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Aus Anlass seines 100-jährigen Jubiläums beleuchtet das Hetjens-Museum schlaglichtartig das Aufeinandertreffen von Fernost und Europa in der Zeit vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Dabei soll jedoch die einseitige Blickrichtung der westlichen Kultur auf ihre ostasiatischen Einflüsse zugunsten einer differenzierteren Betrachtung der kulturellen Auswirkungen des Fremden auf beiden Kontinenten ergänzt werden.

Nach der Entdeckung der Seeroute nach Indien durch Vasco da Gama 1488 erschlossen sich den Europäern neue Lebenswelten. Vor allem China und Japan übten einen nachhaltigen Eindruck auf die europäischen Handelreisenden aus. Mit dem rege einsetzenden Handel von Lackarbeiten, Seide, Möbel, Gewürzen, Tee und vor allem Porzellan verbreitete sich in Europa eine Ostasienbegeisterung, die ab 1650 nicht nur Kunst und Kunsthandwerk, sondern auch Technik, Politik, Philosophie und Theologie erfasste.

Die als "Chinamode" oder "Chinoiserie" bezeichnete Stilrichtung der Kunst hat sich zu einem wichtigen Themenfeld der kunstwissenschaftlichen Forschung entwickelt. Darunter genießt die europäische Keramik, die sich im 18. Jahrhundert eng an die ostasiatischen Vorbilder anlehnte, einen besonderen Stellenwert. So träumte beispielsweise der polnische König und sächsische Kurfürst August der Starke (1670-1733) von einem fernöstlichen Arkadien und ließ neben Schloss Pillnitz ein "Japanisches Palais" errichten, das reich mit Porzellan eingerichtet werden sollte. Aus diesem Grund beauftragte er die Meißener Manufakturisten, Einzelstücke seiner Ostasiensammlung zu kopieren und sie neben den chinesischen und japanischen Vorbildern im Schloss zu auszustellen. Der chinesische Kaiser Qianlong (1711-1799) schätzte hingegen die europäische Kunst. Er hielt daher seine Hofkünstler an, Möbel, Lackarbeiten, Teppiche und vor allem Porzellan mit europäischen Motiven zu liefern.

Die europäischen Handelskompanien übten bereits im 17. Jahrhundert maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des ostasiatischen Exportporzellans aus, dem so genannten chine de commande. Anhand von Holzmodellen und graphischen Vorlagen übermittelten die Kaufleute die Gestaltungswünsche ihrer Auftraggeber an die Manufakturen und Werkstätten in Japan und China. Um die Herstellung von Porzellandekoren minderer Qualität einzustellen, bestellte die Vereenigde Oostindische Compagnie bei dem niederländischen Porträtmaler Cornelis Pronk (1691-1759) Bildvorlagen im chinesisch anmutenden Stil, die den Porzellanmanufakturen in Jingdezhen als künstlerische Anleitung dienten. Ein wichtiger Teil der Ausstellung ist dem Thema Religion gewidmet. Im Blickpunkt stehen hier die Bildparallelen zwischen Buddhismus und Christentum, die sich beispielsweise in der Ähnlichkeit der Darstellung der Muttergottes und der buddhistischen Heilsfigur Guanyin zeigt. Die Missionierungstätigkeit der Jesuiten wirkte sich auch auf die technische Entwicklung der Keramik aus. Denn die europäischen Patres waren vor allem als Ratgeber und Vermittler naturwissenschaftlicher Kenntnisse aus Europa geschätzt. Diese brachten ihr Wissen auch bei der Herstellung hitzebeständiger Porzellanfarben ein, wie bei der Anmischung des goldhaltigen Purpurs, das in Europa unter der französischen Bezeichnung "famille rose" Berühmtheit erlangte.

Als "Vater der modernen Keramik Japans" gilt bis heute der deutsche Chemiker Gottfried Wagener (1831-1892). Er ebnete Japans Weg zur industriellen Keramikproduktion und leitete die ersten internationalen Präsentationen des Landes auf den Weltausstellungen in Wien (1873) und Philadelphia (1876). Die fast ausschließlich in Japan verwahrten Porzellane Wageners werden mit der Jubiläumsausstellung erstmals in Deutschland zu sehen sein.

Den Abschluss des Ausstellungsrundgangs bilden Werke zeitgenössischer Künstler aus China, Japan und Europa. Sie werfen mit ihren künstlerischen Positionen Fragen zu Tradition, Globalisierung und kultureller Identität auf und illustrieren die bis heute ungebrochene Faszination des Fremden.

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100 Jahre Hetjens-Museum

Faszination des Fremden: China - Japan - Europa

Künstler: Ai Weiwei, Leiko Ikemura, Grayson Perry, Araki Tanrei, Emile Gallé, Johann Peter Melchior, Abraham Seuter, Gottfried Wagener, Ryotaro Yamauchi