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Erik van Lieshout (geb. 1968) ist durch die Teilnahme an der Biennale Venedig (Dutch Pavilion, 2003) und bedeutende Gruppenausstellungen wie die Wanderausstellung „Populism“, 2005, bekannt geworden. Im Jahr 2007 wird ihm eine umfangreiche Einzelausstellung im Museum Boijmans van Beuningen, Rotterdam, gewidmet.

Bevor sich Erik van Lieshout seinen filmischen und zeichnerischen Installationen widmete, fand er in der Malerei zu eigenständigem Ausdruck. Die cartoonartige Malweise mit der kruden Darstellung von Sex, Gewalt und Rassismus setzt sich in den Kreidezeichnungen der letzten Jahre fort. Ihr ungeschönter und obsessiver Gestus eignet sich die Ästhetik von Hip-Hop und Pornographie genauso an, wie er Machismo und Moral aufs Korn nimmt. Erik van Lieshouts künstlerische Haltung wird treffend als „Abstract Gangsterism“ charakterisiert, um die ambivalenten, rebellischen und subversiven Implikationen seines Werks zu umschreiben. Auch gilt der Künstler als der „Eminem of visual art“, als ein „foul-mouthed angry young man“, der sich mehr der Street Culture als der High Art verwandt fühlt. Die Videoinstallationen von Erik van Lieshout bestechen durch Provokation und die Überdehnung gesellschaftlicher und sozialer Klischees in das Clowneske. Die jüngst auf der Art Unlimited Basel gezeigte Installation „Fantasy Me“, 2004, umfasst eine immense rote Papierlaterne, in deren Innerem das Video „Tessa“ zu sehen ist. Dieses erzählt vom dreimonatigen Chinaaufenthalt des Künstlers, im Laufe dessen er einigen Chinesinnen Englisch beibringt, in der Hoffnung, diese lehrten ihn asiatische Kampfsportarten. Der verzweifelte und schliesslich gescheiterte Versuch einer Chinesin, die Worte „feminism“ und “emancipation“ korrekt auszusprechen, parodiert auf humorvoll-traurige Weise den Versuch kultureller Grenzüberschreitung.

Auch in der Video Clip ähnlichen Arbeit „Lariam“, 2001, setzt sich der Künstler auf selbst-ironische Weise einem cultural clash aus. Er reist in ein westafrikanisches Dorf, um dort von Schwarzen rappen zu lernen. Dies muss zwangsläufig misslingen, denn der Rap deklamiert in holländischer Sprache die Warnhinweise auf der Packungsbeilage von Lariam, einem Antimalaria-Mittel, das sich die lokale Bevölkerung nicht leisten kann. Das Video parodiert die Aneignung schwarzer Kultur durch die weisse Mittelschicht und entlarvt die hohle Rhetorik von Begriffen wie Multikulturalität und soziale Gerechtigkeit.

Die Galerie zeigt die neue Videoarbeit „I am afraid to tell you, but ...“, die aus 40 Stunden Filmmaterial geschnitten wurde. Dokumentiert werden die regelmässigen Treffen einer Männergruppe, in deren Mittelpunkt die Selbstdarstellung und ungeschminkte Wiedergabe von privaten Ängsten, Obsessionen und Leidenschaften steht. Wie bei den bereits erwähnten Videoarbeiten liegt es dem Künstler auch in dieser Ausstellung daran, die Arbeit unter Verwendung einfacher Materialien installativ im Raum zu situieren. Damit soll der bisweilen erhabene Purismus von Ausstellungsräumen aufgebrochen und in das Unspektakuläre überführt werden. Die Videoinstallation wird mit wandfüllenden Zeichnungen in Conté-Technik komplettiert. Ihr anarchisch-rastloser Geist und karikaturhafter Stil machen aus der Installation „a carnivalesque vaudeville that shows the tackiest facets of contemporary life“.

Birgid Uccia

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