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Das Mart, Museum für Moderne und Zeitgenössische Kunst von Trient und Rovereto, präsentiert Diango Hernández. Living Rooms, a Survey. Die von Yilmaz Dziewior kuratierte Ausstellung findet vom 19. November 2011 bis zum 26. Februar 2012 am Hauptstandort des Mart in Rovereto statt.

Diango Hernández wurde 1970 in Sancti Spíritus auf Kuba geboren und lebt heute in Düsseldorf. Im Rahmen seiner in Kuba begonnenen kulturellen und beruflichen Bildung hat er auch einige Jahre im Trentino verbracht. Diese Ausstellung ist die erste Retrospektive der Welt seiner Arbeit, für die der Künstler zahlreiche internationale Anerkennungen erhalten hat. Renommierte öffentliche Institutionen wie das MoMA in New York kauften seine Werke, die auch auf den Biennalen in Venedig (2005), San Paolo und Sydney (2006), Liverpool (2010) und im gleichen Jahr auf der Triennale Kleinplastik Fellbach gezeigt wurden.

„Diango Hernández. Living Rooms, a Survey” umfasst 36 Arbeiten von 1996 bis heute. Dazu gehören Zeichnungen, Installationen, Gemälde, Videos und zwei ortsspezifische Arbeiten („Resistere“ und „A house without objects“), die eigens für das Mart konzipiert wurden.

Eines der zentralen Themen der künstlerischen Suche von Diango Hernández ist das Nachdenken über die traumatischen und oft unvollständigen Übergangsphasen der kubanischen Gesellschaft: das schmerzhafte Erbe der Sklaverei, die Widersprüche der Entkolonisierung und der Castro-Revolution, die Suche nach einer neuen „möglichen Zukunft“ nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion.

Ein weiteres häufiges Thema seiner Werke ist die persönliche Sphäre des Künstlers. Hernández „gräbt“ in seinen eigenen Erlebnissen und seinen persönlichen Beziehungen, die er unablässig in weitergehende soziale und politische Reflexionen einbindet und einbettet. Diese Mischung erklärt den Titel der Ausstellung: „Living Rooms, a Survey“ („Wohnzimmer, eine Sammlung”). Die „Wohnzimmer“ von Hernández sind das Theater der Fragmente des kosmopolitischen Lebens des Künstlers, aber auch die Orte, an denen Kubaner ihre tägliche Existenz konstruieren, und das ist oft ganz wörtlich gemeint. Dafür werden Teile von Möbeln, Elektrohaushaltsgeräten und Verpackungen verwendet.

Hernández interessiert sich seit Mitte der Neunziger Jahre, als er noch in Havanna lebte, für diese Materialien. Nach seinem Abschluss in Industriedesign wollte er eigentlich Architekt werden, beschloss aber dann, einen anderen Weg einzuschlagen. „Ich habe die Augen geöffnet, als ich in einem Architekturbüro arbeitete“, erklärt Hernández in einem in dem Ausstellungskatalog veröffentlichten Gespräch mit Dziewior. „Obwohl es sich um eines der bedeutendsten Architekturbüros Kubas handelt, waren die Arbeitsbedingungen miserabel. Als ich ins Berufsleben eintrat, waren meine Kollegen, hoch qualifizierte Architekten, die seit Beginn der sechziger Jahre in diesem Büro arbeiteten, vollkommen am Ende, ausgelaugt von einem System, das jeden Tag mehr forderte und nur wenig zu bieten hatte. Das war für mich nicht akzeptabel, ja sogar abstoßend.“ Nachdem er die Karriere als Architekt aufgegeben hatte, begann er gemeinsam mit einigen Freunden „Erfindungen von Personen zu sammeln, die überleben wollten, indem sie gefundene, manchmal unnütze Gegenstände so kombinierten, dass praktische Instrumente für den täglichen Gebrauch entstanden“.

So entstanden seine „magischen“ Installationen: in Radios verwandelte Kartons „Drawing (Box Radio)“, 2003; defekte Lautsprecher, die zu Vogelkäfigen werden „Drawing (My Birds Don’t Want to Come Back)“, 2006, und in Blumen umgeformte Tischbeine („Giardino tropicale“), 2009.

Hernández erklärt: „[Diese Gegenstände] sind nicht nur unvollständig, weil ihnen einige Teile fehlen, sondern weil die Stille zu ihrer permanenten Funktion geworden ist. Sie befinden sich nicht im Raum, um Klang zu erzeugen, sondern um eine Stille zu schaffen, die manchmal so geräuschvoll sein kann wie eine Bombe. […] Einen Gegenstand zum Schweigen zu bringen bedeutet eine Person zum Schweigen zu bringen.“

Diese Sprache verwendet der Künstler, als sie in vollem Maße entwickelt ist, auch, um die Welt „außerhalb der Insel“ zu interpretieren und in Beziehung zu Kuba zu stellen. In „Power Pencil“ (2007) verwendet Hernández für seine Installation zwölf Strommasten aus Holz (aus dem Primiero-Tal in Trentino) mit Porzellan-Isolatoren und verwandelt sie in riesige Bleistifte. Diese Strommasten, die mit einer heute überholten Technologie produziert wurden, werden vom Künstler neu genutzt. Wie Luigi Fassi im Katalog schreibt, „erweckt er sie zu neuem Leben, indem er die abgenutzten und nicht mehr funktionsfähigen Reste in riesige Bleistifte zum Schreiben verwandelt“.

Mit seinen Erfindungen setzt Hernández auf die Kraft des Künstlers, einen Dialog zwischen Welten zu schaffen, die dem Anschein nach nicht die Instrumente besitzen, um in Kontakt zueinander zu treten.