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Sich neu zu erfinden ist eine vielleicht noch größere Herausforderung, als Erfindungen, die das Leben der Menschen erleichtern und bereichern sollen. Das Ausstellungthema „Erfinde dich selbst!“ besitzt verschiedene Konnotationen. Es kann einen starken Richtungswechsel in der Biografie bis zur körperlichen Transformationen markieren. Es kann aber auch heißen, dass man sich ein neues Image gibt und z.B. durch ein Personal Branding in den sozialen Netzen kulturelle Relevanz erlangt. Während in der Kunst der vergangenen Jahrzehnte insbesondere der Net Art Selbsterfindungen häufig dazu dienten, Genderbending zu praktizieren (z. B. als Mann Schwangerschaft zu fingieren), werden heute Identitäten häufig online konstruiert, um berühmt zu werden. Mit entsprechenden Fähigkeiten kann man zum Youtube-Star avancieren. Zu den besonderen Phänomenen des Internets gehört, dass Menschen durch ihre Musik und ihre Filme jenseits von Medienunternehmen breite Aufmerksamkeit erzielen und damit ein internationales Publikum erreichen können. Gleichsam viral verbreiten sich besondere Fertigkeiten und originelle Ideen. Aber auch für Street Art- bzw. Graffiti-Künstler sind Filme und Fotos im Internet von zentraler Bedeutung. Sie arbeiten mit Pseudonymen, und das Web ist ihr bevorzugtes Verbreitungsmedium abseits der Straße.

Das gerade Formulierte gilt nicht nur für Individuen sondern auch für Gemeinschaften und Kollektive. Im heutigen Demokratieverständnis finden immer mehr soziale und kulturelle Initiativen auf der Basis von Selbstorganisation statt. Kooperationen werden gebildet, um gemeinsam Waren und Kulturgüter zu vertreiben. Plattformen werden ins Leben gerufen, um kollektiv Probleme zu erörtern und zu lösen. Im Kulturbereich gibt es sogar Identitäten, die geteilt werden. Eine Person wird erfunden, damit verschiedene Kulturaktivisten unter ihrem Namen waghalsige Unternehmungen durchführen können. Der berühmteste dieser Multiple-Use-Names ist Luther Blissett. Der Begriff des Sich-selbst-Erfindens kann sich aber auch auf die Erschaffung „eigener Welten“ beziehen. In der bildenden Kunst hat dieser Aspekt bereits Tradition. Die Traditionslinie reicht zurück bis zu den „Individuellen Mythologien“, einem Begriff, den der legendäre Ausstellungsmacher Harald Szeemann 1972 prägte. Aber auch heute können Subjektivität und mythologisches Denken künstlerisch interessante Verbindungen eingehen.

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Erfinde dich selbst!

Künstler:
Joseph Beuys, Scott Blake, Luther Blissett, Fraktus , Maurice Kaufmann, Jakob Lena Knebl, Hans Scheirl, Josephe Vandel.

Kuratoren:
Justin Hoffmann