press release only in german

Zum Abschluss von fast forward, dem Ausstellungszyklus zur Kunstentwicklung der letzten zwei Jahrzehnte, ladt der Kunstverein in Hamburg zu einem Symposium. Der fünfte Teil, borderline, sollte ursprünglich jene Kunst thematisieren, die das Museum verlassen hat und sich Partner in gesellschaftlichen Krisenbereichen sucht. Diese Kunst wieder in den Ausstellungsraum zurückzuholen schien nach ersten Gesprächen mit Künstlern absurd. Deshalb haben wir uns zu einer theoretischen Erörterung des Phänomens entschlossen. Genauer: Wir wollen einen wichtigen, bisher aber kaum aufgearbeiteten Aspekt dieser Entwicklung bildender Kunst thematisieren. Feministische Theorie hat in den letzten zwei Jahrzehnten Konzepte in die Diskussion eingeführt, die die Vorstellungen aller Akteure, auch der männlichen, verändert hat. Am bekanntesten ist vielleicht die These, Geschlecht sei nicht angeboren, sondern ein Produkt sozialer Prozesse. Wenn jede Identität in der gesellschaftlichen Fabrikation entsteht, dann kann sie zu einem wichtigen Objekt künstlerischer Intervention werden.

Wir sind sehr stolz, daß wir am 5. und 6. Juni Protagonistinnen dieser Theoriebildung und der entsprechenden künstlerischen Praxis begrüßen können. Martha Rosler, Mary Kelly und Andrea Fraser haben teils theoretisch, teils praktisch die Rolle der Frau im Kunstsystem analysiert. Mit dem Vortrag von Sandra Ivekovic bietet sich die Möglichkeit, eine im angelsächsischen Kulturraum entstandene Diskussion mit jener in Osteuropa zu vergleichen. Ruth Noack und Anke Kempkes sind Theoretikerinnen, die sich mit der These einer feministischen Ästhetik auseinandergesetzt haben. Hildegard Maria Nickel hat sich lange mit der Situation der Frauen in der DDR auseinandergesetzt. Sie erweitert unsere Thematik und fragt: "Wie politisch ist die feministische Theorie?" Mit Chantal Mouffe haben wir eine der wichtigsten Theoretikerinnen eines überarbeiteten Marxismus zu Gast. Das Buch "Hegemonie und radikale Demokratie", 1985 mit Ernesto Laclau verfaßt, hat Gesellschaft nicht nur als einen Prozeß kontinuierlicher Kämpfe beschrieben, sondern auch den Intellektuellen - und den Künstlerinnen und Künstlern? - ganz neue Aktionsbereiche eröffnet.

Zwar können wir die englischen Beiträge nicht simultan übersetzen, doch werden wir Sinneinheiten auf deutsch resümieren. Im Anschluss an jeden Beitrag gibt es die Möglichkeit zur Diskussion mit den Protagonistinnen dieser für Hamburg bisher einmaligen Veranstaltung.

Pressetext