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Die Ausstellung in den Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser präsentiert erstmalig und in vollständigem Umfang 120 Werke von Erich Heckel (1883–1970) aus den Kunstsammlungen Chemnitz, der Stiftung Gunzenhauser sowie noch nie gezeigte Dauerleihgaben aus Privatbesitz.

Neben Gemälden werden vorrangig Grafiken aus den Jahren von 1904 bis 1967 präsentiert: frühe Holzschnitte von 1904 mit Widmungen für Heckels engen Freund Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976) sowie Arbeiten aus den Brücke-Jahren von 1905 bis 1913 und der Zeit des Ersten Weltkrieges. Das rätselhafte Bild Knabe in der Tram (1912) und die Rekonstruktion des Triptychons Badende (1919) sind zwei Besonderheiten der Ausstellung. Das Triptychon wird anhand einer Originaltafel und zweier Schwarz-Weiß-Reproduktionen zu sehen sein. Es wurde 1922 mithilfe der Stifter Fritz Fischer, Georg Mecklenburg und Felix Stiegler für die Städtische Kunstsammlung Chemnitz (heute Kunstsammlungen Chemnitz) erworben und 1937 verkauft. Später gelangte es in den Besitz von Heckel zurück und wurde geteilt: Die linke Tafel befindet sich heute im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf (Schleswig), die mittlere Tafel übermalte der Künstler vollständig, die rechte Tafel konnte 1995 wiedererworben werden. Während des Nationalsozialismus erhielt Heckel ein Ausstellungsverbot. Die Nationalsozialisten entfernten 746 Werke des Künstlers aus deutschen Museen. Aus der Chemnitzer Sammlung gingen 72 Werke verloren, darunter auch das Triptychon Badende.

Die zahlreichen Originalwerke von Erich Heckel werden durch seltene Originaldokumente aus Heckels Schulzeit in Chemnitz und Archivalien aus dem Bestand der Kunstsammlungen Chemnitz ergänzt. Sie ermöglichen einen umfassenden Blick auf das Leben und Werk des Künstlers.

Erich Heckel gehört zu den bedeutendsten deutschen Künstlern der Klassischen Moderne. Er war Mitbegründer und Geschäftsführer der Künstlergruppe Brücke und übte großen Einfluss auf die Ent- wicklung des deutschen Expressionismus aus. Bei der Gründung der Künstlergemeinschaft Brücke 1905 in Dresden schlossen sich mit Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938) und Fritz Bleyl (1880–1966) vier junge Studenten zusammen, um eine antiautoritäre und gesellschafts- kritische Reformbewegung ins Leben zu rufen. In euphorischer Aufbruchsstimmung stellten sich Heckel und seine Künstlerkollegen tradierten Werten entgegen und schufen einen eigenen Lebensentwurf. Heckels stete Suche nach Ausdrucksmöglichkeiten für das eigene Empfinden, verbunden mit der per- sönlichen Auseinandersetzung mit lyrischen und poetischen Werken, brachte individuelle und sensible Arbeiten hervor.

Ursprung und Ausgangsort der Entwicklung Heckels ist die Stadt, in der er seine Schulzeit verbrachte und dessen Sammlungen und Ausstellungen er häufig besuchte. Wie Kirchner und Schmidt-Rottluff verbrachte auch Heckel seine Kindheit in Chemnitz. Für Heckels persönliche künstlerische Entwicklung, seinen Werdegang und sein ganzes Leben waren vor allem seine außerschulischen Aktivitäten und Kontakte in Chemnitz von Bedeutung. Sein Interesse an Kunst und Literatur führte ihn zum Debattier- klub Vulkan, einer 1901 gegründeten Verbindung von Schülern des Königlichen Gymnasiums auf dem Kaßberg (heute Karl-Schmidt-Rottluff-Gymnasium). Dem Klub gehörten Max Unger (1883–1959), Paul Holstein (1884–1947), Fritz Cohn (1885–1942) und Karl Schmidt aus Rottluff an. Besonders mit Schmidt-Rottluff verband Heckel – vom ersten Treffen an bis zu seinem Tod – eine lebenslange, fast 70-jährige Freundschaft. Auch wenn sich die Wege einiger Vulkan-Mitglieder nach dem Abitur trennten, wurden alle Mitglieder der Brücke: Heckel und Schmidt-Rottluff gehörten zu den aktiven Mitgliedern, Holstein, Unger und Cohn zu den Passivmitgliedern.

Die erste Station einer der frühen Wanderausstellungen mit Holzschnitten der Brücke fand 1906 in Chemnitz statt. Chemnitz, vor allem aber der Kunstverein Kunsthütte zu Chemnitz und das Museum am Theaterplatz sollten auch nach Auflösung der Brücke 1913 für Heckel eine besondere Bedeutung behalten. Er besuchte die Kunsthütte in den 1920er-Jahren regelmäßig. Nachdem 1921 die erste Einzelausstellung Heckels in Chemnitz stattgefunden hatte, entschied sich der damalige Direktor der Kunstsammlungen Friedrich Schreiber-Weigand genau zehn Jahre später, ebenfalls hier die erste umfangreiche Retrospektive des Künstlers zu präsentieren. Zur Eröffnung dieser Ausstellung 1931 bezeichnete Ludwig Thormaehlen von der Nationalgalerie Berlin Chemnitz als „geistige Wiege des Künstlers“.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation, die neue Forschungsergebnisse, vor allem zur Chemnitzer Zeit Erich Heckels aufweist. In einer mehrteiligen Vortragsreihe werden verschiedene Aspekte von Erich Heckels Leben und Werk vorgestellt.