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Ort: Galerie koal . Leipziger Strasse 47 / Jerusalemer Strasse . 10117 Berlin
Eröffnung: 9. September 2015 von 19 bis 21 Uhr

Die Galerie koal freut sich, vom 10. September bis 24. Oktober 2015 die Ausstellung zwei#zwei von Arne Schreiber zu präsentieren. Die Eröffnung findet am 9. September 2015 statt. Zur diesjährigen abc gallery night am 16. September wird die Ausstellung von 18 bis 21 Uhr geöffnet sein.

Betritt man die Räume der Galerie koal ist man zunächst von der präzisen Installation, der reduzierten Formensprache und der elementaren Ausstrahlung der präsentierten Arbeiten eingenommen. Beim genaueren Betrachten der Werke, erkennt man, dass für die Realisierung der großformatigen Leinwände und der filigranen Wandzeichnung lediglich zwei Farben, zwei malerische Materialien (Öl und Farbmarker) und drei unterschiedliche Linienformen verwendet wurden. In diesem Moment wird deutlich, dass den Werken dieser Ausstellung ein konzept- und prozessorientierter Ansatz zu Grunde liegen muss. Scheinbar ist das Konzept der Wiederholung für das Schaffen von Arne Schreiber von zentraler Bedeutung. Die Wiederholung ist ein universell geltendes Prinzip, das sich verantwortlich zeichnet für Sein und Werden, für Bewegung und Ruhe, für Wechsel und Dauer, für Differenz und Identität. Die Wiederholung gilt als ein tragendes Element von psychologischen Assimilationsprozessen, als eine zentrale Methode menschlichen Lernens, der Automatisierung von Funktionen sowie als Fundament unserer Gedächtnisproduktion. Wiederholung ist nicht nur verantwortlich für die Erfahrbarmachung der Welt, sondern die “ewige Wiederkunft des Gleichen“ ist selbst ein wiederkehrendes Thema geisteswissenschaftlicher wie künstlerischer Auseinandersetzung.

Arne Schreiber geht in seinen Werken den zentralen Begrifflichkeiten dieses Diskurses – Identität, Zeit und Differenz – und den Möglichkeiten der Wiederholung im künstlerischen Schaffensprozess auf den Grund. Während einer Künstlerresidenz im Schloss Wiepersdorf, Brandenburg, fernab urbaner Zwänge und umgeben von Wäldern, entdeckte Schreiber den Ast als ein individuelles Surrogat für die ihm bislang unersetzlichen Lineale. Ausgangspunkt für diese Entdeckung, ist die Beobachtung des Künstlers, dass auch zwei händisch gezeichnete, geometrische Linien, wie z.B. Geraden, niemals identisch sein können. Bereits seit einigen Jahren thematisiert Schreiber mit seinen künstlerischen Handlungsprozessen solche unvermeidbare Differenzen. Bislang waren seine Versuchsanordnungen auf die mit einem Lineal gezogenen Linien beschränkt. Die Ausstellung zwei # zwei zeigt, neben zwei schwarz-weißen Linealarbeiten, erstmals auch zwei Arbeiten, auf denen rote Linien auf hellem Grund erscheinen. Die Linien der Leinwände #595 und #596 sind, wie auch die Linienform in der Wandzeichnung #598 WZ, ungerade und wurden mit einem Ast gezogen.

Arne Schreiber hat in beiden, nahezu identischen, rotweißen Leinwänden nicht nur versucht die Linien zu wiederholen, sondern die Kreation eines ganzen Bildes. Dazu hat er die Parameter seines künstlerischen Schaffensprozesses möglichst unverändert belassen: die rote Ölfarbe, den formgebenden Ast, den Bildträger und auch den malerischen Prozess. Dieser Malakt ist bei Schreiber – nach sorgfältiger, über Tage dauernde Vorbereitung aller Rahmenbedingung und Materialien – von hoher physischer Intensität. In seinen Leinwänden – die der Künstler an der Wand hängend bearbeitet – fügt er keine Linien hinzu, sondern nur durch das konzentrierte und beständige Entfernen, genauer das Abschaben der Farbe mit einem eingetrockneten Pinsel von der Leinwand, legt der Künstler den akribischen Rhythmus der Linien frei. Die sich ergebenden Abweichungen, die sowohl auf materiellen als auch auf handlungsbedingten Varianzen basieren, sind Ausdruck der Unmöglichkeit einer Wiederholung; sie lenken unseren Fokus auf den Grenzbereich der Reproduzierbarkeit des menschlichen Ausdrucks.

Textauszug: Christian Ganzenberg / 2015