Christoph Burtscher - Arbeiten an einem Wunder

‚Arbeiten an einem Wunder’ erzählt in neun SW-Bildern von persönlicher Hoffnung auf Schutz und Heilung, von geheimnisvoller, vorübergehender Besserung – die Geschichte eines persönlich erlebten Wunders.

[Blutbild] Dafür bedient sich Christoph Burtscher fotografischer „HIV-Blutbilder“ – großformatiger Aufnahmen aus dem medizinischen Labor, wobei er die Fotografien mittels unterschiedlicher Techniken wie Ausschnittvergrößerungen, Doppelbelichtung und SW-Transformation der ursprünglichen Farbfassung abstrakter macht und verrätselt [Abstraktion]. Den konkreten Bildinhalt verraten nunmehr ausschließlich die einzelnen Bildtitel, die Untersuchungsdatum und Ausmaß der Viruslast mitteilen. [Heiligenbilder] Als Klammer für diese Blutbilder verwendet Burtscher Darstellungen von Heiligen - in der christlichen Bild- und Erzähltradition unverrückbar verbunden mit Wunderlegenden. In vielen Heiligengeschichten ist Blut ein häufiges Motiv. Zudem spielt bei der Heiligenverehrung die ihnen zugesprochene mythische Fähigkeit zu Schutz vor und Heilung von Krankheiten eine zentrale Rolle [Wunderheilungen]. Christoph Burtscher bedient sich im vorliegenden Kontext zwar der vielschichtigen Ikonografie katholischer Heiligenlegenden und bewegt sich damit innerhalb einer christlich-moralischen Metaphorik. Aber er wendet sie bewusst gegen die Perversion kirchlicher Deutungsmacht, die AIDS als „neuzeitliche Pest“ und Ausdruck einer apokalyptischen, göttlichen Gerichtsbarkeit gegen Schwule gesehen hat – und vielfach noch immer sieht. [Schutzheilige] Beide Schutzpatrone – der heilige Christophorus und der heilige Sebastian, im Mittelalter auch Schutzheilige gegen die Pest – eignen sich hervorragend für homoerotische Sehnsüchte und Projektionen.

Christoph Burtscher, *1965 in Österreich, lebt seit 1993 in Berlin. An der privaten Berliner Schule für Fotografie am Schiffbauer Damm war er Student von Sibylle Bergemann. Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen; unter anderem Teilnahme am Fotosommer Stuttgart 2005, am Toronto Photography Festival 2005 in Kanada, Kaunas Photo Days 2007 in Litauen, am Europäischen Monat der Fotografie 2008 in Wien und beim Fotofestival Lodz 2009. Seine jüngste Publikation ‚Mein Vater ist Chef – Frühe Fotografien’ ist im Frühjahr 2009 in der Salzburger edition Fotohof erschienen. v.l.n.r.: a) Hl. Christophorus mit dem Jesuskind, Masolino, vor 1431, San Clemente, Rom/ b) Zukünftiges Blutbild/ c) 1. Februar 2002: 23500 bDNA-Viruslast/ d) Hl. Sebastian, Salzburg, Linzer Gasse, 2003

Arbeiten an einem Wunder
Neun Versuche zu HIV-Blut- und Heiligenbildern von Christoph Burtscher