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Eröffnung: 20. Mai 2016, 19.30 Uhr

Konzipiert von dem in Stuttgart lebenden Graphiker, Künstler und Lehrer Michael Dreyer (Merz Akademie, Stuttgart) und Hans-Jürgen Hafner (Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf) sowie beraten von dem Künstler und Filmemacher Alexander Wissel ist Das Neue keine Ausstellung im engeren Sinn, sondern bildet sich diskursiv aus einem Pattern verschiedener Veranstaltungsformate mit öffentlichen Spielorten im Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf, und mit einer temporären Präsentation für die MitarbeiterInnen des WDR im Kölner Sitz der Rundfunkanstalt.

Das Neue schließt historische Exponate, aktuelle künstlerische, filmische, musische und performative Arbeiten, Lectures und, wenn Zeit und Geld nicht ausgehen, ein digitales Repertorium ein. Es fragt nach den derzeitigen Aussichten des Konzepts des Neuen und findet einen Vergleichspunkt in der umfassenden Popularisierung des Neuen in Kunst, Musik, Theater und Architektur, wie sie die unmittelbare Nachkriegszeit, jene mirakulösen ersten Jahre des so genannten Wirtschaftswunders, kennzeichnet.

Das Neue ist eine theoretisch schwer zu erfassende Kategorie, auch, weil niemand so recht zuständig dafür ist. Wenn für „das Schöne“ traditionell nämlich die Ästhetik, für „das Gute“ die Ethik und „das Wahre“ die Philosophie zuständig sind, welche Theorie wäre es dann für „das Neue“? Ebenso schwer ist es, in der Praxis, das Neue herzustellen. Neues ist nicht zu jeder Zeit, an jedem Ort und von allen gleich gewollt. Es ist entsprechenden Konjunkturen unterworfen, wie sie sich etwa an der Schwelle zur so genannten Renaissance, an den Beispielen einer als Art Nouveau bezeichneten Kunst Ende des 19. Jahrhunderts, der internationalen Neuen Musik, dem Nouveau Roman und den neuen Tendenzen des internationalen Kinos ablesen lassen. Newness avancierte – von dem Erfinder der concept art Henry Flynt sozusagen ‚in’ der Zeit massiv kritisiert – zur zentralen Rechtfertigungsfigur der transdisziplinären kulturellen Praktiken der US-amerikanischen Neo-Avantgarde. Das Konzept der newness knüpfte am Überbietungsgestus der so genannten ‚klassischen’ Avantgarden der Vorkriegszeit an, nachdem ein „Ismus“ den nächsten ersetzt. Dabei weist es eine bemerkenswerte Konstanz hinsichtlich der Modi auf, in denen es sich artikuliert: Schock, Skandal, Dezisionismus und Polarisierung, das Brechen mit der Konvention und Überbordwerfen der Tradition bildet seinerseits eine „Tradition des Neuen“. Der internationale Nachkriegs-‚Modernismus’ verfasst, gut ödipal, das Neue als Letztes und Universales und setzt ein Szenario zunehmend ins Antiödipale verlagerter Endspiele in Gang. Ein Mythos ist auch, dass sich das Neue als eine grundsätzlich progressive Dynamik vollzieht. Um das Neue anzukündigen, braucht es zwar nur ein paar Wenige und zu seiner Durchsetzung vielleicht nicht viel mehr. Aber kaum, dass etwas als das Neue breitenwirksam durchgesetzt wäre, ist es das auch schon nicht mehr. In diesem Sinn ist das Neue immer schon ein alter Hut.

TeilnehmerInnen: Vela Aburtina, Mary Bauermeister, Otto Coester, Revital Cohen und Tuur van Balen, Michael Dreyer, Henry Flynt, Norbert Kricke, Martin K. Pedersen, Marina Pinsky, Karlheinz Stockhausen und Alexander Wissel

Die Ausstellung Das Neue wird großzügig gefördert von der Kunststiftung NRW.