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Der Fotograf Arne Schmitt (*1984) konzentriert sich in seiner Arbeit auf die Stadt als Lebensraum, auf gebaute Architektur, die Wege und Verhalten generiert. Als Raum alltäglicher Erfahrungen gibt sie Auskunft über die Ideen von Gesellschaft, die ihm zugrunde liegen. Arne Schmitt geht diesen Ideen nach und überprüft sie an der Gegenwart. Geräusch einer fernen Brandung (2008) nennt Schmitt eines seiner Bücher, das 70 farbige Aufnahmen von vier- bis sechsspurig befahrenen Straßen zeigt. Nicht mehr, nicht weniger. Für Manche Dinge ändern sich nie (2010) umkreist der Fotograf das nach wie vor streitbar umstrittene ‚Terminal‘ von Richard Serra (1977/1979), eine Skulptur im öffentlichen Raum Bochums, die dessen brachiale Strukturen dialektisch aufnimmt. Das Gedächtnis der Stadt (2009) fixiert die Ränder des eingestürzten Kölner Stadtarchivs an den Provisorien von Bauzäunen und Baustellen. Damit verschiebt der Fotograf auf für ihn typische Weise den Fokus: Es ist die Stadt selbst, in der sich Geschichte und Gedächtnis als Vorformatierungen der Strukturen gegenwärtigen sozialen Handelns materialisieren. 2010 begann Arne Schmitt mit einem umfangreichen Projekt. Gegenstand dieser Untersuchung war die Nachkriegsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland zwischen 1945 und 1970, die den Raum innerstädtischer Erfahrung in Westdeutschland nahezu allgegenwärtig bestimmt.

„Ausgehend von der deutschen Nachkriegsgeschichte, Begriffen wie ‚Stunde Null’, Wiederaufbau und Wirtschaftswunder, begann ich gezielt spezifische Städte in den alten Bundesländern zu bereisen, um Gebäude und städtische Formationen zu fotografieren, die für diese Zeit – etwa zwischen deutscher Kapitulation und Deutschem Herbst – als exemplarisch gelten können. So entstanden fotografische Essays, die sich beispielsweise mit dem Bonner Regierungsviertel, der Frankfurter Altstadt, dem Mainzer Rathaus oder dem Stadtzentrum Wolfsburgs beschäftigten. Diese organisierte ich argumentativ zu Themen wie der Rekonstruktion alter Stadtstrukturen, Formen neuer Repräsentationsarchitektur oder dem deutschen Brutalismus.“ (A. Schmitt, 2011)

Arne Schmitt verwendet eine betont nüchterne, lakonisch anmutende Bildsprache. Ihn interessieren Annäherungsweisen, Ansichten und Details, die eine analytisch differenzierende Auseinandersetzung ermöglichen. Welche Erfahrungen, welche Ideen von einer zukünftigen Gesellschaft und ihren Menschen und welche Funktionsvorstellungen von öffentlichen Räumen schrieben sich in diese Architekturen ein? Wo kamen die her, die sie erbauten? Welche Prägungen hatten diese Architekten in den heftigen Debatten um die Architektur der Moderne in den ausgehenden 1920er-Jahren und der Zeit des Faschismus erfahren? Welche dieser Erfahrungen wurden in den Jahren des Wiederaufbaus der Bundesrepublik Deutschland als relevant erachtet? Und welchen Umgang pflegen wir heute mit diesen Räumen, diesen Traditionen? Arne Schmitt geht dem in 282 Aufnahmen, 29 Fotoessays in 13 Kapiteln, nach. Mit WENN GESINNUNG FORM WIRD schloss Arne Schmitt im Juli 2011 sein Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (bei Elisabeth Neudörfl, im Anschluss bei Heidi Specker) ab. Wir freuen uns, anlässlich der Ausstellung im Sprengel Museum Hannover die Publikation WENN GESINNUNG FORM WIRD. Eine Essaysammlung zur Nachkriegsarchitektur der BRD (€ 32, Spector Books) präsentieren zu können.

Für das Sprengel Museum Hannover entwickelt Arne Schmitt die Installation WENN GESINNUNG FORM WIRD / VERFLECHTUNGEN. Im Zentrum stehen Überlegungen zu den sozialen, politischen und biografischen ‚Verflechtungen’ (Werner Durth) jener Architekten und Städteplaner, die die Nachkriegsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland prägten.

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Arne Schmitt
Wenn Gesinnung Form wird