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Die Filme und Installationen der in Schweden geborenen Ann-Sofi Sidén drehen sich um den Punkt, an dem sich Vernunft in ihr Gegenteil verkehrt und zum Wahnsinn mit Methode wird. Ihre neuen Arbeiten in der Secession untersuchen einen Teil Europas, der in gesellschaftlicher und kultureller Hinsicht noch immer im Begriff ist, die Herrschaft des Kommunismus und die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs zu überwinden.

Konfrontiert mit Demokratie und Kapitalismus - was auch immer diese Begriffe im Hinblick auf Geldmachen und Aufholen bedeuten mögen - steht eine Gesellschaft als Ganzes vor einer Kluft, in der sich die Halbwelt breitmacht: mit Frauen wird gehandelt, sie werden als Prostituierte verkauft, eine Invasion von Zuhältern, Nutten und anonymen West-Autos erfasst die Städte an der Grenze. Die Gier nach Geld ist dort so groß, dass alles zum Verkauf angeboten wird: Autoteile, Drogen, Gartenzwerge und Frauen.

Ann-Sofi Sidén geht es in ihren Arbeiten um die Absurdität des Normalen und Alltäglichen im sozialen Kontext, sie beschäftigt sich oft mit der menschlichen Psyche und ihren Versuchen, einander widersprechende Forderungen von Machtstrukturen und Abhängigkeitsverhältnissen zu bewältigen. Als aufmerksame Beobachterin des Individuums weiß Sidén aber sehr genau über innere Grenzen Bescheid und lotet somit auch jene des Betrachters aus. Was dieser zu sehen und zu hören bekommt, kann ihn leicht auf sein eigenes Leben und die inneren Paradoxa zurückwerfen, die sich im Alltag manifestieren.

Unter dem Titel "Warte mal !" zeigt Ann-Sofi Sidén in der Secession eine neue Videoarbeit, die sich mit Prostitution, dem ältesten Gewerbe der Welt, auseinandersetzt. Die Künstlerin bereiste im Zeitraum von einem halben Jahr Tschechien und recherchierte zu diesem Thema im Grenzgebiet zu Deutschland. Der Titel "Warte mal !" bezieht sich auf jene Mädchen, die jede Nacht mit diesen Worten Freier anzulocken versuchen. Damit könnte aber auch eine Aufforderung zum Bilanzziehen gemeint sein: Wie sah es hier im Osten 1989 aus und wie heute, zehn Jahre danach?

Die Künstlerin untersucht die Möglichkeit einer "Walk-in-Dokumentation" und vermittelt dem Betrachter ihre Erfahrungen durch Videoprojektionen in Form von "visuellen Umgebungen". In Verbindung mit den Interviews zeigt die Installation die Zustände an einer zum "erweiterten Rotlichtbezirk" gewordenen Transitstrecke durch ein kleines osteuropäisches Land und dessen Kleinstädte. Das Material wurde im Rahmen von Recherchen für einen in Planung befindlichen Film gesammelt und zeigt die vielen Aspekte der Prostitution und die Erfahrungen, die die Künstlerin bei der Autofahrt durch das Land machte. Unterwegs macht sie Bekanntschaft mit der Polizei, deutschen Freiern, einem Motelbesitzer und dessen Frau, den Prostituierten und nächtlichen Parties mit ihrer Dolmetscherin und einer Gruppe junger Mädchen.

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Ann Sofi Sidén
"Warte mal !"