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Mit einer Neupräsentation meldet sich Cy Twombly im Obergeschoss des Museums Brandhorst zurück. Und zwar mit einer retrospektiven Auswahl von Gemälden, Skulpturen, Zeichnungen und Fotografien aus den frühen 1950er-Jahren bis hin zu einem Bild aus Twomblys allerletzter Werkserie, die er 2011 kurz vor seinem Tod fertiggestellt hat. Mit mehr als 200 Werken – von denen die Hälfte nun zu sehen sein wird – aus unterschiedlichen Schaffensperioden verfügt die Sammlung Brandhorst über die bedeutendsten Bestände des Künstlers in Europa.

Twombly hat dem jeweiligen Ort, an dem seine Werke entstanden sind, Zeit seines Lebens eine zentrale Bedeutung beigemessen. Insbesondere in seinen Fotografien spielt Twombly vielfach auf den Arbeitsprozess und die besondere Atmosphäre bei der Entstehung seiner Bilder und Skulpturen an. In seinen Interieurs gelingt es Twombly, seine Wohnräume zu poetischen Orten der Imagination zu steigern, in denen sich Natur und Kultur, Banalität und verfeinerter Geschmack begegnen. Paradigmatisch wurden deshalb die Fotografien den monumentalen Rosen gegenübergestellt, die Cy Twombly eigens für den zentralen Saal im Obergeschoß des Museums gestaltet hat. Sie reflektieren den Kontext seiner Entstehung: intime Szenen aus Twomblys Atelier, Zitronen aus seinem Garten, Strandaufnahmen, knallig-bunte Aufnahmen von Süßwaren und poetischen Blumenarrangements. Sie alle vermögen das weite Spektrum von Twomblys Rosendarstellungen zu veranschaulichen.

Erstmals seit der Eröffnung sind alle 18 Skulpturen der Sammlung Brandhorst ausgestellt. Es handelt sich dabei um Zusammenstellungen alltäglicher Gegenständen, die er seinem unmittelbaren Lebensumfeld entnommen hat: ein Besenstil, ein Lineal, Reste von Wein- und Olivenölfässern, eine Johnnie Walker-Whisky Holzkiste. Ausgehend von diesen „niederen“ Materialien lässt Twombly ein ganzes Panorama an Traditionen und Stationen der Kunstgeschichte Revue passieren. Es tauchen Anklänge an archaische Kuroi und antike Inschriften auf, an ägyptische und persische Monumente, an afrikanische Fetischobjekte, an neoklassizistische Figuren, bis hin zu Referenzen auf moderne Kunstströmungen wie Dadaismus und Arte Povera.

Neuerwerbung Erstmals wird auch eine Neuerwerbung von Cy Twombly für den Besucher zu entdecken sein. Es handelt sich um das Werk „Untitled (Camino Real)“, 2011. Cy Twombly hinterließ 2011 eine Serie von Bildern in seinem Atelier bei Gaeta. Rote, gelbe und orangene Schleifen ziehen sich über den hellgrünen Grund und bilden leuchtende Farbakkorde. Während des Malprozesses hat Twombly die breiten Pinsel an lange Stöcke gebunden. Angesichts der Dynamik in den ausladenden Schwüngen könnte man fast den Eindruck gewinnen, Twombly habe mit seiner „Stock-Technik“ seinem alternden Körper einen erweiterten Aktionsradius geben wollen.

Der 1928 in Lexington, Virginia, geborene Cy Twombly ist einer der einflussreichsten Künstler der Gegenwart. Ausgehend vom Abstrakten Expressionismus entwickelte er einen eigenwilligen gestischen Stil mit schriftartigen, „linkischen“ Zeichen, die er auf großformatigen Leinwänden ins Monumentale steigert. Kein anderer Künstler des 20. Jahrhunderts hat sich dabei so bedingungslos auf den „Nullpunkt“ der modernen Kunst eingelassen wie Twombly. Schreibübungen von Kindern, gedankenverlorenes Gekritzel und Graffitis auf Hauswänden dienen ihm als zeitgenössische Ausgangspunkte, um den Erfahrungsgehalt mythischer Erzählungen zu aktualisieren und einen Bogen zu den großen Themen der mediterranen Kulturgeschichte zu spannen. In seinen letzten Lebensjahren hat Twombly ein beeindruckendes Spätwerk geschaffen, das an malerischem Reichtum an die späten Schaffensjahre von William Turner und Claude Monet erinnert.

Cy Twombly und München
Zeit seines Lebens war Twombly mit dem kulturellen Leben Münchens eng verbunden. Bereits in den 1960er-Jahren setzt seine Beziehung zu München mit der Freundschaft zu Lothar Schirmer ein, der in seinem Verlag Schirmer/Mosel zahlreiche Kataloge, Monographien und Werkverzeichnisse des Künstlers betreuen sollte. Seit den 1970er Jahren stellte Twombly regelmäßig in München aus: bereits 1973 präsentierte das Lenbachhaus seine Arbeiten in musealen Kontext, gefolgt von Galerieausstellungen bei Heiner Friedrich, Schellmann und Klüser, Helmut Klewan, Lothar Schirmer sowie Die Präsentationen des Lepanto-Zyklus (2002) und seiner Skulpturen (2006) in der Alten Pinakothek fanden große Beachtung. Mit der Eröffnung des Museums Brandhorst ist die Präsenz von Cy Twombly im lichtdurchfluteten Obergeschoß ein fester Bestandteil des Münchner Kulturlebens.

Die Ausstellung wird gefördert durch PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne e.V.