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Baumgartner zeigt Bilder aus unserer unmittelbaren, vertrauten Umgebung, Stadtlandschaften, Kampfflugzeuge, einsame Straßen, aber auch – ganz aktuell – in Abendlicht getauchte Landschaften oder eine Feuersbrunst. Es sind Orte und Bilder, die wir oft sehen, jedoch nur flüchtig aus den Augenwinkeln wahrnehmen und die uns nicht bildwürdig erscheinen.

Menschliche Spuren, Straßen, Maschinen, in denen Menschen sitzen oder arbeiten (wie Autos oder Flugzeuge) sowie von Menschen gestaltete Landschaften sind die Bildthemen. Baumgartner fasziniert an Maschinen ihr Bewegungspotenzial und ihre Geschwindigkeit. An der Landschaft – allgemein gesagt unserer gestalteten Umgebung – interessiert sie die Annäherung an eine Stadtlandschaft sowie der Versuch einer künstlerischen Neudefinition von zeitgenössischer „Landschaft“ und Natur.

Mit der Videokamera filmt die Künstlerin Maschinen in Aktion oder im Stillstand. In einem nächsten Arbeitsschritt wählt sie einzelne Bilder aus, die sie am Computer umarbeitet. Für das Bild legt sie ein Linienraster fest und überträgt es auf eine Holzplatte. In langwieriger Handarbeit schneidet sie die einzelnen Linien in den Druckstock. Erst nach dem Druck ist das Bild präsent. Baumgartner verbindet das schnelle Videobild mit der mühevollen Technik des Holzschnitts und führt die Ästhetik zweier unterschiedlicher Medien zusammen. Ihre Bilder hinterfragen unser Zeit- und Geschwindigkeitsverständnis. Die Bilder sind erst in der eigenen Bewegung des Betrachters lesbar; eine aus der Ferne klare Komposition führt in der Annäherung zu einer Unschärfe. Das Motiv löst sich in Struktur auf – es ist ein anderes Bild.

Die sinnliche Erfahrung von Zeit visualisiert Baumgartner in „1 Sekunde“. Sie zerlegt eine Sekunde Videofilm in die mögliche Anzahl von 25 Einzelbildern. Die Bildfolge lässt die Flüchtigkeit der Zeit und gleichzeitig die verborgene Bilderfülle erfassen. Einzelne, kaum wahrnehmbare Einzelbilder sind sichtbar, wobei das abstrakte Medium Zeit fassbar wird.

In den Stadtansichten „Brugge I“ und „Brugge II“ (erworben 2006 durch die Förderer des Museums der bildenden Künste Leipzig e. V.) beobachtet Baumgartner aus dem fahrenden Auto heraus den Bewegungsfluss des anonymen Auto(bahn)verkehrs. Die Stadt erschließt sich einzig von der Beifahrerperspektive. Baumgartners Blick ist auf die unmittelbare Umgebung gerichtet. Ein topographischer Bezug ist nur durch den Bildtitel möglich. Die Künstlerin zeigt in ihren Stadtbildern ihre persönliche Annäherung an einen Ort, der durch die Verkehrsführung über eine genormte, anonymisierende Struktur verfügt. Darüber hinaus visualisiert sie die uns umgebende Flüchtigkeit der Bilder und setzt dem Momenthaften des bewegten Videobildes ein beständiges Bild, den Holzschnitt, entgegen. Baumgartner arbeitet seriell, oftmals in kleinen Bildfolgen mit kurz hintereinander liegenden Videosequenzen, so dass sich die zeitlichen Differenzen nicht so offensichtlich erschließen, aber auch in großen Serien, wie in der jüngst gefertigten Arbeit „Final Cut.“, in der sie die Technik des Siebdrucks wieder aufgreift, sie ihre Beobachtungen von Landschaft, Naturidylle und Katastrophen in ungewohnter Farbigkeit konfrontiert. Christiane Baumgartners Bilder sind eine visuelle Aufforderung, unsere vertraute Wahrnehmung von Zeit, Raum und Landschaft zu reflektieren. In der Verbindung scheinbar widerstreitender Materialien, Medien und Arbeitsweisen gelangt sie zu einer irritierenden wie inspirierenden Bildersprache.

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Christiane Baumgartner
Momentan