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Nach dem Museum für Zeitgenössische Kunst in Zagreb und dem Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt wird nun im Leopold-Hoesch-Museum in Düren ein einzigartiges Ausstellungsprojekt zur Kunstgeschichte der europäischen Nachkriegszeit präsentiert.

Gezeigt werden Kunstwerke der wichtigsten Künstler und Künstlergruppen einer zu Beginn der 1960er Jahre entstandenen, internationalen Künstlerbewegung: Die Neuen Tendenzen. Ihren Namen verdankt die Bewegung der im Museum für Zeitgenössische Kunst in Zagreb 1961 gezeigten und von Almir Mavignier kuratierten Ausstellung "Nove Tendencije".

Enttäuscht von der Biennale in Venedig organisierte der seit 1953 in Deutschland lebende Maler und Designer Mavignier 1960 gemeinsam mit befreundeten Künstlern ein ehrgeiziges Ausstellungsprojekt mit dem Ziel, "wirklich etwas Neues zu zeigen". Das Ergebnis war eine Gruppenausstellung mit Kunstwerken von 29 jungen Künstlern aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, Frankreich, Italien, Argentinien und Brasilien. "Die größte Überraschung dieser ersten Neuen-Tendenzen-Ausstellung" – so Mavignier heute – "war die verblüffende Verwandtschaft der Experimente der Künstler, obwohl diese Künstler wenig voneinander wussten oder sich oftmals überhaupt nicht kannten."

Eine wesentliche Gemeinsamkeit dieser Künstlergeneration war der Bruch mit dem seit Ende des 2. Weltkrieges vorherrschenden Informel, eine Kunstrichtung, die geometrische Formen, abstrakte Darstellungen von realen Gegenständen und konzipierte Darstellung an sich vermied. Doch das Besondere der Neuen Tendenzen war die Untersuchung visueller Phänomene und ihrer Wirkung auf unsere Wahrnehmung: Ungegenständliche, geometrisch-serielle Farb- und Formgestaltungen leuchten und bewegen sich. Sie erzeugen optische Illusionen und verunsichern das Auge.

Wie bereits die Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts strebten die Künstler der Neuen Tendenzen eine Kunst an, die dem technologischen und wissenschaftlichen Fortschritt der Nachkriegszeit Rechnung trug. Auch die passive Rolle des Betrachters sollte überwunden werden, er sollte aktiv an der Kunst teilhaben.

Viele Künstler der Neuen Tendenzen waren 1965 in der bedeutenden Ausstellung "The responsive eye" im MoMA in New York vertreten. Eine Besprechung dieser Ausstellung im Time Magazin gab dem neuen Kunststil schließlich den einprägsamen Namen "Op Art" – Optical Art, die Kunst der optischen Wirkung. Bis 1973 fanden zahlreiche weitere Ausstellungen der Neuen Tendenzen statt, an denen insgesamt rund 250 Künstler teilnahmen. Die Neuen Tendenzen waren in den 1960er und frühen 1970er Jahren eine Sammelbewegung nahezu aller europäischen und südamerikanischen Künstler und Künstlergruppen der Op Art, der kinetischen Kunst und der Lichtkunst sowie der bis dahin als eigene Kunstrichtung noch kaum wahrgenommenen Computer- und Konzeptkunst, die in Zagreb eine wichtige Plattform fanden. Viele der in Düren ausgestellten Arbeiten stammen aus dem Muzej Suvremene Umjetnosti in Zagreb und waren schon damals in der ersten Ausstellungen der Neuen Tendenzen zu sehen.

Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher, dreisprachiger Katalog (deutsch, englisch, kroatisch), der die Neuen Tendenzen wissenschaftlich aufarbeitet und in Interviews mit Protagonisten der Bewegung auch die Künstler zu Wort kommen lässt. Umfangreiches Bildmaterial zur Geschichte der Neuen Tendenzen wird hier zum Teil erstmals veröffentlicht. Das Ausstellungsplakat wurde von Almir Mavignier gestaltet, dem Gründungsvater der Künstlerbewegung. Die Ausstellung wird von der Kulturstiftung des Bundes gefördert.

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DIE NEUEN TENDENZEN
Eine europäische Kuenstlerbewegung 1961-1973

Künstler:
Marc Adrian, Getulio Alviani, Giovanni Anceschi, Marina Apollonio, Vojin Bakic, John Baldessari, Alberto Biasi, Vladimir Bonacic, Davide Boriani, Martha Boto, Hartmut Böhm, Enrico Castellani, Ennio Chiggio, Andreas Christen, Ivan Cizmek, Gianni Colombo, compArt, Giovanni Antonio Costa, Carlos Cruz-Diez, Milan Dobes, Piero Dorazio, Angel Duarte, Herbert W. Franke, Horacio García Rossi, Karl Gerstner, Rolf Glasmeier, Hans-Jörg Glattfelder, Gerhard von Graevenitz, Dieter Hacker, Jiri Hilmar, Raimer Jochims, Gottfried Jäger, Julije Knifer, Radek Kratina, Vlado Kristl, Rudolf Kämmer, Edoardo Landi, Walter Leblanc, Heinz Mack, Piero Manzoni, Enzo Mari, Manfredo Massironi, Gruppo MID, Manfred Mohr, François Morellet, Frieder Nake, Georg Nees, Koloman Novak, Julio le Parc, Giuseppe Penone, Ivan Picelj, Otto Piene, Uli Pohl, Zoran Radovic, Ludwig Rase, Karl Reinhartz, Vjenceslav Richter, Bridget Riley, Paolo Scheggi, Almir da Silva Mavignier, Francisco Sobrino, Jesús Rafael Soto, Aleksandar Srnec, Klaus Staudt, Joel Stein, Zdenek Sykora, Paul Talman, Luis Tomasello, Günther Uecker, Grazia Varisco, Gabriele De Vecchi, Nanda Vigo, Herman de Vries, Ludwig Wilding, Marcel Wyss, Jean-Pierre Yvaral, Walter Zehringer

Stationen:
25.02.07 - 22.04.07 Leopold Hoesch Museum, Düren
29.09.06 - 07.01.07 Museum für Konkrete Kunst, Ingolstadt