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Eröffnung: 11. September, 19 Uhr

Ausgangspunkt der Ausstellung "Der Nutzen jeden Sonnenstrahls" im Künstlerhaus Stuttgart ist das künstlerische Werk des polnischen Filmemachers Julian Antonisz. Antonisz war einer der wichtigsten Protagonisten der polnischen Experimentalfilmszene in den 70er und 80er Jahren und ist für seine erfindungsreichen, selbstgebauten Trickfilmapparaturen bekannt. Dennoch hat der Künstler im internationalen Rahmen bis heute wenig Aufmerksamkeit erhalten. In der Ausstellung werden Filme von Julian Antonisz zusammen mit Arbeiten von jungen, internationalen KünstlerInnen gezeigt. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf eine Notiz aus dem Archiv von Julian Antonisz.

Im kommunistischen Polen war Antonisz eine umstrittene Figur. Die Ökonomie seiner Kunst und seiner technischen Erfindungen resultieren in ihrem bisweilen absurden Einfallsreichtum aus einer ironischen Beobachtung der sozialistischen Realität. Im Unterschied zu einer distanzierten Kritik entwickelte Antonisz eine affirmative Haltung, die auf einem Bejahen dessen beruhte, was sie eigentlich in Frage stellte. Auf diese Weise untersuchen seine Werke den herrschenden Diskurs, ohne sich von ihm lossagen zu müssen. Sie stellen vielmehr in einer Art subversivem Akt eine poetische Alternative inmitten der sozialistischen Realität zur Schau.

Das Werk von Julian Antonisz wird in der Ausstellung im Künstlerhaus mit Arbeiten jüngerer KünstlerInnen konfrontiert. Die gezeigten KünstlerInen Anca Benera (Rumänien), Jakup Ferri (Kosovo), Ahmet Ögüt (Türkei) und Janek Simon (Polen) gehören zu einer Generation von KünstlerInnen aus Mittel- und Osteuropa, die in den letzten Jahren international Beachtung gefunden hat. In ihrer künstlerischen Praxis bedienen sie sich subversiver Techniken, die es ihnen erlauben an den herrschenden gesellschaftlichen, ideologischen oder politischen Debatten teilzunehmen, sie zu assimilieren, um sie gleichzeitig zu unterwandern. Dabei reagieren die Arbeiten häufig auf den Transformationsdruck, der auf sozialen Kontexten in Mittel- und Osteuropa seit dem Fall des Eisernen Vorhanges lastet, der gleichzeitig neue Möglichkeiten, aber auch neue Zwänge erzeugt.

In der Zusammenschau von affirmativen Praktiken Julian Antonisz’ und der eingeladenen KünstlerInnen einer jüngeren Generation stellt sich die Ausstellung die Frage, inwieweit in Situationen kollektiven Drucks dennoch die Möglichkeit für individuelle und kritische Äußerungen gegeben ist. Die Verwendung von bereits bestehenden Formen, das „nicht-eigene Sprechen“, erscheint als kritische Methode, die nicht auf utopische Alternativen, sondern vielmehr auf eine offene Gesellschaft vieler Möglichkeiten zielt.

Im Rahmen der Ausstellung finden Veranstaltungen statt, die gesondert angekündigt werden.

Die Ausstellung ist von Magdalena Lipska, Stipendiatin der Robert Bosch Stiftung im Programm „Kulturmanager aus Mittel-und Osteuropa“ kuratiert.