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Anlässlich der Ausstellung der Klasse Walther Dahn „La Bonne Horse“ zeigte ANNA VIRNICH (*1984, Berlin, lebt und arbeitet in Berlin) bereits 2010 ihre Arbeit im Bonner Kunstverein. In diesem Kontext stellte sie u. a. oktogonale Keilrahmen aus, über die in mehreren Schichten textile Gewebe gespannt waren. Durch ihre Materialität und Farbigkeit gestalteten die Stoffbilder einen haptischen Raum, der die Grenze zwischen Fläche und Volumen reflektierte. Ausgehend von der Fotografie hat sich VIRNICH in den letzten Jahren zunehmend der Malerei angenähert, doch trifft man in ihren Werken nicht auf Acryl- oder Ölfarbe. Sie setzt sich in ihren ,Bildern‘ mit strukturellen Elementen der Malerei auseinander – beispielsweise mit dem Verhältnis zwischen Keilrahmen und Leinwand oder Methoden der Bildkomposition durch die Überlagerung mehrerer Gewebeschichten. Ihre Skulpturen können in dieser Hinsicht als räumliche Erweiterung der Stoffbilder betrachtet werden, und umgekehrt, obwohl ihre Stoffbilder Gemälden ähneln, weisen sie einen skulpturalen Charakter auf. Im vergangenen Jahr machte die in Köln aufgewachsene Künstlerin ihren Abschluss als Meisterschülerin an der HBK Braunschweig und hatte erste Einzelpräsentationen u. a. in der Städtischen Galerie Remscheid und im Malkasten Düsseldorf.

Das Projekt, das die Künstlerin speziell für das Foyer des Bonner Kunstvereins konzipiert hat, scheint aus einer Konstellation von Gegensätzen erwachsen zu sein. Eine reliefartige Struktur aus schmalen Holzprofilen erstreckt sich auf der langen Foyerwand wie eine holprige Linie. Ihre horizontale Ausrichtung wird immer wieder von vertikalen Holzelementen unterbrochen und weist Höhenvariationen auf, die sich an denjenigen der Decke orientieren. Die entstehende Form bildet ein Echo zur Architektur des Ortes und hebt sich, obwohl sie leicht wirkt, deutlich von der weißen Wand ab. Sie ähnelt einem Geländer, das den Weg des Besuchers in die Ausstellungshalle leitet. Stoffe, die manchmal fest, manchmal lose mit den Kanthölzern verbunden sind, ergänzen das hölzerne Relief und wirken wie pastose Farben, direkt aus der Tube aufgetragen. An weiteren Stellen wurden über fragmentarische Rechtecke, die an Keilrahmen erinnern, Gewebe gespannt, deren straffe Oberflächen die locker eingearbeiteten Tücher kontrastieren. Diese Variationen setzen Akzente und Pausen in der Gesamtkonstruktion und schaffen durch Farbnuancen einen Rhythmus im Raum.

Das besondere Format der Foyerpräsentation, die über mehrere Monate zu sehen sein wird, erlaubt es, neue Elemente in der Arbeit zu entdecken und sie allmählich anders wahrzunehmen. Dieser Annäherungsprozess und die Vertrautheit, die sich mit der Zeit entwickelt, werden von der Künstlerin subtil gestört, indem sie im Laufe der Ausstellung leichte Veränderungen vornimmt. Parallel dazu verblassen über die Monate die Stoffelemente und wirken an manchen Stellen gedämpfter. Die Erinnerungen der wiederkehrenden Besucher werden durch die Wirkung des Lichtes auf den Stoff und die minimalen Eingriffe von ANNA VIRNICH verzerrt und wie die Arbeit selbst in einen Prozess der Umwandlungen eingebunden.

Am Eröffnungsabend findet ebenfalls die Präsentation der ersten Publikation der Künstlerin statt. Das Buch, betitelt Ruby Woo, entstand in Verbindung mit VIRNICHs gleichnamiger Einzelausstellung im vergangenen Jahr bei der Galerie DREI, Köln, und wird an dem Tag zum ersten Mal vorgestellt. Aus diesem Anlass diskutieren Christina Végh, Direktorin, Fanny Gonella, Kuratorin, mit der Künstlerin ihren Umgang mit Druckmedien, die Autonomie des Kunstwerks und die Bezüge zwischen Original und Abbildung im Rahmen eines Künstlergesprächs.

Die Ausstellung wurde ermöglicht durch das Benefizkonzert der Klavierklasse Susanne Kessel und wird von der Firma Knauber unterstützt. Die Publikation erscheint mit der großzügigen Unterstützung der Deutschen Bank Mönchengladbach sowie Robert Funcke und Silvie Biewald.