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Das Museum der Moderne Salzburg geht in dieser Ausstellung den erotischen Perspektiven im Werk von Gustav Klimt, Hubert Schmalix, Nobuyoshi Araki und Aya Takano nach und untersucht die Bezüge zur japanischen Tradition des erotischen Holzschnitts (Shunga). Klimt und Schmalix haben sich in der Begegnung mit den Zeugnissen dieser japanischen Kunstgattung mit den erotischen Motiven, insbesondere aber mit deren formalen Gestaltungen auseinandergesetzt. Die Shunga („Frühlingsbilder“) wurden als Farbholzschnitte zu einer Kunstgattung, die den Vielfarbendruck zu höchster technischer Perfektion entwickelte und von der westlichen Öffentlichkeit auf den Pariser Weltausstellungen (1867, 1878 und 1889) entdeckt. Insbesondere Kitagawa UItamaro, Ichiryusai Hiroshige und Katsushika Hokusai haben mit ihrer spezifischen Farb- und Liniengebung das Interesse von Klimt und Schmalix auf ihre erotischen Darstellungen gezogen. In den Werken der beiden japanischen KünstlerInnen finden sich bei Nobuyoshi Araki Parallelen im Sinne der unendlichen Variierung und desselben Motivkreises, eine ‚Schaulust’ des Künstlers, und bei Aya Takano die künstlerische Verarbeitung der Shunga aus einer zeitgenössischen weiblichen Perspektive.

Wie bei den Griechen bedeutete auch im alten Japan die körperliche Liebe die höchste Steigerung des Daseins. Fast alle großen Holzschnittmeister schufen erotische Blätter - „Shunga“ -, als Rollbilder, Einzelblätter oder in Buchform gebunden. Darunter befinden sich auch außerordentlich kostbare , unter Verwendung von Gold, Silber und Perlmutt. Man ordnete sie der Gattung des Ukiyo-e, der Darstellung der „fließend, vergänglichen Welt“, zu. Die Werke entstanden meist unter Pseudomymen bzw. wurden von den Künstlern gar nicht signiert. Unerbittliche Reinheit der Linie zählte beim Farbholzschnitt zu den Grundbedingungen. Die Parallelperspektive dominierte, Licht und Schatten wurden nicht dargestellt. Diese Eigenschaften gelten auch für die ausgewählten Arbeiten der in der Ausstellung vertretenen Künstler. Nicht selten gehörten die Shunga in Form von Büchern und Rollen zur Aussteuer der Braut, um sie in die Praktiken des Liebeslebens einzuführen. Die gedruckten bzw. gemalten Shunga wurden auf diese Weise zu Familienerbstücken und dienten in vornehmen Familien zur “Sexualerziehung”. Nach der Öffnung Japans für die westliche Welt 1853/54 begann ein stetig wachsender Export von Kunst und Kunstgewerbe und vermittelte ein Bildverständnis, für das die wahrnehmbare Welt nur der erste Anlass zur Gestaltung war. Flächigkeit oder Größenverzerrungen bedeuteten eine Abkehr vom Illusionsraum des Bildes, der im Westen noch immer Geltung hatte.

Auf der Pariser Weltausstellung 1889 war Japan besonders stark vertreten. Schon 1878 hatte die auf der damaligen Pariser Weltausstellung gezeigte japanische Kunst großen und nachgewiesenen Einfluß auf die Formensprache der europäischen Kunst wie jener van Goghs, Gaugins oder Henry van de Veldes. Für jedermann sichtbar war die Wirkung des japanischen Farbholzschnitts auf die Zeitschriften und die Buchkultur wie „Revue blanche“ (1891) „The Studio“ (1893), „Pan“ (1895), „Jugend“ und „Simplicissimus“ (1896), „Kunst und Dekoration“ (1897) und „Ver Sacrum“ (1898), der Zeitschrift der Vereinigung bildender Künstler Österreichs Wiener Secession, deren erster Präsident Gustav Klimt war. Die Linie diente beim japanischen Farbholzschnitt grundsätzlich dem Ausdruck, nicht dem psychischen (wie es später der Expressionismus anwenden sollte) sondern jenem des Bildes selbst.

Gustav Klimt und Hubert Schmalix setzten sich in der Begegnung mit den Zeugnissen japanischer Kunst mit deren Motiven, vor allem mit deren formalen Gestaltungsprinzipien auseinander und transformieren mit den Shunga eine semi-offizielle, didaktisch wie rein erotisch verstandene Kunst eines fremden Kulturkreises in ihre individuelle künstlerische Handschrift im Rahmen eines westlichen Kulturgepräges.

Mit Nobuyoshi Araki und Aya Takano sind zwei KünstlerInnen ebenfalls unterschiedlicher Generationen vertreten und gebürtig aus dem Land der Shung. Nobuyoshi Araki, der seine erste westliche Einzelausstellung im Grazer Forum Stadtpark (1992) hatte, spricht selbst von einer obsessiven Schaulust, die ihn tausende von Fotos der ihn umgebenden Welt machen lässt. Doch die Motive sind dennoch nicht wahllos zusammengetragen. Frauen haben innerhalb seines Oeuvres – und vor allem in der Rezeption seines Werks - einen einzigartigen Stellenwert. Sie werden in Kimono und modischer Unterwäsche gezeigt, sie liegen in lasziver Haltung, hängen eingeschnürt oder fügen sich in urbane Orte ein. Die Frauendarstellungen haben Arakis Erfolg in Japan wie im Westen ausgemacht. Die Typologie der arakischen Frauendarstellungen stimmt mit kulturell vorherrschenden Repräsentationsformen weiblicher Körper überein. In Arakis Fotografien treten weibliche Körper als beliebig formbares Material auf.

Als Teil von Takashi Murakamis Künstlerkollektiv Kaikai Kiki ist Aya Takano bekannt geworden. Ihre Zeichnungen, manchmal winzig klein, fügen sich auf den ersten Blick in den von Murakami eingeführten Begriff des „superflat“. Die Linien fügen sich zu Paaren oder jungen Mädchen, schwebend im Bildraum und in einer Mischung, die an Manga, science-fiction, aber auch an Metamorphosen der klassischen japanischen Kunst denken lässt. Ihre Linienzeichnungen belassen die Körper in einer eigenartigen Ambivalenz zwischen Zwei- und Dreidimensionalem, zwischen der Androgynität der Körper und dem Erotischen des Motivs.

Pressetext

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Die sinnliche Linie
Japanischer Holzschnitt - Klimt – Schmalix – Araki - Takano
Gustav Klimt, Hubert Schmalix, Nobuyoshi Araki, Aya Takano
Ort: Rupertinum