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Die Galerie Judin freut sich Cluj Connection 3D zu präsentieren, eine Ausstellung in der acht Künstler, die alle in der rumänischen Stadt Cluj studiert haben, Skulpturen und Installationen zeigen: Mihuț Boșcu Kafchin, Răzvan Botiș, Mircea Cantor, Radu Cioca, Ciprian Mureşan, Vlad Olariu, Cristi Pogăcean und Gabriela Vanga.

Cluj Connection 3D setzt die wegweisende Ausstellung Cluj Connection fort, die 2006 von Jane Neal gemeinsam mit dem rumänischen Künstler und Galeristen Mihai Pop (Galeria Plan B) in Zürich für Juerg Judin kuratiert wurde, der damals Direktor der Galerie Haunch of Venison war. Für die Fortsetzung in Berlin zeichnen wiederum Neal, Pop und Judin verantwortlich und es kommt zu einem Wiedersehen mit vier Künstlern der ursprünglichen Ausstellung von 2006 (Cantor, Mureşan, Pogăcean und Vanga).

In den neun Jahre seit der Zürcher Ausstellung haben Cluj und seine Künstler große internationale Anerkennung erlangt, etliche von ihnen wurden zu „Stars“ in der Museumsszene und auf dem Kunstmarkt. Doch es sind vor allem die figurative Malerei und Maler wie Adrian Ghenie und Victor Man, für die Cluj bekannt wurde Dabei arbeiten viele der Künstler der jüngeren Generation nicht nur in zwei sondern in drei Dimensionen. Sie folgen in den Fußstapfen der international erfolgreichen Multimedia-Künstler Cantor und Mureşan - und fordern die Kunstwelt zur Erweiterung ihres Blicks auf und zur Neujustierung ihrer Aufmerksamkeit gegenüber "Cluj". In ihrer Vorgehensweise sind die acht in Cluj Connection 3D ausgestellten Künstler ihren erfolgreichen Maler-Freunden ähnlicher als auf den ersten Blick ersichtlich ist: Sie verbinden äußerst solide Kenntnisse der Eigenschaften von Werkstoffen und deren technischen Handhabung mit einem fundierten Wissen über die Theorien und Bewegungen, die die Entwicklung der Skulptur im 20. und 21. Jahrhundert prägten. Sie betonen die partizipatorischen Aspekte der Skulptur und setzen beim Betrachter ein gewisses Maß an Kompetenz bei der Auseinandersetzung mit einem vorgefundenen Objekt voraus.

Viele Werke dieser Ausstellung drehen sich um die existenzielle Fragen des menschlichen Daseins. Georges Didi-Hubermann weist darauf hin, dass die Begegnung mit einer Skulptur tief sitzende Ängste vor Leere und Tod erzeugen kann. Folgerichtig ist das Memento mori eines der zentralen Themen dieser Ausstellung. Manchmal explizit in der Form des archetypischen Totenschädels (Olarius, Formula for General and Elementary Statistics, 2015), oder auch als eine diskrete Drohung, wie die kaum wahrnehmbare Klinge eines Messers, das sich zwischen den Blättern einer Agave versteckt (Botis' Hidden Knife, 2009/15).

Viele Künstler greifen auf die klassische Skulptur der Antike zurück. Die Figur des Heroen (Pogăceans Optimus Prime, 2014 – die gigantische Neuinterpretation eines Charakters der "Transformers"-Spielzeugserie) und Artemis, die Göttin der Jagd (Vangas No Secondary Thought, 2011 – ein Pfeil und Bogen vollständig aus Lego kreiert) werden aktualisiert und neu kontextualisiert. Diese sehr bildhaften Symbole werden in der Ausstellung mit weniger eindeutigen Ausdrucksformen kontrastiert, wie sie sich in der ausufernden Installation aus Altmetall von Boșcu Kafchin finden lassen und in der Poesie von Ciocas Inner Song (2010/14), das zwei Porzellantauben zeigt, deren Körper sich gegenseitig durchstossen. Auch Humor und Ironie zeigen sich in vielen Werken der Ausstellung und bieten ein Gegengewicht zu den ernsteren Themen. Ein schönes Beispiel von schwarzem Humor ist Mureşans 1:666 (2014), sein Bronzemodell einer geplanten neuen Kathedrale, die in Bukarest wegen ihrer Gigantomanie und Lage (genau gegenüber von Ceausescus verrufenen „Volkspalast“) zu Kontroversen geführt hat. Der Titel, der sich auf den Maßstab des Modells bezieht, macht klar, dass der Künstler diese Kathedrale für ein teuflisches Projekt hält.

Während sich die Künstler bei ihren formalen Fragestellungen dankbar und lustvoll im Fundus der Mythen und Volkstraditionen bedienen, sind auch Bezüge zur Populärkultur augenfällig. In einer der überraschendsten Installationen, Mircea Cantors Hypothetical Geriatric Selfie (2014/15), bietet der Künstler dem Besucher ein Hintergrundsujet für die allseits beliebten „Selfies“ an. Es handelt sich um ein riesiges Loch in der Form eines Sterns, das er mit brachialer Gewalt in eine der perfekten Ausstellungswände gebrochen hat - und mithin auch um einen Kommentar zur Ästhetisierung der Kunstpräsentation im "white cube".

Cluj Connection 3D versammelt 23 Skulpturen, Installationen und vorbereitende Zeichnungen. Interessanterweise passt das Zusammenspiel von kühn ausgeheckten Objekten mit verspielten Konstruktionen, von äußerst kritischen Installationen mit humorvollen oder ironischen Interventionen und das Vermischen von unterschiedlichsten Einflüssen und künstlerischen Anliegen, ziemlich gut zur Lebendigkeit von Clujs kulturellem Erbe. Die Stadt war historisch immer schon multikulturell geprägt, herausfordernd und unbeständig. Ungefähr auf halbem Weg zwischen Bukarest und Budapest, an der Kreuzung von Völkern und Imperien gelegen, und durch eine buntgemischte Bevölkerung aus Ungarn, Sachsen, Juden und den nun vorherrschenden Rumänen geprägt, waren Cluj und das übrigeTranssilvanien schon immer eine kulturelle Hochburg.

Jane Neal ist eine führende Expertin für die zeitgenössische Kunst Osteuropas. Sie schreibt für eine Vielzahl internationaler Publikationen und ist Mitverfasserin des vor kurzem erschienen Buchs Cities of the Future: 21 Century Avant Gardes (Phaidon). Sie hat von der Kritik gefeierte Ausstellungen in Austin, Berlin, Budapest, Dubai, London, Los Angeles, Mailand, Mumbai, New York, Prag und Zürich kuratiert. Zu ihren jüngsten Ausstellungen zählen This Side of Paradise für S½1 in London (2014) und Nightfall: New Tendencies in Figurative Painting im MODEM Centre for Contemporary Arts im ungarischen Debrecen (2012) und im Rudolfinum in Prag (2013). Neal studierte an der Oxford University und am Courtauld Institute, London. Sie lebt und arbeitet in Oxford und London.