press release only in german

Eröffnung: 19. Februar 2010, 19:30 Uhr

Der Begriff Spur bezeichnet im Allgemeinen einen Hinweis in Form von Materialablagerungen oder Abdrücken. Im Althochdeutschen meint „spor“ einen Fußstapfen. Spuren legen Zeugnis darüber ab, dass ein Lebewesen oder Objekt an einem Ort gewesen ist. Sie umgeben uns permanent. Egal, wo wir uns aufhalten, wir stoßen stets auf Relikte anderer Personen, Kreaturen oder Ereignisse. Mensch, Tier, das Wetter – sie alle erzeugen nachvollziehbare Spuren. Aber auch im weiteren Sinne bedient man sich dieses Ausdrucks, so trifft man auf immaterielle Spuren, z.B. Düfte, oder auf virtuelle, wie sie Hacker bisweilen im Netz hinterlassen. Maßgeblich ist dabei stets der Bezugsrahmen, also die Art des Raumes, in dem sie sich abspielen, wie der dreidimensionale oder der virtuelle Raum. Bei der inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Spur ist eine Frage jedoch unumgänglich: Was macht einen Abdruck, eine Hinterlassenschaft eigentlich zur Spur? Denn das Hinterlassen beispielsweise eines Fußabdrucks reicht nicht aus, um diesen als Spur zu bezeichnen. Der erste Schritt ist zwar tatsächlich seine Entdeckung, doch anschließend muss ein Dechiffrierungsprozess einsetzen. Erst die nachträgliche Rezeption, der Entschlüsselungsversuch verwandelt den einfachen Fußabdruck in eine bedeutungsträchtige Spur. Wir werden als Spurenleser aktiv, sehen Zeichen und versuchen uns in deren Auslegung oder Verfolgung. Während wir gleichzeitig maßgeblich an der Entstehung neuer Spuren beteiligt sind. Unsere bloße Präsenz an einem Ort ist aufgrund unbeabsichtigt hinterlassener Zeichen, die durch Deutungsversuche zu Spuren werden, später rekonstruierbar. Die Ausstellung „Fische hinterlassen keine Spuren“ widmet sich dieser Erscheinung in Werken zeitgenössischer Künstler. Sie vereint verschiedene Positionen, um diesen manchmal sichtbaren, manchmal lediglich erahnbaren Zeichen nachzugehen. Sei es im Legen einer Spur, wie bei Mircea Cantors „Eyes staring to my absence“, in der Deutung von Hinterlassenschaften, wie sie Sofia Hultén vollzieht, oder in den Überresten von Staub, die sich in einem Raum ansammeln und von Igor Eškinja zu einem zarten, vergänglichen Teppich verwoben werden. Barbora Klímová begibt sich auf die Fährte von früheren Performances im öffentlichen Raum und transponiert diese in die Gegenwart, während Ján Mančuška mit seiner Arbeit „While I walked“ den Betrachter konkrete Buchstaben als Zeichen eines schier endlosen Satzes entziffern lässt. So wird es möglich, dem Künstler auf seinem Gang durch sein eigenes Atelier imaginär zu folgen. Die Arbeit von Jonathan Monk „My name written in my piss“ widmet sich humorvoll pointiert einer ganz unmissverständlichen Spur im Sand und Lutz-Rainer Müllers Beitrag stimuliert die Sinne des Besuchers auf ganz andere Weise– Spürnasen sind hier gefragt. Spurenleger oder -ausleger, Beobachter, Agierender oder Deuter – eines ist allen Arbeiten gemein: Es handelt sich nicht nur um Auseinandersetzungen mit diversen Erscheinungsformen der Spur, sondern die Künstler nutzen die Taktik des Spurenlegens ganz bewusst. Sie ködern den Betrachter, verleiten ihn, die gelegte Fährte zu verfolgen und ziehen ihn so ins Geschehen, lassen ihn also selbst ganz buchstäblich zum Spurenleser werden.

Fische hinterlassen keine Spuren Mircea Cantor / Igor Eškinja / Sofia Hultén / Barbora Klímová / Ján Mančuška / Jonathan Monk / Lutz-Rainer Müller

20. Februar – 2. Mai 2010

only in german

Fische hinterlassen keine Spuren
Kurator: Stefanie Böttcher

Künstler: Mircea Cantor, Igor Eskinja, Sofia Hulten, Barbora Klimova /
Jan Mancuska, Jonathan Monk, Lutz-Rainer Müller