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Am 27.10.06 eröffnet die Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig in der GfZK-2 unter dem provokanten Titel „Schlechte Malerinnen sind bessere Künstler“ eine umfangreiche Ausstellung mit Werken von Anna Meyer. Diese findet zeitgleich mit der Gruppenausstellung „Liminal Spaces“ in der GfZK-1 statt, die den Grenzkonflikt zwischen Israel und Palästina zum Ausgangspunkt nimmt. Im Rahmen dieses Projektes wurde Meyer mit anderen KünstlerInnen zu einem Workshop nach Ramallah eingeladen. Diese Erfahrungen und Erlebnisse verarbeitete sie in ihrer neuen Werkgruppe „Conflict Mini“. Die Ausstellung in der GfZK stellt wichtige Werkgruppen der letzten Jahre vor und führt dabei Malereien, Modelle und angewandte Arbeiten zusammen. Aktuelle Werke ergänzen eine Auswahl älterer Bilder.

Zerfallene Industrieanlagen, Freizeitparks, Bilder von Freunden und Vorbildern, glitzernde Metropolen, Shoppingcenters, Obdachlose, moderne und traditionelle Nomaden und immer wieder die Künstlerin selbst treffen entweder im Einzelbild oder in den Serien aufeinander. Realistisch anmutende Partien treten neben abstrakte Versatzstücke, vertraute Elemente werden größenmäßig und farblich verfremdet, Bildfragmente rücken neben Parolen, Textausschnitte oder einzelne Begriffe. Der Einsatz von Fotografien, Werbemotiven, Songtexten, eigenen Wort- und Bildschöpfungen sowie Autobiografischem produziert hybride Bilder, wobei aus dem Kontext gerissene Texte bzw. Begriffe gezielt in Widerspruch zu den Motiven gesetzt werden bzw. sich zu Paradoxa aufbauen: „besser ist schlechter“, „jetzt ist dann“, „richtig ist falsch“. Stilistisch wirkt das Werk von Serie zu Serie disparat, auch der Malgrund ändert sich: Die „Japan-Bilder“ etwa sind im impressionistischen Duktus auf Leinwand gemalt, „Homeless-Müllness“ in einem plakativ anmutenden Realismus auf Aluminiumplatten. So wie Meyer in ihren Motiven auf einen Fundus von bildlichen und textlichen Anregungen zurückgreift, bezieht sie sich in der Bildsprache - vom Impressionismus über Realismus hin zu Pop - gleichermaßen auf Malerei und ihre Geschichte. In den Objekten wird das Prinzip der Hybridität und Vermischung noch deutlicher, wenn Meyer aus Verpackungen, Parfümflaschen, ausrangierten Mobiltelefonen und Spielzeugfiguren Stadtmodelle baut, die dann meist noch malerisch überarbeitet werden. Die Wahrnehmung von (urbaner) Realität ist in den Malereien, Objekten und Installationen von Anna Meyer durch Überlagerungen verschiedener Elemente einer globalen Konsumkultur und Kapitalisierung – wie Massenmedien, Werbung, „Shopping“ - charakterisiert. Die negativen Seiten dieser Kapitalisierung, Einsamkeit bzw. die Ausgrenzung jener, die in einem kapitalistischen System nicht mithalten können, und daraus resultierende gesellschaftliche Konflikte, werden jedoch nicht verschwiegen: Glitzer und Glamour, Konsumversprechen und Begehrensproduktion treffen auf ziel- und orientierungslos wirkende Menschen und aus dem sozialen Netz geworfene Randgruppen der Gesellschaft.

Meyer setzt in ihren Arbeiten rivalisierende Diskurse von Wahrheit präzise neben- und gegeneinander und akzentuiert damit gesellschaftliche und persönliche Konflikte. Dabei werden die eigene künstlerische Praxis und Lebenssituation nicht ausgespart. Sich innerhalb von Widersprüchen bewegen zu müssen, anzuerkennen, dass ein Richtig auch immer ein Falsch bedeuten, ein Jetzt ein Dann, ein Korrektes ein Inkorrektes beinhalten kann, gehört zu den Grundannahmen von Anna Meyer. Das Operieren im Widersprüchlichen schärft ein Gespür für unterschiedliche Perspektiven und Wahrheiten, die, wenn sie nicht zwangsweise geglättet werden, die eine, richtige Position, den einen, richtigen Standpunkt unmöglich machen und zwangsläufig immer einen zweiten oder dritten mit im Blick haben. Das von Anna Meyer immer wieder postulierte „richtig ist falsch“ bietet nicht weniger als die Chance, den eigenen absoluten Standpunkt aufzugeben und sich anderen Sichtweisen anzunähern.

Zeitgleich zur Ausstellung in der GfZK werden bei MINI Leipzig an der Alten Messe Werke von Anna Meyer präsentiert. BesucherInnen können zwischen den Ausstellungsorten hin- und herfahren. Die Einladung durch MINI Leipzig nimmt Meyer zum Anlass, sich mit der Markenwelt von MINI in einer raumgreifenden Installation auseinander zu setzen. Von der Decke hängende großformatige Leinwandbilder, die verschiedene Metropolen dieser Welt zeigen; transparente Folien, Stadtmodelle und ein Billboard im Außenraum treffen auf Autos, Werbebanner und Merchandisingprodukte von MINI und verbinden sich zu einem Konglomerat globaler Kultur.

Anlässlich der Einzelausstellung von Anna Meyer in der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig erscheint Mitte November unter dem Titel „Internetionale“ in englisch und deutsch ein Buch, das in umfassender Form Meyers bisherige Projekte dokumentiert. Textbeiträge kommen von Patricia Grzonka, Peter Hein (Fehlfarben), Julia Schäfer, Raimar Stange, Barbara Steiner und Yvonne Volkart; die Grafik übernimmt Tom Unverzagt, Leipzig.

Anna Meyer wurde 1964 in Schaffhausen geboren. Sie studierte an den Schulen für Gestaltung in Zürich und Luzern. Längere Studienaufenthalte verbrachte sie z.B. in Fujino, Japan, Los Angeles, USA, und Mönchengladbach, Deutschland. In ihren Malereien und großformatigen Billboards für den öffentlichen Raum widmet sie sich globaler Konsumkultur und daraus resultierenden Verschiebungen in den Lebensverhältnissen. Anna Meyer ist Mitglied im Vorstand der Vereinigung bildender KünstlerInnen, Wiener Secession. Sie lebt und arbeitet in Wien und Schaffhausen. Zusammen mit der in Tokyo niedergelassenen Modedesignerin Edwina Hörl entwirft die Künstlerin Kollektionen.

Die Ausstellung wird von Pro Helvetia und dem BKA, Österreich, gefördert. Mit freundlicher Unterstützung von MINI Leipzig.

Pressetext

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Anna Meyer
Schlechte Malerinnen sind bessere Künstler
Kuratiert von Barbara Steiner