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Dorit Margreiter thematisiert in ihrer künstlerischen Arbeit das Verhältnis von Film und Fernsehen zu architektonischen und sozialen Raumvorstellungen. Im Mittelpunkt ihrer für das MUMOK konzipierten Film-Installation steht ein spätmodernistisches Einfamilienhaus des amerikanischen Architekten John Lautner, das in zahlreichen Hollywood-Produktionen als Schauplatz und Herberge des „Bösen“ dient. Margreiter nähert sich diesem „gebauten Albtraum“ der westlichen Kleinfamilie aus mehreren Perspektiven. Sie hinterfragt die Konventionen der filmischen Repräsentation und zeigt gleichzeitig unerwartete Formen der Nutzung bzw. des sozialen Miteinanders im Gebäude. Traditionelle Innen/Außen-Differenzierungen werden dabei ebenso angesprochen wie Aspekte geschlechtsspezifischer Raum- und Bedeutungszuschreibung.

Der Titel ihrer Filminstallation bezieht sich auf den realen Ort der Architektur, die Adresse 10104 Angelo View Drive, in den Hügeln über Los Angeles. In ihrem Film bedient sich Dorit Margreiter zunächst dokumentarischer Strategien, um diese in Verbindung mit Lautners filmischer Architektur, die per se unwirklich und dem Boden der physikalischen Gesetze enthoben wirkt, mit ihren fiktionalen Grundlagen zu konfrontieren. Von einer Ausnahme abgesehen sind sämtliche ihrer Einstellungen mit einer statischen Kamera aufgenommen. Was dadurch prinzipiell an Neutralität und Objektivität gewonnen wird, geht durch nicht nachvollziehbare „Handlungen“ der Architektur, durch sich selbsttätig öffnende und schließende Glaswände und Abdeckungen, sprudelndes, auf oder hinter Glas fließendes und abrupt versiegendes Wasser, oder einen aus einem soliden Betonblock ausfahrenden Fernseher an Glaubwürdigkeit verloren. Kurze Filmsequenzen, in denen Performances der queeren Künstlerinnengruppe „Toxic Titties“ in Lautners Gebäude angedeutet werden, unterminieren die Trennung zwischen Dokumentation und Fiktion zusätztlich.

Der Ausstellungsraum des Museums selbst wird von Dorit Margreiter zu einer orts- und zeitlosen Black-Box umfunktioniert, die sowohl mediale Produktions- als auch Reproduktionsstätte zu sein scheint. Während in der einen Hälfte dieses Nicht-Raums der 16mm-Streifen auf einen frei schwebenden Screen projiziert wird, wodurch das schwerelose Lichtbild mit seiner ratternden apparativen Grundlage in Konflikt tritt, illuminiert daneben ein Lichtspot die Sperrholz-Attrappe des im Film zu sehenden Beton-Tisches samt ausgefahrenem TV-Gerät. Zwischen beiden Bereichen stehen Nachbauten mobiler Lichtreflektoren, flexible Wände, die ideale Lichtverhältnisse für die Filmaufnahme gewährleisten und hier gleichzeitig das Licht für die Präsentation des Films abschirmen. Der Erfahrung im erweiterten Kino vergleichbar, erleben die BesucherInnen in diesem invertierten filmischen Szenario, in dem Reproduktion und Produktion zu einem kaum entwirrbaren Beziehungsgeflecht verwoben sind, sich permanent relativierende Repräsentationsebenen, an die sich unweigerlich Fragen der medialen Darstellungs- und Produktionslogik anschließen.

Zur Ausstellung erscheint eine von Dorit Margreiter gestaltete Publikation mit Textbeiträgen von Sabeth Buchmann, Diedrich Diederichsen und Matthias Michalka.

Pressetext

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Dorit Margreiter - 10104 Angelo View Drive
Kurator: Matthias Michalka