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De belgische Künstlerin Ann Veronica Janssens (*1956) hat mit ihrem Auftritt auf der Biennale in Venedig im Jahr 1999 schlagartig internationale Bekanntheit erlangt. Ihre Arbeit Horror Vacui, für die sie den gesamten belgischen Pavillon in ein dichtes Nebelmeer verwandelte, zählt zu den aufregendsten und nachhaltigsten Länderbeiträgen der vergangenen Jahrzehnte.

Im Museum Morsbroich ist nun die bisher umfangreichste Ausstellung ihres Werkes zu sehen. In Morsbroich zeigt Ann Veronica Janssens neue, speziell für die barocke Architektur entwickelte Arbeiten und verbindet sie mit einer retrospektiv angelegten Perspektive auf ihr bisheriges Werk. Dabei kann der Besucher 35 Installationen, Videoprojektionen, Skulpturen und Soundarbeiten erleben, deren Regie die Künstlerin mit dem Begriff „Versuchsaufbau“ beschrieben hat.

Im Zentrum des Werkes von Ann Veronica Janssens steht die Untersuchung von Licht- und Bewegungsphänomenen: Präzise eingeschliffene Metallscheiben reflektieren das Tageslicht auf geheimnisvolle Weise, Hohlspiegel irritieren die Betrachterperspektive, und im gleitenden Nebeldunst ‚materialisieren’ sich für kurze Zeit farbige Lichtkegel zu körperhaften Volumina. Der Betrachter ist nicht mit statischen Werken konfrontiert. Er erfährt die flüchtigen Arbeiten in ihrer vielfältigen Dimension am besten, wenn er sich selbst ständig bewegt und seine eigene Position im Raum überprüft. Dabei faszinieren die physikalischen Phänomene und die wissenschaftliche Genauigkeit der ausgestellten Arbeiten genauso wie ihre intensive körperliche Präsenz. Darüber hinaus reflektiert Ann Veronica Janssens auf unerwartete Weise die Hauptwerke der ungegenständlichen Kunst, die das Gerüst der Sammlung von Museum Morsbroich bilden (Yves Klein, Lucio Fontana, Gotthard Graubner).

Einen Höhepunkt der Ausstellung bildet die Vernebelung der gesamten vorderen Raumflucht des ersten Obergeschosses von Schloss Morsbroich, wo Ann Veronica Janssens die einzelnen Räume auf unterschiedliche Weise mit Lichtobjekten und farbigen Fensterfolien einrichtet. Hier zeigt sich die unmittelbare Verwandtschaft barocker Gestaltungsprinzipen mit den Anliegen der Künstlerin: Licht, Bewegung und ein geradezu wissenschaftliches Interesse an optischen Wahrnehmungs- und Erkenntnisprozessen verbinden den historischen Barock mit den Methoden der Künstlerin.

Dabei sind Ann Veronica Janssens Interventionen immer von sozialem Interesse getragen: Bereits der von einem Lied Franz Schuberts entlehnte Titel der Ausstellung, „An den Frühling“, verweist auf die Freude als gleichermaßen befreiendes wie verbindendes soziales Element. Zugleich kommentieren die Werke auch politische Prozesse wie die fragile Arbeit Aerogel: In einer Vitrine liegt ein vollständig durchsichtiger Block, der aus dem leichtesten, von Menschenhand herstellbaren Material gefertigt ist, das bis zu 99,9% aus Luft besteht. In diesem Hauch einer Skulptur bricht sich das Umgebungslicht wie in der Atmosphäre selbst; es entstehen "Sonnenauf- und Untergänge" oder Eintrübungen, die die Gefährdung der Atmosphäre modellhaft, aber unmittelbar veranschaulichen.

Zu der von Markus Heinzelmann kuratierten Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog (240 Seiten) im DuMont Literatur und Kunst Verlag. Er ist von Hans Theys in Zusammenarbeit mit Ann Veronica Janssens gestaltet und enthält Beiträge von Mieke Bal (The Koninklijke Nederlandse Akademie van Wetenschappen KNAW, Amsterdam), Vanessa Joan Müller (Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf), Martina Weinhart (Schirn Kunsthalle Frankfurt) und Stefanie Kreuzer (Museum Morsbroich, Leverkusen).

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Ann Veronica Janssens. An den Frühling
kuratiert von Markus Heinzelmann