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Die dreidimensionalen Bilder des niederländischen Künstlers Folkert de Jong erscheinen auf den ersten Blick ebenso verführerisch wie verstörend. Üblicherweise macht de Jong den Ausstellungsraum zur theatralischen Bühne, für die er Szenerien entwirft, die mit großer Virtuosität in dem für die Skulptur ungewöhnlichen Material Hartschaum angefertigt werden. Oftmals von historischen Ereignissen, realen Persönlichkeiten oder Episoden aus der Kunstgeschichte inspiriert, entfalten sich seine Werke in komplexen Kompositionen, denen sich der Betrachter in einer deutlich spürbaren Unmittelbarkeit gegenüber sieht.

Einer Einladung des Mudam folgend, stellt Folkert de Jong nun mit Actus Tragicus ein Ensemble neuer Werke vor, die er speziell für den Grand Hall realisiert hat. Der zentrale Raum des Museums ist für den Künstler von der einschüchternden Dominanz einer Kathedrale oder eines Mausoleums, gleichzeitig wie gemacht für theatralische Inszenierungen, mit einem Balkon, um aus der Distanz zu beobachten. Zehn weit überlebensgroße Gestalten, deren Physiognomien dem Betrachter wie ein Déjà-vu-Erlebnis Bekanntes in Erinnerung rufen, baumeln wie Marionetten (oder wie Gehenkte) von den Höhen der gläsernen Kuppel. De Jongs Inspirationsquelle für diesen bizarren Tanz der Figuren, zwischen die sich der Betrachter fügt, als wäre er Teil der Aufführung, ist das Gemälde von Pieter Bruegel d. Ä., Der Kampf zwischen Karneval und Fasten, von 1559. Auf diesem Vielfigurenbild werden in typisch bruegelscher Manier in einer kruden Mischung aus allegorischer und realistischer Darstellung in zahllosen Einzelszenen Laster und Exzess, aber auch Tugend und Verzicht gegeneinander geführt.

Der Widerstreit zwischen den Extremen menschlicher Existenz, zwischen asketischer Zucht und genussvoller Ausschweifung, mit denen einige der existentiellen Fragestellungen des zwischen Himmel und Erde hin- und hergerissenen Menschen umfasst werden, steht auch für de Jong im Mittelpunkt seiner Installation. Seit alters her sucht der Mensch Antworten auf Fragen nach Macht und Religion, nach Ewigkeit und Endlichkeit, nach Leben und Tod. Auch in Actus Tragicus klingen diese Fragen an, ähnlich wie bereits in der titelgebenden frühen Trauerkantate von Johann Sebastian Bach, die auch unter dem Titel Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit bekannt ist. Mit modernen Mitteln und Materialien in eine zeitgenössische Form gebracht, verwickelt der Reigen der Figuren den Betrachter in ein Drama, zu dem jeder mit seiner eigenen Rolle beiträgt. De Jong inszeniert so ein Tableau vivant, in dem sich das Groteske und Makabre mit dem Leichten und Luftigen abwechselt.

Folkert de Jong wurde 1972 in Egmond aan Zee, Niederlande, geboren. Er lebt und arbeitet in Amsterdam.

Kuratorin Marie-Noëlle Farcy