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Die Ausstellung ETWAS EIGENES zum 25-jährigen Bestehen der Galerie wurde zusammen mit Kerstin Stakemeier (cx /Akademie der bildenden Künste in München) entwickelt. Sie stellt die feministische Linie heraus, die die Arbeit der Galerie seit ihrer Gründung 1988 maßgeblich geprägt hat und zeigt ein Spektrum von Arbeiten von Künstlerinnen, die in den vergangenen Jahren in der Galerie ausgestellt haben.

1988/89, in ihrem ersten Jahr, zeigte die Barbara Gross Galerie ausschließlich die Arbeiten von Künstlerinnen. Damals erschien es als eine Notwendigkeit, Frauen auszustellen, da ihre Werke in Galerien, in Museen und auf dem Kunstmarkt weitgehend fehlten. Sie tauchten seit den 70er Jahren nur vereinzelt, nur als Ausnahme in Ausstellungen auf, eine Selbstverständlichkeit weiblicher Künstlerinnen existierte weiterhin nicht. Gerade Künstlerinnen wie Louise Bourgeois, Maria Lassnig, Nancy Spero, VALIE EXPORT sowie Kiki Smith, die geschlechtsspezifisch, mit dem Einsatz des eigenen Körpers arbeiteten, waren in diesem Zusammenhang schwer zu vermitteln. Es waren zunächst die Museen, die die Arbeiten der Künstlerinnen kauften, erst langsam folgten die Sammler.

In den letzten 25 Jahren ist es selbstverständlicher geworden auch Künstlerinnen auszustellen. Mit einer jüngeren Generation weiblicher Künstlerinnen und der gleichzeitigen Wiederentdeckung älterer Künstlerinnen hat sich langsam auch ein historischer Kontext hergestellt, der Frauen als Künstlerinnen allmählich auf dem Kunstmarkt gefragter und in Ausstellungen präsenter macht. Der Kampf um Gleichberechtigung bezieht zunehmend die Forderung nach ökonomischer Gleichstellung und gleichberechtigter künstlerischer Anerkennung mit ein.

Die Ausstellung ETWAS EIGENES zeigt wie Künstlerinnen der Galerie auf die Welt blickten und blicken. Künstlerische Positionen, die nicht versuchen sich jenseits ihres Geschlechts zu stellen, sondern Differenzen zu den Arbeiten ihrer männlichen Kollegen herausarbeiten und demonstrieren, dass in dieser Differenz eine Bereicherung liegt. Die ausgestellten Künstlerinnen bringen ein breites Spektrum von kulturgeschichtlichen, gesellschaftspolitischen, sozialen Themen und Fragen zur Geschlechterrolle von Künstlerinnen in der Gegenwartskunst ein. Gegenpositionen zur männlichen Dominanz in der Malerei ebenso wie skulpturale, zeichnerische und installative Arbeiten aus den letzten 25 Jahren werden in der Ausstellung ETWAS EIGENES auf ihre Gegenwärtigkeit hin zueinander geordnet.

Barbara Gross

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“Es gibt tatsächlich nicht zwei Geschlechter, es gibt nur eines, das Feminine, das ‘Maskuline’ ist kein Geschlecht. Denn das Maskuline ist nicht das Maskuline sondern das Allgemeine.” (Monique Wittig, 1983)

Das Zitat von Monique Wittig ist gerade mal fünf Jahre älter als die Barbara Gross Galerie. Es ist aus den 80ern, einer Zeit in der man heute wie selbstverständlich feministische Positionen ausmacht, eine ganze Reihe weiblicher Künstlerinnen aufzählen kann, die heute für die Kunstgeschichte der 1980er entscheidend sind - viele davon schon damals repräsentiert von Barbara Gross. Doch deren nachträgliche Historisierung, ihre Einordnung in den auch heute in Wittigs Worten noch vielfach treffend beschriebenen historischen Kanon bleibt bis heute alles andere als selbstverständlich. Reine Frauenausstellungen bleiben vielbeachtete und oft belächelte Ausnahmen, während das Gendering reiner Männerausstellungen auch heute meistens ausbleibt.

Mit Judith Butler popularisierte sich in den 1990ern eine Unterscheidung zwischen Sex und Gender, zwischen biologischem und sozialem Geschlecht, die eine grundlegende Verbreiterung der Diskussion um den Feminismus brachte – eine Diskussion um eine Differenzierung, die nicht mehr binär, als einfaches Gegensatzpaar antritt, sondern als stetig erweiterbarer Rahmen unterschiedlicher Handlungsoptionen. Doch die gesellschaftliche wie auch künstlerische Norm blieb zumeist in Wittigs Beobachtung stecken. Es blieb dabei, es gibt nur ein Geschlecht.

Auch heute bleibt es daher sinnvoll dieses eine Geschlecht dann und wann herauszuarbeiten – es von Zeit zu Zeit zum Maßstab zu erheben – um von ihm auszugehen. In ETWAS ANDERES geschieht eben dies. Barbara Gross präsentiert weibliche Künstlerinnen ihrer Galerie, ihres vergangenen und gegenwärtigen Programms - sie bleiben der Maßstab der in ihrer Arbeit seit 25 Jahren fortgesetzt wird. Die Ausstellung zeigt eine zwischenzeitliche Konzentration auf die Anfänge und ihre Resonanzen in der Gegenwart. Keine dieser Arbeiten handelt von einer Anpassung an eine aus der geschlechtslosen Vorgeschichte herangezogenen Norm. Das Geschlecht, das hier vergegenwärtigt wird, hat ein historisches ebenso sehr wie ein aktuelles Leben.

Im Gespräch am Eröffnungswochenende werden Barbara Gross und ich gemeinsam mit den Künstlerinnen Michaela Melián und Susanne M. Winterling ganz konkret über diese Historien und Gegenwarten sprechen, darüber, wo sich die Ausschlüsse weiblicher Künstlerinnen öffneten und wo sie bis in die Gegenwart stand hielten. Dieses Gespräch wird anschliessend in einer kleinen Publikation vertieft werden.

Sollte es wirklich bis in die Gegenwart nur ein Geschlecht geben, so bleibt nichts übrig als dieses zum Maßstab zu erheben.

Kerstin Stakemeier

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ETWAS EIGENES
25 Jahre Barbara Gross Galerie

Kuratorinnen:
Kerstin Stakemeier, Barbara Gross

Künstlerinnen:
Ida Applebroog, Silvia Bächli, Louise Bourgeois, Andrea Büttner, VALIE EXPORT, Alicia Framis, Katharina Grosse, Maria Lassnig, Michaela Melian, Ana Mendieta, Karin Sander, Tejal Shah, Katharina Sieverding, Kiki Smith, Nancy Spero, Jana Sterbak.