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Im März 1905 erwirbt der Hagener Sammler und Museumsgründer Karl Ernst Osthaus das Gemälde Der Frühling von Ferdinand Hodler. Dies ist nicht nur der erste Ankauf eines Werkes des Schweizer Künstlers für eine deutsche Sammlung, sondern Osthaus öffnet sich mit diesem Erwerb vermehrt einer Kunstrichtung, die gegen Realismus und Impressionismus opponierte und Gedankliches mit den Mitteln der Symbolik ausdrückte. Den entscheidenden Hinweis zu Hodler wird der Belgier Henry van de Velde gegeben haben. 1900 von dem jungen Sammler als Innenarchitekt für das Hagener Museum Folkwang berufen und später mit dem Bau seines Privathauses, dem Hohenhof, beauftragt, beriet er den angehenden Kenner der Kunstszene.

Wohl im November 1904 übermittelt Osthaus Hodler eine Publikation von seinem Folkwang und verbindet damit die Einladung, im noch jungen Museum in Hagen, eine kleine Kollektion zu zeigen. Hodler bedankt sich und schreibt: „Die verschiedenen Abbildungen und die Beschreibung Ihres Museums haben mich sehr interessiert. Es ist sehr schön, soviel für die Kunst gemacht zu haben. Ich danke Ihnen auch für die große Ehre, die Sie mir machen, mich in Ihrem Museum vertreten haben zu wollen. Monat Februar [1905] wäre es mir bequemer, Ihnen nach Ihrem Wunsch drei vier Bilder zur Ausstellung zu senden. Natürlich von mittlerem Format.“ Noch im Februar 1905 erreichen fünf Gemälde das Folkwang, darunter der Frühling und eine Genferseelandschaft, die Osthaus sogleich ankaufte. Von inzwischen intensiver Kenntnis des Werks spricht eine dritte Erwerbung von Osthaus, die in enger Beziehung zum Frühling steht: Für sein von Henry van de Velde entworfenes Privathaus, sichert sich der Hagener Sammler das wandfüllende Gemälde Der Auserwählte, welches in einem Seitenkabinett der Eingangshalle eingelassen wird.

Überraschend ist, dass Hodler den Osthaus’schen Frühling nach seiner ersten Präsentration 1901 in dem Ausstellungsgebäude der Wiener Secession nochmals überarbeitete und wichtige Details veränderte. In den darauf folgenden Jahren entstehen drei weitere Fassungen dieses ungewöhnlichen Motivs. Diese Konzentration lässt erahnen, wie wichtig dem Künstler das Thema erschien, mit welcher Hingabe er die Gestaltungsmöglichkeiten untersuchte und doch zu verschiedenen Lösungen gelangte.

Diese werkmonographische Ausstellung Ferdinand Hodler. Der Frühling zeigt nun erstmals alle vier Fassungen. Auch Hodlers Auserwählte aus dem ehemals privat genutzten Hohenhof in Hagen - heute Karl Ernst Osthaus-Museum - wird in diesem Zusammenhang erstmals in Essen zu sehen sein. In Gegenwart des 1906 von Osthaus erworbenen und damals im Foyer des Hagener Folkwang installierten Knaben-Brunnen des Bildhauers George Minne ergibt sich heute und hier eine einmalige Inszenierung. Denn den Auserwählten hatte Osthaus immer als eine rein ‚private’ Erwerbung verstanden, de Frühling war für das Museum bestimmt.

In der die Ausstellung begleitenden Publikation mit Beiträgen von Mario-Andreas von Lüttichau, Matthias Fischer und Thomas Raff erfahren wir von der Beurteilung zeitgenössischer Kritiker und Chronisten, von der tiefgreifenden Verehrung des Künstlers für dessen Sohn Hector, und schließlich von wichtigen formalen Entstehungserkenntnissen und weitreichenden Deutungsansätzen, die den beiden Gemälden Der Frühling und Der Auserwählte zu entlocken sind. Darüber hinaus - wie wir dem Beitrag von Hubertus Gaßner entnehmen -, wird die Darstellung des Jünglings Hector noch weit über das Gemälde hinaus die Phantasie Osthaus‘ anregen und einen entscheidenden Wendepunkt in der Sammlungsgeschichte herbeiführen.

Pressetext

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Ferdinand Hodler. Der Frühling