press release only in german

Durch die Neuinterpretation moderner Skulptur und minimal infizierten Designs vermittelt die sorgfältig gestaltete Kunst des Amerikaners Corey McCorkle eine transformative Erfahrung. Seine Objekte beruhen auf einer Neubewertung des transzendentellen Gedankens. Sie laden ein zur Meditation über konzeptuelle Kuriositäten in Städtebau, Architektur, industriellem Design und Grafik. Mittels Untersuchungen des flüchtigen Raumes beschreiben sie die Anatomie der seherischen Erfahrung. McCorkle ist der Ansicht, dass die Ästhetik unsere Gemütsstimmung beeinflusst und eine innere Wandlung unterstützen kann. Seine Eingriffe kombinieren Minimalismus und Barock. Trotz ihres Hanges zum Kosmischen sind viele seiner Werke in den Bereichen Innenarchitektur, Städtebau und orthopädisches Design anzusiedeln. McCorkle greift zurück auf die New-Age-Konzepte von Transzendenz und Heilen und veranlasst uns zu überlegen, ob wir diesen im ersten Durchlauf den ihnen gebührenden Respekt gezollt haben. Wie ein Gott-ähnlicher Regisseur, der seine gefallenen Schäfchen auf Teufel komm raus erretten will, scheint McCorkle zu schreien: "Zweite Klappe! Diesmal mit weniger Gefühl und mehr Konzentration!"

McCorkle kam 1969 als Kind des 68er Sommers der Liebe zur Welt. Seine vorstädtische Kindheit war geprägt von den Experimenten seiner Mutter mit New-Age-Praktiken. Er meint, dass vieles von dem, was er da beobachtet habe, kurios gewesen sei. Doch sein Werk enthält keine Spur von Zynismus. Ganz im Gegenteil. Wie der Junge in E.T. agiert McCorkle als hilfreicher Begleiter auf der Reise – der Wille zu helfen spricht aus vielen seiner Werke, zum Beispiel aus seiner Installation New Life Expo (1997). Diese besteht aus fünf Sesseln, die der Künstler speziell für seine Ausstellung im Chicago Convention Center entworfen hat. Hier setzt er nahezu überdeutlich ein Element ein, das den ganzen Gebäudekomplex durchzieht – Teppichbelag. Die wichtigste visuelle Komponente des üblicherweise dem Kommerz und damit verbundenen Grossanlässen geweihten Zentrums wird hier in eine gekrümmte Form gebracht und dient nun der Reise ins Meditative. Halb fliegender Teppich, halb barocke Rondelle laden diese getarnten Objekte auch zum Missbrauch ein. Die Sessel, die aussehen wie Jugendstil-Engelsflügel, sollen aber die darin sitzende Person in der Lotus-Stellung halten. Die Installation ist mit grösster Hingabe an gute Verarbeitung bis ins letzte Detail – Perfektion als Nirvana? – gestaltet. McCorkle meint, dass sie „zu funktionieren drohe“. Er erwartet allerdings von den BesucherInnen nicht, sich in seiner Installation niederzulassen. Ebensowenig behauptet er, dass wir durch deren Anblick eine transzendente Erfahrung erleben werden. Doch könnte seine Installation uns dazu anregen, eine solche zu suchen.

Nebst Objekten zur Erleichterung spiritueller Erfahrungen befasst sich McCorkles Werk auch mit Valenz, insbesondere mit dem Filtern natürlichen Lichts durch verschiedene Materialien. Für die Kunsthalle Bern entstehen mehrere neue Werke, die sich damit auseinander setzen, wie wir natürliches Licht sehen und beeinflussen können. Im Hauptsaal installiert er ein Schwarzes Oberlicht in Form eines gequilteten Todessternes im Kunststil der wiederauferstandenen Hochgotik. In einem anderen Werk will der Künstler ein grosses Stück Silberfolie verwenden, die am Internationalen Institut für Weltraumforschung der Universität Bern für die Mondexpedition von 1969 entwickelt wurde. Fernab von der verschmutzten Erdatmosphäre wurden in diesem Segel auf dem Mond die Isotopen aus der direkt einfallenden Sonnenstrahlung eingefangen. Die Folie diente zur Untersuchung der genauen chemischen Zusammensetzung der Sonnenstrahlung. Sogleich ist McCorkle die emotionale Note in dem kalten, aber von der Sonne geküssten Folienmaterial, mit dem der reine Sonnenwind geerntet wurde, aufgefallen. In einer e-Mail an Professor Geiss, der das Sonnensegel an der Universität Bern entwickelt hat, schreibt McCorkle: “Während der Arbeit an der Berner Ausstellung habe ich mir überlegt, wie ich dieses historische Element in eine gänzlich neue Arbeit integrieren könnte. Wenn ich genügend Folie erwerben kann, möchte ich grosse, quadratische, mit Helium gefüllte Kissen machen, ähnlich denen von Warhol aus dem Jahr 1966 (vielleicht arbeiteten Sie zu der Zeit gerade an Ihrem Segel). Die Ballone würden zu Beginn der Ausstellung an die Decke steigen, dort eine Weile hängen und mit der Zeit – während der Ausstellung – wieder zu Boden sinken und dort liegen bleiben.“

Corey McCorkle (*1969, La Crosse, USA, wohnt und arbeitet in New York). Dies ist seine erste Einzelausstellung in der Schweiz. Seine Arbeiten waren bisher in folgenden Museen und Galerien zu sehen: Sculpture Centre und PS1/MOMA, New York; The Suburban, Chicago; Bonner Kunstverein, Bonn; Speak For Gallery, Tokyo; objectif_exhibitions, Antwerp; Galeria Fortes Vilaça, Sao Paolo; Maccarone Inc. Gallery, New York; Stephen Friedman Gallery, London; Triple Candie, New York; Mary Goldman Gallery, Los Angeles; MurrayGuy Gallery, New York; The Renaissance Society, Chicago; Arnolfini Museum, Bristol; The Drawing Center, New York.

Pressetext