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Die REINIGUNGSGESELLSCHAFT (RG) ist ein offenes künstlerisches Konzept an der Schnittstelle von Kunst und gesellschaftlicher Wirklichkeit. Betreiber der Projekte der RG sind Henrik Mayer und Martin Keil. Die RG arbeitet seit 1996 in den Themenfeldern „Zukunft der Arbeit“ sowie „Migration und Demokratie“. Wichtige laufende Projekte sind "Arbeitsgeist" und "Autonomie und politisches Handeln". Ausstellungen der RG waren (u.a.) im Hamburger Bahnhof, Berlin; im Kunstmuseum Wolfsburg und in der Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig zu sehen.

Das aktuelle Projekt für den Kasseler Kunstverein ist ein Forschungsvorhaben, das sich mit dem gesellschaftlichen Wertewandel unter den Vorzeichen der globalen Ökonomisierung aller Lebensbereiche beschäftigt. Die gegenwärtige Debatte zu Umverteilungsprozessen am Arbeitsmarkt und die allgegenwärtigen Tendenzen der Liberalisierung unter der Überschrift „Rückzug des Staates“ verweisen darauf, dass unter dem globalen Ökonomisierungsdruck Grenzen des „Sozialstaates“, vielleicht auch der Demokratie, erreicht zu sein scheinen. Utopische oder idealistische Weltbilder, wie sie im 20. Jahrhundert noch bestimmend waren, scheinen nicht mehr glaubwürdig und tragfähig. Der Virtualisierung gesellschaftlicher Entwicklungen und der Immaterialisierung von Arbeit steht damit ein wachsender Mangel an Utopien und Alternativen gegenüber. Gleichzeitig gewinnen medial geformte Identitäten und kommerziell inszenierte Menschenbilder zunehmend an Bedeutung. Die RG erforscht die sich neu bildende Architektur sozialer Beziehungen des 21. Jahrhunderts und deren Begründung durch Arbeit wie deren ökonomischer Verwertung. Sie thematisiert damit die Identitätskrise des arbeitenden Menschen und des demokratischen Bewusstseins in einer globalisierten Gesellschaft.

Teil 1 der Ausstellung und Ausgangspunkt der Installation in den Räumen des Kunstvereins ist die Bergung eines Wandfries aus der Betriebskantine eines ehemaligen volkseigenen Betriebes der DDR. Der Dresdner Künstler Erich Gerlach hatte Anfang der 60er Jahre den Auftrag für das Werk erhalten. Es stellt Ingenieure und Arbeiter dar, welche mit Plänen und technischen Zeichnungen beschäftigt sind. Das Werk wird im Rahmen des Projektes von der RG aus dem verfallenden Betriebsgebäude geborgen und als Bodenobjekt Teil der neu entstehenden Installation sein.

Anhand dieses historischen Referenzpunktes wird die Bedeutung von Fortschritts- und Wachstumsdenken über ideologische Grenzen hinweg thematisiert. Die Installation wird Vergangenes mit Gegenwärtigem konfrontieren. In Videointerviews mit Gesprächspartnern aus Wirtschaft und Geisteswissenschaften wird ergründet, welche Rolle ein kulturoptimistisches Weltbild z.B. in aktuellen Wirtschaftsprognosen und bei Geldanlagestrategien spielt. Mit fotografischen und filmischen Mitteln werden Handlungsräume in Unternehmen auf die Sichtbarkeit von Leitbildern untersucht. Die RG will damit das Engagement und die Mitverantwortung von im globalen Wettbewerb stehenden Unternehmen thematisieren und darstellen, wie öffentliches Bewusstsein mittels kultureller Techniken gebildet werden kann.

Anhand dieses historischen Referenzpunktes wird die Bedeutung von Fortschritts- und Wachstumsdenken über ideologische Grenzen hinweg thematisiert. Die Installation wird Vergangenes mit Gegenwärtigem konfrontieren. In Videointerviews mit Gesprächspartnern aus Wirtschaft (Dr.h.c. Ludwig Georg Braun) und Geisteswissenschaften (Prof. Dr. Wolfgang Ulrich) wird ergründet, welche Rolle ein kulturoptimistisches Weltbild z.B. in aktuellen Wirtschaftsprognosen und bei Geldanlagestrategien spielt. Exemplarisch wird an der Firma B.Braun Melsungen AG mit fotografischen und filmischen Mitteln sowie in einem Workshop mit einem Querschnitt von Beschäftigten Handlungsräume in Unternehmen auf die Sichtbarkeit von Leitbildern untersucht. Die RG will damit das Engagement und die Mitverantwortung von im globalen Wettbewerb stehenden Unternehmen thematisieren und darstellen, wie öffentliches Bewusstsein mittels kultureller Techniken gebildet werden kann.

Die Installation der RG entsteht als ein Work in Progress. Dem Teil 1: Die Bergung folgt als Teil 2 die Forschungsarbeit in Interviews und dokumentarischer Recherche. Die Ausstellung selbst als Teil 3 versteht sich als Display der Dokumentation und Auseinandersetzung. So ist die gesamte Installation als eine Aktualisierung des Wandbildes von Erich Gerlach zu verstehen, als ein neues "Bild der Arbeit", das allerdings nicht mehr illustrativ eine Arbeitssituation wiedergibt sondern als ein komplexes Netzwerk von Faktoren und Bezügen in den Räumen des Kasseler Kunstvereins installiert wird.

In der künstlerischen Umsetzungen und Präsentation der Forschungsarbeit im Kasseler Kunstverein ist das Projekt nicht abgeschlossen, vielmehr soll durch Veranstaltungen in der Ausstellung die Diskussion weiterhin offen gehalten werden.

Kuratoren: Bernhard Balkenhol und Dr. Holger Birkholz

Zum Ende der Ausstellung erscheint ein Künstlerkatalogbuch, das einerseits die Ausstellung dokumentiert und andererseits sich erneut in Buchform der Fragestellung widmet.

Pressetext

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"arbeite mit, plane mit, regiere mit!"
Forschungsprojekt der künstlerischen Projektgruppe Reinigungsgesellschaft
für den Kasseler Kunstverein
Kuratoren: Bernhard Balkenhol, Holger Birkholz