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Der gebürtige Solothurner Cuno Amiet (1869-1961) ist einer der berühmtesten Schweizer Maler. Dass er daneben auch ein hervorragender Zeichner war, geht oft vergessen. Seine Arbeiten auf Papier wurden denn auch selten ausgestellt, und ebenso fehlt eine grössere Aufarbeitung in einem Katalog. Mit Hilfe des Amiet-Nachlasses und dank der Zusammenarbeit mit dem Schweizerischen Institut für Kunstwissenschaft (SIK) wird diese Lücke nun geschlossen. Mit Viola Radlach vom SIK konnte eine der besten Kennerinnen des Schaffens von Cuno Amiet für eine Zusammenarbeit gewonnen werden.

Wie die Amiet-Retrospektiven zur Malerei in den Kunstmuseen von Bern und Genf (1999/2000) beschränkt sich die Auswahl auf das bedeutende Frühwerk. Anhand von rund 120 Exponaten der Jahre 1887 bis 1919 werden alle Techniken auf Papier vorgestellt: Aquarell, Pastell, Gouache, Zeichnung und Druckgraphik. Der Bogen reicht von Amiets Ausbildungsjahren in München (1886-88) und Paris (1888-92) über seinen Aufenthalt im bretonischen Pont-Aven (1892/93) bis hin zu den ersten rund zwanzig Jahren auf der Oschwand (1898-1919).

Einen der Höhepunkte der Ausstellung bildet das zeichnerische Schaffen aus Pont-Aven, das in der Sammlung des Kunstmuseums Solothurn mit mehreren Blättern sowie einem Skizzenbuch vertreten ist. In diesen wertvollen Arbeiten besticht die Klarheit der Linie, mit der Landschaften und Dinge, Menschen und Tiere umrissen sind. Wie im anschliessenden Jugendstil ist die Fläche betont; Linie und Form werden zu eigenständigen Elementen einer stark abstrahierten Darstellung. Kurz nach der Jahrhundertwende entstehen Amiets erste Holzschnitte, die in ihren kühnen, schlagend einfachen Kompositionen den Einfluss des Japonismus reflektieren. Die farbigen Blätter gehören zum Besten der Schweizer Druckgraphik im 20. Jahrhundert.

Als Zeichner bedient sich Amiet wie beim Malen verschiedener Stile: Während die Arbeiten aus Pont-Aven durch die Geschlossenheit und Eleganz der Linien bestechen, werden diese bei den etwas späteren Blättern in Striche und Punkte gebrochen. Unter dem Einfluss von Vincent Van Gogh entwickelt sich ein dynamischer Duktus, der die ganze Zeichenfläche ins Vibrieren bringt. Nur phasenweise ist Amiets Zeichnen dagegen vom deutschen Expressionismus geprägt, obwohl er seit 1906 der deutschen Künstlergruppe "Die Brücke" um Kirchner und Heckel angehörte. Die Motive werden bei diesen Arbeiten in schnellen, jedoch sehr präzisen Setzungen aufs Blatt gebracht. Manche der schwungvollen, offenen Tusche-Zeichnungen erinnern an die Kunst fernöstlicher Kalligraphie. Ebenso wichtig wie Linie und Komposition ist das Kolorit. Auch bei vielen seiner Arbeiten auf Papier zeigt sich Amiet als Meister der Farbe. Ein grosser Teil der Exponate ist denn auch farbig. Selbst bei seinen unter dem Einfluss von Giovanni Segantini entstandenen feinen Strichzeichnungen benutzt er neben dem Bleistift auch Farbstifte. Zu den schönsten farbigen Blättern gehören zweifellos die Aquarelle, die während den Besuchen bei seinem Freund Giovanni Giacometti in der Gegend von Maloja enstanden sind. Schlagend einfach ist die Formgebung von See und Bergen, strahlend das Kolorit in spannungsvollen Kontrasten von kalten und warmen Tönen. Für die Ausstellung ist es gelungen, diese Meisterwerke der frühen Moderne aus verschiedenen Privatsammlungen zusammenzutragen. Anhand der Reihen ähnlicher Motive wird ersichtlich, wie bewusst Amiet den Prozess der Abstraktion vorantreibt und gleichwohl dem Sujet verpflichtet bleibt.

Die Ausstellung ist weitgehend chronologisch gegliedert. In Vitrinen werden zudem mehrere Skizzenbücher präsentiert, die Amiets unermüdliches Zeichnen dokumentieren.

Zur Ausstellung erscheint im Kehrer-Verlag Heidelberg ein reich illustriertes Katalogbuch mit mehreren Texten (160 Seiten, 80 Farbabb., 71 s/w-Abb., 49 Franken).

Christoph Vögele

Pressetext

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Cuno Amiet
Frühe Arbeiten auf Papier