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„Für mich sind Ausstellungen yogahafte Übungen, weil ich meine Bilder auf Distanz erleben kann (…), wenn ich in anderen Räumen bin, (…) erkenne ich leichter ihre Schwächen.“ 1)

Arnulf Rainer, der 2004 seinen 75. Geburtstag feierte, hat in seiner langen Künstlerlaufbahn ein einmaliges und umfangreiches Oeuvre geschaffen. Er gilt als Forscher, Entdecker und experimentierfreudiger Maler. Die nie nachlassende Neugierde hat zu einer ständigen Weiterentwicklung seiner Arbeit geführt. Diese mündete oft in überraschende Innovationen seines Werkes und beinhaltete andererseits auch einen nie endenden Prozess von Hinterfragung und Selbstreflektion mit der Vorstellung einer angestrebten Vervollkommnung.

Die GALERIE LELONG ZÜRICH knüpft an die letzte, im Jahre 2002 gezeigte, Ausstellung an und zeigt verschiedene Werkgruppen, die zwischen 1998 und 2006 entstanden sind. Zu den „experimentellen Übungen“ 2) Rainers zählen Bilder, die Titel tragen, wie: Kosmos oder Mikrokosmos. Sie zeigen schleierartige, dünn aufgetragene, sich überlagernde intensive Farbschichten, die über porösem und aufgerautem, perforiertem und zerkratztem Holzgrund oder Karton zu fliessen scheinen. Die Bilder zeigen die Spuren der herabrinnenden Farbe, sie wirken transparent und leuchtend. Diese abstrakten Bilder laden zu Meditation und Kontemplation ein.

Daneben wird eine Serie von Zeichnungen mit dem Titel Kristall vorgestellt, die mit ihren schraffierten Farbschichten fast an Farbstudien von Gerhard Richter erinnern. Während in den Kosmos und Mikrokosmos-Bildern eine gewisse Spiritualität steckt, erscheinen die Kristall-Zeichnungen dynamisch und eher gestisch schroff. Die Farbschichten verzahnen sich und dennoch ergeben sie ein betörend schönes Farbgeflecht.

Ganz anders verhält es sich mit den überzeichneten Köpfen oder den „Figuren aus der Kunstgeschichte“3), die die Ausstellung abrunden. Die Über-Zeichnungen auf Laserdrucken von berühmten Bildern oder Skulpturen offenbaren ihre suggestive Kraft durch Rainers sensiblen Umgang mit den Motiven. Bald umschmeichelt, mal zerrissen, dann wieder die Dynamik unterstützend oder durch Ummantelung mit Farbe beschützend, betont Rainer die innere Stärke der Motive oder verstärkt das fragile Erscheinungsbild. „Klinisch gelingt es mir zu korrigieren oder zu übermalen. Nur jetzt wage ich zu zerstören, da mir Besseres daraus erwächst.“ 4)

Es offenbart sich Rainers kongenialer Umgang mit den Werken berühmter Kollegen. Manches Mal entlockt die Übermalung dem Betrachter ein Lächeln. Virtuos handhabt Rainer das „Material“, die Quellen zur Inspiration. Sein Blick wandelte sich im Laufe der Zeit vom Suchenden zum Findenden, vom Individuellen zum Universellen. Sein Gesamtwerk vereint Gegensätze wie Bejahung und Verneinung, Stille und Aggressivität in sich. Diese Ausstellung spannt einen Bogen zwischen diesen Antagonismen seines Werkes, vom schwarz übermalten Kreuz, das an ein Angekommensein, an einem Endpunkt erinnert, bis hin zu den sanft verschleierten Köpfen aus der Kunstgeschichte.

Die Ausstellung ist vom 19. April bis zum 2. Juni 2007 zu sehen. Es erscheint ein Katalog in deutscher, französischer und englischer Sprache.

1) Brigitte Schwaiger ,Ein scheues Tier, das sich verkriecht. Portrait eines Aussenseiters 2) Rudi Fuchs: Katalogtext zur Ausstellung 3) Arnulf Rainers Titel von Exponaten, die in der Ausstellung Arnulf Rainer. Triagonal – Aspekte des Gesamtwerks, 2004 in der Atterseehalle in Attersee gezeigt wurden 4) aus: Brigitte Reutner: Vom Abbild zum Bild, im Katalog zur gleichen Ausstellung, ebda.)

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Arnulf Rainer