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»Die Miniatur ist ein Fundort der Größe« – dieser Maxime des französischen Philosophen Gaston Bachelard folgt die Ausstellung auf Schloss Dätzingen. Kurt Leonhard hat sie frühzeitig auf die MiniaturMalerei seines Freundes Julius Bissier angewandt, ohne dass er damit etwas gegen die großen Formate seines anderen Malerfreundes Otto Ritschl gemeint haben würde. Beides hat seinen Sinn, seine Schönheit, seinen Wert. Gewiss ist nicht jedes kleine Bild voll innerer »Größe«, wie nicht jedes große Bild innerlich »leer« ist. Die Miniatur als Fundort der Größe ist auch etwas anderes als das viel zitierte »Klein aber Fein«.

Miniaturen und Kabinettbilder sind Objekte der geistigen bis religiösen Meditation, oder sie sind intim wie ein erotisches Besitztum. Auf eine vereinfachte metaphorische Formel gebracht: Klosterzelle oder Boudoir, Stundenbuch oder Puderdose.

Es wäre falsch zu glauben, kleine Bilder dürften nicht viel kosten, müssten »Schnäppchen« sein, wie das rheinische Diminutiv heißt, das seit Jahren über ganz Deutschland verbreitet ist. Die Miniatur darf nicht zum Ersatz für ein vielleicht unerschwingliches Großformat werden. Gute Miniaturen, gute Kabinettstücke haben den Wert von Pretiosen.

Kleinodien, Pretiosen – das ist es. Eine Inkunabel der modernen Malerei, eine schier abstrakte Landschaft von Paul Sérusier in Museumsbesitz ist auf einen Zigarrenkistendeckel gemalt und hat in der Kunstgeschichte den Namen »Talisman«. Die Gemmen der Griechen, die Münzen der Römer, die Netsukes der Japaner, die Minnekästchen der Gotik, die Ikonen der Ostkirche, die Pastelle des Rokoko – all das ist Kunst im kleinen Format. Das kleine Bild hat beschwörende Macht wie eine Hand. Auch Votive sind Miniaturen. Verweltlicht werden sie noch heute gemalt. Die Ausstellung beginnt zeitlich mit einer Arbeit von Paul Klee aus dem Jahr 1915 und reicht in die Gegenwart. Im Schloss Dätzingen reiht sich schon von der Architektur her Kabinett an Kabinett – hier machen die Bilder jedes Mal die Probe aufs Exempel. Der Wechsel in die private Sphäre ist nicht abrupt.

Es hat eine tiefere Bewandtnis, das Thema der Miniatur und des Kabinettbildes hier in der Nähe von Stuttgart darzulegen. In Stuttgart hat der Dichter Hermann Lenz vor einem Menschenalter die köstlich introvertierende Zeile geschrieben: »In ein gerolltes Weinblatt möchte ich kriechen«. Und hier hat Adolf Hölzel mit seiner Schule unserer Bildgattung Gewicht gegeben und sogar seinem monumental gesinnten Schüler Oskar Schlemmer den Maßstab auch der Miniatur aufzuprägen vermocht. D.H.

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Die Miniatur ist ein Fundort der Größe

Werke von Max Ackermann, Horst Antes, Otto Baum, Willi Baumeister, Gerlinde Beck, Julius Bissier, Hans Dieter Bohnet, Jakob Bräckle, Jürgen Brodwolf, Adolf Fleischmann, Christoph Freimann, Christoph M. Gais, Hubertus Giebe, Gottfried Graf, HAP Grieshaber, Ernst Hassebrauk, Heinz E. Hirscher, Adolf Hölzel, Wilhelm Imkamp, Johannes Itten, Ida Kerkovius, Emil Kiess, Ernst Ludwig Kirchner, Paul Klee, Paul Kleinschmidt, Beate Knapp, Alfred Lehmann, Alfred Lörcher, Wilhelm Loth, Martinmüller, Reinhold Nägele, Emil Nolde, Georg K. Pfahler, Platino , Lothar Quinte, Christian Rohlfs, Heinz Schanz, Oskar Schlemmer, Helmut Schmidt-Kirstein, Hans Schreiner (Stuttgart), Anton Stankowski, Hans Steinbrenner, Gabriele Straub, Sibylle Wagner, Hermann Waibel, Alfred Wais, Albert Wigand, Heinrich Wildemann, Fritz Winter, Wols , Eva Zippel