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Der aus Island stammende und seit 1958 in Paris lebende Erró, eigentlich Guðmundur Guðmundsson, studierte zunächst in Reykjavík, Oslo und Florenz, wo ihn byzantinische Mosaiken, Malerei der Frührenaissance und die naturwissenschaftlichen Sammlungen inspirierten. In Paris nahm er 1960 mit mehreren Werken an der Ausstellung Antiprocès teil. Zwischen 1961 bis 1966 beteiligte er sich an dem jährlich stattfindenden Salon de Mai. Seitdem ist er in zahlreichen Museumsausstellungen international gewürdigt worden und gilt als eine der führenden Künstlerpersönlichkeiten in Frankreich.

In seinem Oeuvre bildet Erró (geb. 1932) einen wilden Kosmos überbordender Phantasien ab: „I paint because painting is a private Utopia.“ Gemälde, Druckgrafiken und Skulpturen setzen sich mit den kulturellen und gesellschaftlichen Entwicklungen der Moderne und ihren politischen Konflikten auseinander. Indem er die Techniken des Surrealismus und der Pop Art nutzt, verbindet Erró Stile und Motive aus verschiedenen Epochen und Genres, integriert Comics und Science Fiction und spielt virtuos mit Zitaten aus der Kunstgeschichte. Die vielfigurigen, überbordenden Panoramen erinnern an Collagen und werden zu ironisch-witzigen, aggressiv-satirischen „Kommentaren“.

Im Zentrum der Ausstellung steht das in der Sammlung des Ludwig Museums sich befindende frühe Gemälde „American Interior No. 6“ von 1967. Es ist eines der frühen und herausragenden Beispiele für Errós komplexes Verschachteln von Bildinhalten und –ebenen. Zugleich zeichnet sich seine Nähe zur Populärkultur ab. Die Vorlage für das von Erró geschaffene Interieur stammt aus einem in Havanna gefundenen Musterkatalog einer Farbenfabrik. In das Zentrum des Gemäldes fügt Erró in der Zeit des Vietnamkriegs die heroisch stilisierte Figur des nordvietnamesischen, kommunistischen Staatspräsidenten Ho Chi Minh aus einem in Peking gedruckten Propagandapamphlet ein. Das dem Interieur angepasste Pastellblau des Mao-Anzugs und die erhobene, entschlossen geballte Faust, die doch nur an die Deckenlampe klopft, stellen die martialische Pose bloß. Erró schreibt 1970 über die Serie „American Interior“: „Das Zusammentreffen dieser beiden Stoffe ließ die rote Farbe über den Pazifischen Ozean bis nach Las Vegas vordringen. Die Politik erweitert die Möglichkeit der Malerei. Die einzige permanente Revolution – der ständige Wandel – schreitet fort.“

Die Ausstellung kreist vornehmlich um die beiden sich widersprechenden Gesellschaftssysteme von westlichem Kapitalismus und östlichem Kommunismus, einem früh Erró interessierenden Motiv. Mit nahezu 80 Collagen, Aquarellen, Druckgraphiken und Gemälden ein umfangreicher Blick auf nahezu ein halbes Jahrhundert künstlerischer Auseinandersetzung.

Mit der freundlichen Unterstüztung von THE HILGER COLLECTION, Wien.