäbe und anderer ProtagonistInnen anerkennen. Aus dieser Prämisse entwickelt die Künstlerin mit El Plantoceno eine Geschichte über die Konflikte des Anthropozäns, die auf einer erfundene geologischen Ära basiert. Im Gegensatz zum Anthropozän, einer kürzlich definierten geologischen Epoche, deren Protagonist der Mensch ist, stellt El Plantoceno die Hegemonie unserer Spezies in Frage stellt und entwirft ein para-menschliches Szenario.

Mercedes Mangrané Mora begreift in Sublimación inversa Landschaft als Prozess der Innerlichkeit, der seinen Ausdruck jedoch in den Oberflächen und in der materiellen Beschaffenheit ihrer Malereien findet. Ihre Arbeiten gehen häufig von der genauen Beobachtung der Details des täglichen Lebens aus, wobei Mercedes Mangrané Mora in ihrer Analyse sowohl ein anthropologisches wie auch ein poetisches Interesse verfolgt. Sie hinterfragen die Räume, die Gesellschaft konstituieren und Gemeinschaft fördern: profane Freizeitlandschaften finden dabei genauso Ausdruck in ihren Malereien wie die Stadt als komplexer Ort menschlicher Interaktion und architektonischer Elemente wie Ecken, Kanten, Kreuzungen oder Blickachsen. Mangrané geht es darum, wie man mit der Sinnlichkeit der Oberfläche umgeht und wie ein gewisses Gefühl der Nähe entsteht, indem etwas Bestimmtes in etwas Abstraktem sichtbar wird.

Das politisch-strategische Interesse an bestimmten Territorien, zeichnet Francisco Navarrete Sitja mit El agua es al cuerpo, el cuerpo es al alga, el alga es al trayecto anhand der Verdrängung informeller Gemeinschaften in der Nähe von Barcelona nach. Ausgangspunkt seiner Recherche ist der „Rec Comtal“, ein ehemaliger Bewässerungskanal, der die BewohnerInnen von Barcelona über viele Jahrhunderte mit Wasser versorgte und ein Teil dessen in Vallbona im Stadtteil Nou Barris bis heute erhalten geblieben ist. In vielfältigen Äußerungsformen wie Zeichnungen, Karten, Manuskripten, Fotokopien, Diagrammen oder Fundstücken, Videoanimationen und Klanglandschaften verknüpft Francisco Navarrete Sitja Recherchen über die Geschichte des Kanals mit den Geschichten jener Menschen, die heute an seinen Ufern leben.

Ähnlich politisch, aber auf einer abstrakteren Ebenen beschäftigt sich David Ortiz Juan in Un paisaje en el que habitar mit der Erinnerung historischer Ereignisse. Das Projekt fragt danach, welche Rolle die Figur des „Phantoms“ dabei hat und wie sie sich in Darstellungen der physischen und mentalen Landschaft äußert. Das Projekt ist eine Metapher für die Schichten der soziokulturellen Vergangenheit und Gegenwart Spaniens. Im Mittelpunkt der Arbeit stehen zwei Ideen: einerseits die Übertragung von Erinnerungen und Ereignissen ohne den Einsatz von Sprache und andererseits die Darstellung des Konzepts des Phantoms als gegenwärtige soziale Figur. Warum verfolgen uns bestimmte Geister und was können wir tun, um diesen Geist zu stoppen? Solchen Fragestellungen begegnet David Ortiz Juan mit Figuren, Technologien und Werkzeugen der Landschaftsvermessung.

Paula Bruna Pérez (* 1978 in Spanien) lebt und arbeitet in Barcelona.
www.paulabruna.com

Mercedes Mangrané Mora (* 1988 in Spanien) lebt und arbeitet in Barcelona.
www.mercedesmangrane.com

Francisco Navarrete Sitja (* 1986 in Chile) lebt und arbeitet in Barcelona.
www.francisconavarretesitja.com

David Ortiz Juan (* 1983 in Spanien) lebt und arbeitet in Barcelona.
www.davidortizjuan.com

Die Ausstellung Anmerkungen zu Landschaft (…) findet in Zusammenarbeit mit dem in Barcelona ansässigen Zentrum für Kunstforschung und Kunstproduktion Hangar statt. Die Mission von Hangar ist es, bildende KünstlerInnen in den unterschiedlichen Phasen ihrer Produktionsprozesse zu unterstützen und zur optimalen Entwicklung ihrer Projekte beizutragen. Hangar unterstützt sie dabei nicht nur mit Ausrüstung und Räumen, sondern vor allem mit einem geeigneten Rahmen für Experimente und mit freiem Wissenstransfer. Das Zentrum bietet eine Reihe von Dienstleistungen, die die Erforschung und Entwicklung von Kunstproduktionen ermöglicht. Hangar knüpft an die Ergebnisse an, indem die Institution die Projekte in verschiedene Netzwerke und Plattformen einbindet oder Möglichkeiten für deren Einbindung in andere Bereiche aufzeigt.

Hangar – Centre obert per a la recerca i la producció artística
www.hangar.org