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Giulia Bowinkel und Friedemann Banz, beide Absolventen der Kunstakademie Düsseldorf, nahmen 2008 an einer Ausstellung teil, für die drei Nationen unterschiedlicher Prägung ein gemeinsames Konzept erstellten und umsetzten: Demolition Milk. Der inzwischen international bekannte Maler Zhao Gang hatte als Professor im Art Center Peking angeregt, die USA, China und Deutschland für eine Auseinandersetzung zum Thema Fanatismus zu wählen, da ihm diese drei Nationen durch ihre Geschichte prädestiniert schienen, es grenzübergreifend zu diskutieren und künstlerisch umzusetzen. Der erste Teil der Ausstellungsreihe fand in Peking statt. Schon dort wurde geplant, die Ausstellung in den USA und Deutschland weiterzuführen.

KIT - Kunst im Tunnel ist das zweite Forum, in dem sich 19 Künstlerinnnen und Künstler treffen. In „Demolition Milk II“ zeigen sie medienübergreifende Werke, die auf unterschiedliche Weise mit den Auswirkungen fanatischen Denkens und Handels umgehen. Das künstlerische Wirken, die künstlerische Freiheit und das gesellschaftliche und politische Umfeld der Künstler stehen im Mittelpunkt von Malerei, Video, Fotografie und Performance. Die formale und inhaltliche Vielfalt der Ausstellung zeugt nicht nur von den verschiedenen kulturellen und politischen Kontexten der beteiligten Künstler, ihr Pluralismus hat auch etwas Programmatisches, wird zu einer Art Abwehrformel gegen Ausschließlichkeitsdenken (Barabara Hess).
Wang Shuting (1979, lebt in Peking) führt mit ihrem Gemälde „moving again“ in ein typisch chinesisches „Künstlerdorf“. Diese Dörfer - es gibt bis zu 40 in Peking und Umgebung - fallen häufig staatlichen Bauprojekten zum Opfer. Dies zwingt die Bewohner dazu, ständig umziehen zu müssen. Ihre Protest werden in der Regel sofort niedergeschlagen. Da Kunst in China jedoch mehr und mehr als „cultural industry“ geschätzt wird, sind die Proteste der Künstler neuerdings manchmal erfolgreich. Das berühmte Galerienviertel 798 in Peking wird sogar inzwischen subventioniert und staatlich kontrolliert. Die neue Macht der Kunst nimmt Zhou Tiehai (1966, lebt in Shanghai) zum Anlass, einen Film im Stil der 1930er Jahre zu drehen, in dem Feldherren eine Strategie entwickeln, die westliche Kunstszene auszuschalten. Der kritischen Auseinandersetzung mit der Ikonografie von zeitgenössischen Idolen verschreibt sich Yu Ziwei (1984, lebt in Chengdu, Sichuan); Qi Zhilong's (1962, lebt in Beijing) malerisches Thema ist die „Chinese Beauty“, die sich im kommunistischen Arbeitermädchen als Realismusikone zeigt. Zhao Gang (1961, lebt in Beijing) provoziert den Nationalstolz indem er ein Pin-up zur chinesischen „Mother of the Land“ erhebt.
. Einen weiblichen Akt vor einem Mao-Bild zu malen, ist in der Regel in China verboten. Wang Yin (
1964, lebt in Peking) fand einen Weg, das Sujet zu legitimieren: er bezieht sich auf den Realismus der in China anerkannten russischen Avantgarde. Wang Xingwei (1969, lebt in Shanghai) führt mit seinen Bildern die westeuropäische Kunstgeschichte ad absurdum und Guo Chao (1980, lebt in Peking) projiziert seinen Wunsch nach gesellschaftlicher Veränderung in großformatige Traumbilder. Yu Yang (1985, lebt in New York, USA) zeigt Videos, die sich mit körperlichen Grenzerfahrungen auseinandersetzen und den Betrachter an seine visuellen Grenzen bringen.
Das verblendet konservative Bild, das während republikanischer Regierungszeiten in den USA vermittelt wurde und immer noch vorherrscht, beschäftigt Deena Lawson (
1980, lebt in New York, USA). Sie fotografierte amerikanische Prostituierte in ihrer privaten Umgebung und stellt so herrschende Vorurteile in Frage. In die Abgründe der Upper Class taucht Patrick McElnea (1982, lebt in Buffalo, USA) ein. Seine Videos stellen die Absurdität des Alltags der Reichen und Schönen bloß. Bradlee Hicks (1982, lebt in New York, USA) nähert sich dem Kriegsthema über eine Neubearbeitung der Nussknacker Suite von Tschaikowski und Alexis Knowlton (1983, lebt in Berlin) führt den Besucher durch einen klaustrophobischen Leinwandtunnel. Mit Texten, Postern, Ready-mades und Video geht William Davis (1982, lebt in Charlotte, USA) auf verschiedene, in den USA sehr populäre, Verschwörungstheorien ein.
Eine Rakete zündet Nik Nowak (1982, lebt in Berlin) noch vor Ausstellungsbeginn im KIT. Eine filmische Dokumentation der aggressiven Tat wird den Besuchern als Reproduktion der Aktion präsentiert, ähnlich einer Kriegsberichterstattung. Veränderte Sichtbarkeit provoziert auch Lutz Braun (1976, lebt in Berlin), wenn er eine Landkarte von Palästina mit Zeichnungen überlagert und so auf die Sinnlosigkeit von Polarisierung durch Fanatismus aufmerksam macht. Auf den Wahnsinn manischer Workaholics reagiert Albert Mayr (1976, lebt in Wien) mit einer zweckentfremdeten Büroeinrichtung, die ihm als Bühne und Instrument für seine Noise Performances dient. Die Videoarbeit „Metha Donna“ von Giulia Bowinkel (1984, lebt in Düsseldorf) und Friedemann Banz (*1981, lebt in Düsseldorf) stellt ein Dark-Fiction-Szenario dar, das die Hybris einer Menschheit behandelt, die sich selbst zum Schöpfer ernannt hat.

Zur Eröffnung legt DJ Lena Willikens im KIT auf.

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Demolition Milk II

Künstler: Wang Shuting, Zhou Tiehai, Yu Ziwei, Qi Zhilong, Gang Zhao, Wang Yin, Wang Xingwei, Guo Chao, Yu Yang, Deena Lawson, Patrick McElnea, Bradlee Hicks, Alexis Knowlton, William Davis, Nik Nowak, Lutz Braun, Albert Mayr, Giulia Bowinkel, Friedemann Banz