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Eröffnung: Freitag, 22. Februar 2008, 18 – 20 Uhr 19:00 Uhr Einführung Christiane Meyer-Stoll, Konservatorin Kunstmuseum Liechtenstein.

In der Ausstellung ‚Kölner Stücke 1968-1970’ zeigt Häusler Contemporary Zürich Skulpturen und Zeichnungen des amerikanischen Künstlers Bill Bollinger (1939-1988), der in den späten 1960er Jahren zu den prominentesten Vertretern der Prozesskunst gehörte. Seine oft ephemeren und raumbezogenen Werke aus industriellen Materialien wie Aluminium, Seilen, Gummiröhren oder Maschendraht wurden in den legendären Ausstellungen ‚Live in your Head: When Attitudes Become Form’ von Harald Szeemann und ‚Anti-Illusion: Procedures/Materials’ im Whitney Museum in New York gezeigt. Nachdem sich Bollinger in den 1970er Jahren aus der Kunstwelt New Yorks zurückzogen hatte, geriet sein Werk in Vergessenheit und wurde erst kürzlich als herausragende künstlerische Position wiederentdeckt.

Bollinger und seine New Yorker Künstlerkollegen, zu denen Richard Serra, Keith Sonnier oder Eva Hesse zählten, begannen mit Materialien zu arbeiten, die bis dahin im Kunstkontext nicht verwendet wurden, allgemein verfügbar und industriell hergestellt waren und somit weder eine kunstimmanente Aufladung noch einen hohen materiellen Wert besassen. Im Zentrum stand die Beschäftigung mit deren Form- und Materialeigenschaften und das Sichtbarmachen von Prozessen, Gesetzmässigkeiten und Erscheinungen. Charakteristisch für Bollingers Schaffen ist seine Sensibilität für die Qualitäten und Möglichkeiten industrieller Produkte, die er fast unverändert belässt. Zu Kunstobjekten werden die vorgefundenen Objekte – wie beispielsweise die Schienenkreuzung einer Modelleisenbahn - vor allem durch konzeptuelle Überlegungen, welche die Aufmerksamkeit auf deren formale Eigenschaften und skulpturale und raumprägende Qualitäten lenken.

Bill Bollinger begann seine künstlerische Laufbahn als Maler und wandte sich in den 1960er Jahren der Skulptur zu, bzw. arbeitete bewusst im Grenzbereich zwischen den Gattungen. In einer Serie von 15 Zeichnungen beispielsweise bezieht sich Bollinger auf eine Bodenarbeit, in der er eine Raumhälfte mit schwarzem Graphitstaub belegte. Die so entstandene schwarze Fläche wurde an einem Ende des Raumes durch die weissen Wände scharf begrenzt, gegen die Raummitte hin blendete sie in Grauabstufungen aus. Die verwischte Begrenzung in der Mitte des Raumes bildete in ihrer Offenheit einen Kontrast zu den scharfen Kanten auf der anderen Raumseite. In den Zeichnungen wird die konkrete räumliche Situation zeichnerisch in eine Reihe von abstrakten, zweidimensionalen Bildern überführt. Bollinger verzichtet auf eine Unterscheidung in Horizontale und Vertikale, Wände und Boden werden wie eine Fläche behandelt, von Interesse sind einzig die Begrenzungen und Übergänge im Raum, die durch die schwarzen Graphitpartikel sichtbar wurden.

Die Erkundung von räumlichen Fragen liegt auch der Werkgruppe der sogenannten ‚Pipe Pieces’ zugrunde: Jeweils zwei Aluminiumröhren wurden mit einen beweglichen Gummischlauch miteinander verbunden und konnten als in sich veränderbare Objekte eingesetzt werden, um verschiedenste räumliche Situationen zu schaffen: Mal befestigte Bollinger die eine Röhre an der Wand und lehnte die andere daran, mal legte er ein Pipe Piece - einen bestimmten Winkel bildend – auf den Boden oder verwendete mehrere Pipe Pieces zusammen, um Bodeninstallationen zu schaffen.

Nach einer Reise per Frachtschiff nach Europa, auf der Bollinger den Atlantik als leicht gewölbte, scheinbar plane Oberfläche erlebte, begann er mit Wasser zu arbeiten und schuf eine Reihe von Arbeiten mit Fässern. ‚Water is life and like art it finds its own level,’ schrieb Bollinger. Aber die Kunstwelt verhält sich nicht wie Wasser. In den Jahren seines grössten Erfolgs wurde Bollinger in einem Atemzug mit Künstlern wie Bruce Nauman oder Richard Serra genannt. Wegen familiärer Probleme zog er sich ungewollt aus dem Zentrum des Kunstgeschehens zurück. Nach seinem Tod im Jahr 1988 geriet sein Werk nahezu in Vergessenheit und wurde in seiner Bedeutung bisher nur unzureichend gewürdigt.

Die aktuelle Präsentation von Skulpturen und Zeichnungen, die 1970 im Rahmen seiner beiden Einzelausstellungen in der Galerie Rolf Ricke in Köln entstanden sind, bietet Gelegenheit, das radikale Werk von Bill Bollinger wiederzuentdecken.

Die Werke von Bill Bollinger sind vom 23. Februar bis 05. April 2008 bei Häusler Contemporary Zürich zu sehen.

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Bill Bollinger
Kölner Stücke 1968-1970