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Eröffnung: 2. November, 19 Uhr

In der Ausstellung Élégance geht es um die Kunst als Konsumprodukt und die Dominanz des Kunstmarkts im aktuellen Kunstbetrieb, die sich auch im Zwang aller Beteiligten zu Glanz, Glamour und der Partizipation am Gossip spiegelt – eine systeminhärente Überlebensstrategie für kulturelle Produzenten, die in mittelbarer oder unmittelbarer Abhängigkeit vom großen Kapital oft unter prekären Verhältnissen arbeiten. Diese Entwicklung, die innerhalb des Kunstbetriebs eine vorübergehende Phase der Dekadenz darstellen mag, scheint dennoch eine durch die Globalisierung beförderte gesamtgesellschaftliche Entwicklung zu spiegeln.

Die Videoinstallation Automne⁄Frottée (2006⁄07) von Thea Djordjadze, Gerda Scheepers und Rosemarie Trockel basiert auf einem Dokumentarfilm über südafrikanische Minenarbeiter. Ihren geringen Lohn teilen diese zwischen ihren Familien in den Heimatdörfern und der Miete für ihre heruntergekommenen Unterkünfte auf. Ihre letzten Cents aber sparen sie für teure Designeranzüge – etwa von Prada oder Versace. In nächtlichen Zusammenkünften führen sie in tänzerischen Performances die Besonderheiten dieser Anzüge vor: Manschettenknöpfe, Innentaschen, die Qualität des Stoffes. Ein Publikum von der Straße kürt den Sieger unter den Performenden. Der projizierte Dokumentarfilm wird in Djordjadzes, Scheepers und Trockels Arbeit durch eine Installation ergänzt, welche die Nähe zu Tod und Verfall ebenso offensichtlich macht.

Merlin Carpenter präsentiert unter dem Titel David's Soul (1999⁄2007) vier prestigeträchtige Mercedes-Benz Mountain-Bikes als Ready-made. Die Räder sind von Mercedes-Benz oder der Daimler AG nicht kostenlos zur Verfügung gestellt worden, sondern wurden regulär erworben. In bewusster Parallele zum Kunstmarkt nutzt Carpenter Produkte eines globalen Marktes, die ihren Wert nicht zuletzt über ihren Namen entwickeln. Auf perfide Art und Weise wird hier auch der Ursprungsgedanke des Ready-made in seiner Bindung an die industrielle Reproduzierbarkeit und die daran gebundene Infragestellung der Autorschaft verkehrt und selbst der glamouröse Umgang mit einer Populär- und Konsumkultur, wie sie beispielsweise im Werk eines Jeff Koons sichtbar wird gebrochen.

Für sein Projekt Radical Loyality (seit 2003 fortlaufend) hat Chris Evans ein Gelände in Estland angekauft, auf dem er einen Skulpturenpark verwirklichen will. Im Sinne eines ideellen Sponsorings hat er die Direktoren großer internationaler Firmen nicht um finanzielle Projektförderung gebeten, sondern im Gespräch über das Thema Loyalität gemeinsam mit ihnen Ideen für Skulpturen entwickelt. Estnische Bildhauer, die in Zeiten des Kommunismus, Sowjetdenkmäler schufen, sollen diese Entwürfe nun für den Skulpturenpark umsetzen. Im Kölnischen Kunstverein wird der bisherige Projektverlauf dokumentiert. Chris Evans Arbeit kommentiert nicht nur die Abhängigkeit des Kunstbetriebs von Sponsoren und Unternehmen dar, die eine kritische Position letztlich unmöglich macht. Man könnte auch meinen, sie stünde für eine scharfe Kritik am neo-liberalen Siegeszug in Europa, wenn Evans nicht gleichzeitig eine Art Komplizenschaft mit globalen Unternehmen einginge, indem er das offene Gespräch mit deren Direktoren sucht.

In Julika Rudelius Videoinstallation Economic Primacy (2005) sprechen Topmanager und Millionäre über ihr Verhältnis zum Geld. Jeder von ihnen wird dabei in dem anonymen Büro eines Geschäftsgebäudes gefilmt. Sie beantworten vom Betrachter ungehörte Fragen, die ihnen über die Telefonsprechanlage gestellt wurden. Eine merkwürdige Situation, die dazu führt, dass man nie ganz sicher ist, ob die Person sich gerade in einer öffentlichen Pose, in einer Rechtfertigungssituation oder im vertrauten, intimen Selbstgespräch befindet. Die Art des persönlichen Vortrags dieser wirtschaftlichen Ideen und Ideale, wirkt verunsichernd. Die direkte Ansprache des Betrachters involviert ihn und nimmt die neutralisierende Distanz für die Auseinandersetzung mit ökonomischen und politischen Entwicklungen.

Thea Djordjadze, geb. 1971 in Tiflis, lebt in Köln. Gerda Schepers, geb. 1979 in Südafrika, lebt in Köln. Rosemarie Trockel, geb. 1952 in Schwerte, lebt in Köln. Merlin Carpenter, geb. 1967 in Pembury , lebt in London. Chris Evans, geb. 1967 in Eastrington , lebt in Berlin. Julika Rudelius, geb. 1968 in Köln, lebt in Amsterdam und New York.

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Élégance

mit Merlin Carpenter, Thea Djordjadze, Chris Evans, Julika Rudelius, Gerda Scheepers, Rosemarie Trockel