press release only in german

Nach den Ausstellungen "Otto Dix. Der Krieg - Radierwerk 1924" (1999) und "Gert H. Wollheim - Phantast und Rebell" (2000) widmet das August Macke Haus einem weiteren Vertreter der Zweiten Generation der Expressionisten eine monographische Ausstellung. Conrad Felixmüller (1897-1977) hat wie kein anderer Künstler seiner Zeit den Menschen in den Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens gestellt. Nach kubo-expressionistischen Anfängen, die das damals herrschende "Oh Mensch"-Pathos aufgreifen, findet Felixmüller im Menschenbild zu einer beruhigteren Formensprache, welche die "condition humaine" in mannigfaltigen Facettierungen realistisch zu schildern weiß.

Die präsentierten Meisterblätter stammen aus der wohl bedeutendsten Privatsammlung mit graphischen Arbeiten von Conrad Felixmüller und werden durch einzelne Arbeiten aus nordrhein-westfälischen Museen ergänzt. Diese signifikanten, z.T. selten gezeigten, druckgraphischen Blätter werden im August Macke Haus in vier Abteilungen präsentiert, die eine Wegleite zur Themen- und Ideenwelt Felixmüllers bilden.

Mit der unmittelbaren Ausdrucksschärfe der Druckgraphik reagiert Conrad Felixmüller auf die Folgen des Ersten Weltkrieges, die deutsche Revolution von 1918 und Leben der Arbeiter, das er auf einer Reise durch das Ruhrgebiet 1920 als Zeitzeuge kennenlernt. Seine mitfühlende und intensive Schilderung der Zustände läßt ihn bei politisch motivierter Parteinahme zum Zeitzeugen gesellschaftlicher Umbrüche werden. Dabei werden die beiden Lithographien "Soldat im Irrenhaus" I und II seit langer Zeit wieder in einer Ausstellung nebeneinander zu sehen sein.

Durch Conrad Felixmüllers Porträtdarstellungen von berühmten Persönlichkeiten werden die biographischen Verflechtungen zwischen Literatur, Musik und Kunst in der Weimarer Republik und deren besondere lokale Ausprägung in Dresden und Berlin anschaulich. Während frühe Arbeiten für Herwarth Waldens "Sturm" schließlich zu einer Beteiligung an der "Novembergruppe" und der langjährigen Mitarbeit an Franz Pfemferts politisch-feuilletonistischer Zeitschrift "Die Aktion" führen, sind auch die Kontakte zur rheinischen Kunstszene nachzuweisen. Freunde, Förderer und Zeitgenossen aus diesen Zirkeln werden von Felixmüller immer wieder porträtiert und geraten so zu einer Galerie intellektueller Charakterköpfe der Weimarer Republik.

Die Familienbilder lassen sich als allgemeingültige Formulierungen zu Glück, familiärem Zusammenhalt und der Kraft der Liebe lesen, die für den Künstler nicht nur in den schwierigen 30er Jahren ein Rückzugsrefugium und eine Quelle der privaten, künstlerischen Inspiration war. Felixmüller inszeniert auf diese Weise Gegenwelten zu einer oft als unmenschlich empfundenen Lebenswirklichklichkeit.

Auch den Selbstbildnissen wird ein eigener Raum gewidmet: Dabei ist u.a. der selten gezeigte Graphik-Zyklus "Ein Malerleben" (1927) zu sehen, der exemplarisch von den Schwierigkeiten des Künstlertums in einer unruhigen Zeit kündet.

Diese intimen Selbstbefragungen Felixmüllers sind aus allen stilistischen Schaffensphasen zahlreich nachweisbar und somit ein nuancenreicher Indikator für die steten Wandlungen von Kunst- und Lebensanschauung, denn es ist "die Welt, die ich als Mensch wahrhaft kenne, da ich sie selbst um mich, durch mich geschaffen habe und die in meinem Inneren fließend erlebt wird ohne Spekulation auf Kunst, Motiv oder zeitgemäße Sensation. So daß ich von meiner Kunst zu sagen wage, in ihr ist nur das gestaltet und wiedergegeben, was ich selbst gesehen, erlebt und erfühlt - als Gegenstand, in der Empfindung wie in der Form."

Es erscheint ein reich bebilderter Ausstellungkatalog mit Beiträgen von Margarethe Jochimsen, Peter Daners, Katja Schettler, Elizabeth M. Grady, Klaus Türk, Simone Scholten, und Wolfgang Kobbe. Der Katalog enthält außerdem erstmals das vollständige Ausstellungsverzeichnis von Conrad Felixmüller.

Pressetext

only in german

Conrad Felixmüller - Strudelnd im Strom der Zeit
Kurator: Peter Daners