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Mit Daros Latinamerica ist eine der international wichtigsten Sammlungen für Gegenwartskunst aus Lateinamerika zu Gast in der Fondation Beyeler. Die konzentrierte Werkauswahl präsentiert das gegenwärtige Schaffen renommierter Künstlerinnen und Künstler aus verschiedenen Ländern Lateinamerikas.

In seinem Werk setzt sich der Maler Guillermo Kuitca aus Argentinien immerwährend mit architektonischen und geografischen Räumen auseinander, die er in eigener poetischer Interpretation ins Bild setzt. Darunter finden sich Vermessungen in allen Massstäben, die von Landkarten, Stadtplänen bis hin zu Aufrissen und Grundrissen ehrwürdiger Gebäude reichen. „Die Karte war für mich das Mittel, verloren zu gehen, nicht, mich zu finden“ (Guillermo Kuitca, 2006). Der Künstler erreicht über Farbauswahl, Kontrast, Übermalung und Verwischung, dass eine Landkarte gleichermassen wie ein textiles Gewebe oder ein Adergeflecht anmutet. Diese Vieldeutigkeit von Verortung und Imagination steigert Kuitca in einer Serie von Gemälden, bei denen jeweils Matratzen als Bildträger fungieren. So erkennt der Künstler auch das Bett, oder genauer die Matratze, als unmittelbares Territorium, welches er besetzt und bewohnt. Die Wechselbeziehungen zwischen Orten, Dingen und Personen werden auch in den Skulpturen der Künstlerin Doris Salcedo aus Kolumbien thematisiert. Stühle, Schränke, Tische werden ihrem ursprünglichen Nutzungszusammenhang entrissen, ineinander verschränkt, gestapelt oder gar mit Beton gefüllt und zu neuen skulpturalen Gefügen geformt. Obwohl oder gerade weil ohne Funktion rufen diese hybriden Möbelobjekte umso mehr Assoziationen zu verlorenem oder zerstörtem Heim und Heimat.

Auch Videokünstler wie Santiago Sierra oder Melanie Smith haben sich mit ihren Arbeiten zu Mexiko City dem Phänomen der einschneidenden Verstädterung mit den damit verbundenen physischen, funktionalen und sozialen Relationen gewidmet. Ihre Werke werden in einem der zwei Filmprogramme gezeigt.

Im Mittelpunkt des zweiten Programms stehen die Videos von Ana Mendieta aus Kuba. Ihre bahnbrechenden Performances behandeln die Präsenz des Körpers in seiner Vergänglichkeit. Die Ausstellung kulminiert mit einer Installation des Konzeptkünstlers Cildo Meireles aus Brasilien. Auf dem Boden eines betretbaren schwarzen Zeltes häufen sich abertausende von Münzen auf, aus deren Mitte eine fragile Säule aus Hostien zu einer Decke aus Rinderknochen emporsteigt. Der sakrale Charakter dieses Raumes kommentiert die tragische Geschichte der Missionierung des Kontinents. Durch ihren unmissverständlichen Symbolgehalt evozieren die Knochen und Münzen darüber hinaus eindringlich Bilder eines Genozids und der Raffgier, so dass das Werk zusätzlich eine politische Aktualität gewinnt. Dazu Meireles: „Ich kam auf den Gedanken, ein Werk zu konstruieren, das man betreten würde und dabei sogleich eine Beziehung mit der Synthese dieser Gleichung einginge: materielle Macht + spirituelle Macht = Tragödie.“

In der Ausstellung sind Gemälde, Skulpturen, Videos und eine Installation zu sehen. Die Ausstellung wird von Sam Keller (Direktor, Fondation Beyeler), Dr. Hans-Michael Herzog (Künstlerischer Leiter, Daros Latinamerica) und Ioana Jimborean (Associate Curator, Fondation Beyeler) kuratiert.

Die Künstler Juan Carlos Alom (geb. 1964 in Havanna, Kuba, wo er lebt und arbeitet) Guillermo Kuitca (geb. 1961 in Buenos Aires, Argentinien, wo er lebt und arbeitet) Jorge Macchi (geb. 1963 in Buenos Aires, Argentinien, wo er lebt und arbeitet) Cildo Meireles (geb. 1948 in Rio de Janeiro, Brasilien, wo er lebt und arbeitet) Ana Mendieta (geb. 1948 in Havanna, Kuba; gestorben 1985 in New York, USA) Oscar Muñoz (geb. 1951 in Popayán, Kolumbien; lebt und arbeitet in Cali, Kolumbien) Wilfredo Prieto (geb. 1978 in Sancti Spíritus, Kuba; lebt und arbeitet in Havanna, Kuba) Miguel Angel Ríos (geb. 1943 in Catamarca, Argentinien, lebt und arbeitet in Mexiko-Stadt, Mexiko, und New York, USA) Miguel Ángel Rojas (geb. 1946 in Bogotá, Kolumbien, wo er lebt und arbeitet) Doris Salcedo (geb. 1958 in Bogotá, Kolumbien, wo sie lebt und arbeitet) Santiago Sierra (geb. 1966 in Madrid, wo er lebt und arbeitet; war mehrere Jahre in Mexiko-Stadt, Mexiko tätig) Melanie Smith (geb. 1965 in Poole, Grossbritannien, lebt und arbeitet in Mexiko-Stadt, Mexiko)

Daros Latinamerica Daros Latinamerica ist eine von der Schweizerin Ruth Schmidheiny im Jahr 2000 begründete Kunstinstitution mit Sitz in Zürich, die sich dem Aufbau und der Pflege einer Sammlung zeitgenössischer Kunst aus Lateinamerika widmet. Mit einer regen internationalen Ausstellungstätigkeit, zahlreichen Publikationen, Europas grösster Fachbibliothek zum Thema sowie einem expandierenden internationalen Netzwerk schafft Daros Latinamerica die Voraussetzungen für einen dauerhaften Dialog zwischen der Kunst und den Künstlern aus Lateinamerika und einem internationalen Publikum. Nach 10 Jahren erfolgreicher Ausstellungstätigkeit im Zürcher Löwenbräu-Areal, setzt Daros Latinamerica seit März 2013 den Fokus der öffentlichen Aktivitäten auf die Casa Daros in Rio de Janeiro. Die Casa Daros ist eine Plattform für die Künste und die Kultur und eine Drehscheibe zwischen Rio de Janeiro, Brasilien, Lateinamerika und dem Rest der Welt. Jenseits aller politischen und gesellschaftlichen Zwänge soll die Casa Daros ein konsistentes und dauerhaftes Gravitationsfeld anlegen, in dem auf unterschiedlichsten Ebenen spannende, fruchtbare und bleibende Auseinandersetzungen mit der Kunst stattfinden. Parallel zu den Ausstellungstätigkeiten in Rio de Janeiro wird die Daros Latinamerica Collection im Rahmen zahlreicher Kollaborationsprojekte in Museen und Institutionen rund um den Globus gezeigt.