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Anlässlich des 100-jährigen Bauhaus-Jubiläums präsentiert die Kunsthalle Osnabrück die Ausstellung Crossing Lines, deren Konzept auf einem Fund in László Moholy-Nagys künstlerischem Nachlass basiert: einem analogen Abdruck seiner Hand von 1926. Der ungarische Künstler, eine führende Figur des Bauhauses, interessierte sich für Handlinien- und Zukunftsdeutungen und für die Theosophie. Letztere verbindet, aus der historischen Distanz betrachtet, nur vordergründig rationale und spirituelle Elemente der Menschheit, instrumentalisiert tatsächlich aber die Rationalität, um eine nur scheinbar auf ein gerechtes Gesellschaftsmodell abzielende Weltordnung zu legitimieren. Es lässt sich also in gewisser Weise aus Moholy-Nagys Handlinien jene Zukunft ablesen, die als „Moderne“ in den 1920ern bereits die fundamentalen Fehlentwicklungen zu Tage treten ließ.

Crossing Lines öffnet einen kuratorischen Reflexionsraum, der die Institution Bauhaus als ein Beispiel betrachtet, an dem sich die Idee der Moderne manifestierte. Dazu sind sechs zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler eingeladen, die Rolle des Rationalismus gegenüber einer unbestreitbaren Präsenz spiritueller Elemente in der menschlichen Natur zu untersuchen und dabei unserem Bedürfnis, lebensweltlichen Zeichen weiterführende Bedeutungen beizumessen, nachgehen. Die ausgestellten Werke umfassen sowohl bereits ausgestellte Arbeiten als auch eigens für die Ausstellung geschaffene Neuproduktionen.

Geplante Installationen (Stand 9. Juli 2019):
Heba Y. Amins (*1980, Kairo, Ägypten) Installation „A Rectilinear Propagation of Thought“ basiert auf ihren Beschäftigungen mit Grundformen der Optik, ausgehend von dem Schriften des islamischen Mathematikers, Optikers und Astronomen Alhazen (Basra, Irak, 965 – 1040, Kairo, Ägypten).

Jakob Gautel (*1965, Karlsruhe) zeigt eine Reihe von Fotografien und Archiv-Objekten, die während der Künstlerresidenz in Dessau am Bauhaus-Archiv entstanden sind. Die künstlerischen Forschungen widmen sich vorrangig dem Bauhaus-Bezug seiner Großeltern, von denen zwei hier ein Studium absolviert haben.

Olaf Holzapfel (*1967, Dresden) wird drei Arbeiten zeigen: Eine Komposition aus drei seiner Heubilder (2018-19), einen Digitalabdruck (2008) und einen Film (2017). Holzapfel beschäftigt sich mit Codes, die in natürlichen Elementen eingelassen sind und der Art und Weise, wie wir sie wahrnehmen.

Reuven Israel (*1978, Jerusalem, Israel) zeigt vier Arbeiten: Die Skulpturen aus der Serie „As Above, So Below“ (2016-17) weisen subtil darauf hin, dass wir stets Links zwischen Objekten herstellen, die unsere Neugier auf etwas „Anderem" wecken sollen. Obwohl das Religiöse nicht direkt angesprochen wird, sind seine Werke sehr evokativ.

Kostis Velonis (*1968, lebt und arbeitet in Athen) entwickelt eine neue Arbeit: Seine Skulptur ist inspiriert von dem Werk der Bauhaus-Künstlerin Alma Buscher. In diesem Zusammenhang plant er eine größere Installation aus Sperrholz, die vor Ort realisiert wird.

Jan Tichy (*1974 in Prag, lebt und arbeitet in Chicago) plant eine ortsspezifische Installation mit Sand und Holzständern, in der auch die Objekte der anderen Künstlerinnen und Künstler integriert sein werden. Eine wichtige Rolle spielt auch diesmal die Architektur der ehemaligen Dominikanerkirche. Zudem wird es eine Arbeit geben, die kürzlich im Rahmen von Workshops in Modena und Prag mit dortigen Studierenden entstanden und von Moholy-Nagy's Handabdruck inspiriert ist.

Die Kuratoren:
Christian Oxenius (*1982, Köln) ist ein deutsch-italienischer, unabhängiger Kurator, Autor und Forscher, der in Athen lebt. Er promovierte an der University of Liverpool über Biennalen als institutionelles Modell, was zu einer Zusammenarbeit mit der Athener, Liverpooler und Istanbuler Biennale führte, mit anschließender Ernennung zum Forschungsleiter der IBA (International Biennial Association).

Zu seinen wichtigsten, kuratorischen Projekten gehören: Nurseries of the Unconscious, A Hollow Place / Yellow Brick (2019 Athen, mit Unterstützung des Outset Contemporary Art Fund und NEON); The Smith and the Cave, A Hollow Place (2018 - Athen); AQUA Happenings, in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Adelina von Fürstenberg (2018 - Stresa); Alles ist zu wagen – in Zusammenarbeit mit der Kuratorin Kalliopi Lemos, Gazelli Art House (2018 - London); Postcards from Tarlabasi, (Parallelveranstaltung 2017 Istanbul Biennale); Çanakkale Art Walk – Homeland (2017 - Osnabrück); Athen Biennale 2013 Agora, als Mitglied des Kuratorenteams.

2018 erschien sein erster Roman „Ein zeitgenössisches Kunsterlebnis“. Er beschreibt darin eine Reise, die inspiriert wurde von Rene Daum als Mount Analogue. Von SKIRA wurde sie unter der Fragestellung veröffentlicht, ob und wie eine neue Sprache entwickelt werden kann, zeitgenössische Kunst kritisch zu diskutieren.

Jan Tichy ist in Prag geboren, studierte Kunst in Israel und erhielt seinen Master of Fine Arts an der School of the Art Institute of Chicago, wo er derzeit als Professor Fotografie sowie Art&Technology unterrichtet.
Wichtige Einzelausstellungen: MCA Chicago, Santa Barbara Museum of Art, Wadsworth Atheneum Museum of Art, Museum of Contemporary Photography in Chicago, Chicago Cultural Center, Tel Aviv Museum of Art, CCA Tel Aviv. Jan Tichys Werke sind in musealen Sammlungen vertreten, u.a. im Museum of Modern Art in New York, dem Israel Museum in Jerusalem, der Magasin Stockholm Kunsthall, dem Indianapolis Museum of Art.
Der Künstler engagiert sich in kommunalen Projekten in den USA; eines davon ist „Expanded Moments“, das in 2016 die Grundlage des Konzepts von „Changing Osnabrück“ lieferte, einem Kunstvermittlungsprogramm, das Jan Tichys Ausstellung „Installation Nr. 29 (Neues Rathaus)“ in der Kunsthalle Osnabrück begleitete.