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Die Ausstellung „crash“ vermittelt dem Betrachter Bilder, die sich in ganz unterschiedlichen Dimensionen der Wahrnehmung von „Zusammen-brüchen“ befinden. Psychische, physische, formal-inhaltliche und kulturelle Kollisionen bilden das Spannungsfeld dieser sechs Positionen.

Güsüm Güler setzt sich mit der Schnittstelle türkischer und deutscher Jugendkultur auseinander, die in ihrem eigenen Freundeskreis aufeinander trifft. Die eigenwilligen Portraits dieser Personen beschreiben Lebenshaltungen und soziologisches Umfeld auch ihrer eigenen Welt. In den Zeichnungen von Grit Hachmeister spielt der Körper die zentrale Rolle. Schmerz und Erotik liegen nah beieinander und berühren sich. Gesten der Hilfestellung sind verwechselbar mit Demütigungshandlungen. Betrachtende Blicke streifen über die Haut, Begehren reibt und scheuert – unausweichlich sind psychische und physische Verletzungen. ”Der Körper, die kleine Mißgeburt!” wird dem Begaffen ausgeliefert. Blicke können töten, die Bilder laden dazu ein, sich ihrer zu bemächtigen.

Wie sehr die menschliche Behausung dazu neigt, sich in ihr Gegenteil, in Chaos und Verwirrung zu verkehren, zeigt auf sehr radikale Weise die Arbeit „moving day“ von Susanne Kutter. In einem Baukontainer wird ein Wohnzimmer eingerichtet. Anschließend transportiert ein Lkw den Container zu einem neuen Standort. Während der Fahrt gerät die Wohnzimmereinrichtung in Bewegung, bis der gesamte Raum in sich zusammengefallen ist. Dass die eigenen „vier Wände“ eine komplexe Problemzone sind, lässt sich an der Entwicklung sines Interieurs ablesen. Tessa ist der Name einer Chinesin, die Erik van Lieshout während eines Auslandsstipendiums in Xiamen, China, kennengelernt hat. In den 3 Monaten dort wollte Van Lieshout eigentlich einen Kung-Fu-Film drehen, als er allerdings in einem Kentucky Fried Chicken von der 20-jährigen Tessa angesprochen wurde, kam alles erst mal ganz anders. Auf ihr Bitten hin, ihr doch Englisch beizubringen, begann er sie zu unterrichten. Es wurden bald mehr und mehr Frauen die sich dem Kurs anschlossen, und aus dem Englischkurs entstand eine kleine Frauenbewegung. Als Erik van Lieshout nach China ging um seinen Film zu drehen nahm er eigentlich an, die Frauen dort wären bewandert in Kampfsportarten. Doch die Position der Frau in China erwies sich generell als eine sehr schwache innerhalb der Gesellschaft - die Frauen denen er Englisch beibrachte warteten eigentlich nur auf einen Mann, und bereiteten sich auf das Eheleben vor. Und so beschloss Van Lieshout, die ursprüngliche Idee für seinen Film im Kopf, den Frauen selbst Kampfsport beizubringen. Er übte Tai-Chi mit ihnen, später Tae-Kwon-Do, dann Kung-Fu und Schwertkämpfe. Schliesslich ging er mit ihnen in die Öffentlichkeit und performte mit der Gruppe, deren Selbstwertgefühl er über die Zeit aufbauen hatte können. Die enstandenen Zeichnungen sind „Stills“, die aber nach Änderung der Filmidee enstanden sind.

Markus Willeke setzt sich immerwieder mit dem Einfluß des amerikanischen ikonografischen Horizonts auseinander. Ihn interessieren ihn Kombinationen von Schrift und Raum, Zeichen und Zitat, die er in eine energetische Farbmalerei übersetzt. Dazu bedient er sich immer wieder unterschiedlicher Quellen und Vorlagen, zum Beispiel Fotografien, Comics, Filmszenen, Zeitungsmeldungen oder anderer medial vermittelter Bilder, die er dann unter malerischen Aspekten filtert und verknüpft. Willekes Bildwelten bezeugen keine primäre Wirklichkeit, sondern erscheinen als Fragmente von Geschichten und Geheimnissen. Ins Übergrosse transformiert oder in einen ungewohnten Kontext gesetzt, erhalten gewohnte Alltagsbilder und Figuren eine neue Dimension und vermitteln eindringlich ihren Einfluss auf unsere kulturelle Identität.

In der Arbeit von Arthur Zalewski kollidieren Dinghaftigkeit und Bedeutung, bzw. Funktion und Autonomie des Objektes. Zalewski nimmt ein geparktes und abgedecktes Motorrad als Objekt auf und präsentiert das Volumen und die Konturen der Maschine als eine vom Orginal abgegossene Skulptur. Die sich durch die stillgelegte Maschine aufdrängenden Bilder von motorisierter Freiheit, Sehnsucht und Stillstand werden durch die Präsenz des verwandeten Materials und seiner Bearbeitung in den Hintergrund gedrängt. Die glatte Fieberglasoberfäche ist an manchen Stellen spröde, rissig und teilweise verschmutzt. Die einzelnen Teile der Abgußformen sind nachlässig und unsauber miteinander verklebt. Die Skulptur entzieht sich damit der Klarheit und Präzision eines detailgetreuen Modells. Aber nicht nur im materiellen Sinne verweigert sich das Objekt dem klaren Verweis auf die Realität; der Bruch mit handwerdklicher Genauigkeit, erzeugt auch eine Unschärfe auf der Ebene der Deutung und annulliert die einfache Gleichung von Motorad = Mobilität. Technik, Dynamik und Mythos werden weniger durch die dargestellte Verhüllung aufgelöst, als vielmehr durch die Transformation des Abgestelltseins in einen Zustand, der nicht Sinnfälligkeit, sondern Objekthaftigkeit betont.

Maik Schlüter

Pressetext

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Crash

mit Gülsüm Güler, Grit Hachmeister, Susanne Kutter, Erik van Lieshout, Markus Willeke, Arthur Zalewski